schrieb. Auf eine andere Konnotation weist der Komponist Henri Pousseur in einer Arbeit über Webern hin: „Ich glaube feststellen zu können, dass Webern in diesem Opus vor allem versucht zu beruhigen, indem er sich genau ins Herz der expressionistischen Qual hineinver setzt, diese nach und nach auszulöschen, um sich daraufhin all dessen bemächtigen zu können, was das Desaster überlebte." - Am 31. März 1913 fand die Uraufführung der Orchesterstücke in Wien statt - das von Schönberg dirigierte Konzert, das außerdem u. a. Bergs „Altenberg-Lieder" und Schönbergs 1. Kammersinfonie enthielt, löste einen der berühmt gewordenen Skandale der neueren Musikgeschichte aus. Die „Reichspost" berich tete von „musikalischen Wüsteneien" und „einzelnen Instrumentalkapriolen" die Gelächter auslösten; das Konzert musste am Ende abgebrochen werden. Zu den sechs Orchesterstücken Weberns bemerkt der Musikwissenschaftler Wolfgang Bürde, dass sich hier eine „staunenswerte rhetorische Enthaltsamkeit, eine phänomenale Kunst der Formulierung des Wesentlichen und Notwendigen" findet. Gleichzeitig stehen die Orchesterstücke in einer ganzen Werkgruppe vorwiegend instrumentaler Kompositionen, die von der Reduktion bestimmt ist-statt spätromantischer Flächen und komplexer harmonischer Entwicklungen stehen plötzlich Einzeltöne, Klangfarben, Momente im Vordergrund, aber ebenso auch die organische Ausformung eines melodischen Verlaufes, der durch die Stimmen wandert. Es ist nicht abwegig, in diesen Stücken mit den zahlreichen kantabel angelegten Linien einen vokalen Ursprung der Musik auszumachen, bewegen sich doch viele Stimmen überwiegend in einer singbaren Mittellage. Weberns Reduktion auf eine einzelne Linie oder einen Akkord ist zudem dafür geeignet, sich beim Hören der rhythmisch strukturierten Zeit zuzuwenden. Die sechs Stücke haben dabei alle fast mottohaft exponierte Motive oder Zellen, die in der kürzestmöglichen Zeit Veränderung oder Kontrastierung erfahren. Dem kürzesten, dritten Stück folgt das längste, in welchem Webern die Streicher ausspart und ausgehend vom Schlagzeug ein intensives, rhythmisch auskomponiertes Crescendo erzeugt. Die Bezeichnung „Trauermarsch" hat Webern später aus der Partitur gestrichen. Mit der Uraufführung war die Beschäftigung Weberns mit dem „Wesentlichen" dieses Werkes noch nicht abgeschlossen: 1928 arbeitete er - parallel zur Arbeit an seiner Sinfonie Opus 21, die ebenfalls äußerste Sparsamkeit der Mittel demonstriert - sein Opus 6 für eine kleinere Orchesterbesetzung um - diese Fassung erklingt im heutigen Konzert. Alexander Keuk