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reich besucht war und durch die trefflichen Lei stungen der Ausführenden hoch befriedigte. — Die Chemnitzer Stadtverordneten sind dem RathSbeschlusse, in die von der kaiserl. Ober- postdirection beabsichtigte unterirdische Telegra- phenleitung nach dem' Postgebäude die städti schen telegraphischen Verbindungen nach der Wasserleitung, der Gasanstalt, den Feuerwehr und Polizeiwachen mit einzulegen, beigetreten. — In der dieser Tage abgehaltenen Jahres- conferenz der Ephorie Dresden-Land sprach ?. Märker-Potschappel über die Wirkungen des Civilstandsgesetzes und kam dabei im Gegensätze zu Hrn. v. Friesen auf Rötha zu der Erklärung, daß, so manche Wunden auch der Kirche durch dies Gesetz geschlagen worden, dasselbe doch durch Golles Segnung auch schon manche gute Frucht getragen habe; es seien nicht blos verborgene Schäden der Kirche aufgedeckt worden, sondern es sei auch in den Gemeinden eine Sichtung ein getreten zwischen Denen, „die nur den Name» haben, als ob sie lebten, und sind doch todt, und den lebendigen Gliedern am Leibe der Kirche". Die Versammlung bekannte sich zu der Forde rung des Referenten, daß die von conservativer Seite angestrebte Petition gegen die gegenwär tige Civilstandsordnung nur darauf hinaüslausen könne, „daß uns statt der obligatorischen die sa- cultative Civilehe werde, so daß jedes Braut paar entweder die bürgerliche Eheschließung oder die kirchliche Trauung wähle", wobei die Frei- heil der Einzelnen und die alte Ordnung der Kirche gewahrt bleibe. — Üeber die Drahtseilbahn nach der Bastei schreibt man der „Dr. Z.": „Im Ernst gespro> chen und beim Licht betrachtet, ist die Drahtseil bahn auf die Bastei, welche, im Vertrauen ge sagt, alle Aussicht hat, concessionirt zu werden, gar kein Berliner Project, wie man von gewisser Seite das Publikum hat glauben machen wollen. Sie soll auch kein Aclien-Unternehmen werden, sondern wird von einem der angesehensten In dustriellen Schlesiens, Westfahl, welcher bei Cott bus Gruben und Bergwerke besitzt, auf eigene Gefahr unternommen, mit Hilfe des Ingenieur Thumann, der im Auftrage der Neichsregierung ichon bedeutende Festungsarbeiten ausgeführt hat, gebaut und auf eignes Risico in Betrieb gesetzt werden. Von einem sachverständigen und um unsere sächsische Schweiz nach jeder Seite hin sehr verdienten Mann, welcher erst gestern an Ort und Stelle war, erfahren wir, daß eine Beeinträchtigung des beschaulichen Naturgenusses und der idyllischen Reize des Ortes in keiner Weise zu fürchten, indem auch der scrupulösefte Aussichtsfanatiker von den Schienen selbst mu bewaffnetem Auge wenig entdecken dürfte, was ihn stören könnte, indem ferner nnr ein staor alte Föhren der Axt zum Opfer fallen nnd selbst die gefürchteten Rauchbelästigungen nicht eintre ten werden, da mit Coaks geheizt werden soll. Eine materielle Schädigung des Ortes Wehlen ist gar nicht zu besorgen, die Mehrzahl der Tou risten wird dann erst recht aus landschaftlichen Gründen den Rückweg über diesen Ort nehmen und wie in Erwägung aller dieser Gründe pro die verlangte, mußte ihm gegeben werden, es mar da her kein Wunder, daß er Vater, Mutter und alle Leute im Schlosse tyrannisirle. Der verblendete alte Graf freute sich seines Eigensinnes, den er Characterstärkc nannte, und nicht weniger der mulh- willigen, ost auch boshaften Streiche, die er sich trotz seines zarten Alters bereits auSdachle. Nach deS Gatten Tode wollte die vernünftigere Mutter den wilden Knaben in ihre Zucht nehmen, eS zeigte sich jedoch, daß er dieser schon entwachsen war. Als sie ihn verdientermaßen züchtigen wollte, entwand er sich ihren Händen, und mit den Wor ten: „Vater hat gesagt, mich dürfe Niemand schla gen!" versetzte er der Mutter mit der kleinen Kaust «inen so kräftigen Schlag in daS Gesicht, daß ihr daS Blut von der Wange floß. DaS hatte die alte Gräfin dem Sohne nie mehr vergeben und das war auch die Ursache gewesen zu dem späteren Mißverhältniß zwischen ihm und ihr. Sie mochte ihn nicht mehr Im Hause sehen, deshalb sandte sie ihn nach mancherlei anderen Versuchen unter dem Schutze! Stimmung der Bevölkerung in jener Gegend factisch durchaus nicht als eine dem Unternehmen feindselige sich herausstellt, um Nicht das Gegen theil zu sagen, so erscheint die Agitation contra in der That nur als eine künstlich gemachte. Vielleicht sind auch einige der Hauptgegner seit ihrem jüngsten Abenteuer niit Wilddieben, die ihnen neulich plötzlich den Weg dort herum versperrten, etwas milder gegen die Bergbahn in unsern Abruzzen gestimmt, bei welcher solche romantische Fährlichkeiten des Touristenlebens freilich in Wegfall kommen dürften." — Wie gerüchtweise verlautet, soll die Gar nison von Lausigk wegen Erkrankung einer An zahl Soldaten am Typhus auf unbestimmte Zeit nach Zeithain verlegt werden. — Unglückssälleund Verbrechen. AusdemBahn- Hose Chemnitz gerieth am Montag Vormittag ein Ran- girer zwischen die Puffer zweier Wagen und wurde dabei derart verletzt, daß der Tod alsbald erfolgte. — In der Lausitz häufen sich die Brände in bedenklicher Weise. In Kottmarsdors bei Löbau brach in voriger Woche das 6. Schadenfeuer in diesem Jahre aus; sie werden sämmtlich aus böswillige Brandstiftung zuriickgefiihrt, ohne daß der Verbrecher trotz aller Wachsamkeit zu ermitteln gewesen wäre. — In Kleinsedlitz bei Pirna steckte der Fleischer und Bahnarbeiter Saupe in betrunkenem Zustande sein eigenes Haus in Brand, das völlig eingeäschert wurde; nur mit Hilfe mehrerer Nachbarn und Gendarmen konnte der Aufgeregte gebändigt werden. — In Schlottwitz bei Weesenstein fand man am Donnerstag Nachmittag einen ganz entkräfteten Handwerksburschen, der bald nach seiner Unterbringung im Orte verschied. — Ein erschütternder Unglücksfall traf die Familie des Gasthofsbesitzers Glück in Kornbach bei Mühltroff: man hatte sich zur Kirmes und Hochzeit des' ältesten Sohnes gerüstet, als dieser am Sonnabend Abend in der Scheune von den Balken auf die Tenne stürzte und sich innerlich so verletzte, daß Ler Tod am andern Morgen erfolgte. — In Ler Nähe von Eythra bei Leipzig zog sich am Mittwoch ein 19jähriger Kellner vollkommen ans und rief zwei vorübergehenden Handwerksburschen zu, ob sie nicht sehen wollten, wie es aussehe, wenn sich Jemand erschieße. Beide hielten die Frage sllr einen unpassenden Scherz, aber sofort krachte Ler Schuß und der Selbstmörder sank todt nieder. — In Leipzig vergiftete sich ein 19jähriger Kaufmannslehr- png aus noch unermittelten Beweggründen. Tagesgeschichte. Deutsches Reich. — Der an» 13. d. in seinem 64. Lebensjahre zu Koblenz verstorbene General v. Goeben, ein geborener Hannoveraner, war 1833 in preußi sche Militärdienste getreten und zwar als einfa cher Musketier. 1836 begab er sich von Tha- tendurst getrieben nach Spanien und trat als Freiwilliger in das Heer des Don Carlos, in dem er es bis zum Oberstlieutenant brachte. 1842 trat er aber wieder als —Secondelieute- nanl in preußische Dienste ein und galt von da an als einer der tüchtigsten jüngeren Offiziere. 1866 und 1870 begründete er seinen Ruhm als Stratege. Sein zugleich energisches und huma nes Wesen machten ihn zum Liebling seiner Truppen. — Wie aus Berliner politischen Kreisen ver lautet, erkennt Fürst Bismarck in dem Grafen Hatzfeld den weitaus befähigtsten deutschen Diplo maten, nnd er hat sich noch kürzlich dahin ge äußert, daß derselbe ein ungewöhnlich kluger uno begabter Kopf sei, der alle ihm zugetheiilen einiS alle» VerwalierS in eine Hunden Meilen feine Erziehungsanstalt. In Lieser blieb Ler junge Graf biS zu seinem achtzehnten Geburtstage, an welchem er, wie Ler Vater In seinem Testamente erklärt halte, für münLig erklärt werven sollte. Groß uno kräftig von Gestalt, Lem Aeußern nach ein erwachsener Mann, kehrte er eigenwilliger und herrischer als je nach zehnjähriger Abwesenheit in daS elterliche Haus zurück. Zwei harte Steine mahlen schlecht. Die alte Gräfin gehörte auch nicht zu den Sanftmüthigen; es war daher gut, daß sie, als nun der Sohn, freilich zu seinem eigenen Nachtheil, wie sich bald herauSstellte, die Verwaltung deS ihm zugefaüenen großen Erbes selbst übernahm, sich auf ihren Witl- wensitz, das vorerwähnte kleine Gur Skarewo, zu» rückziehen konnte. Der junge Graf aber, zu dem sich bald eine hübsche Anzahl lustiger Genossen ge funden hatte, sühne ein wildes und wüsteS Leben auf dem Hauptgute Dombowo. (Fortsetzung folgt.) Aufträge mit wahrer Meisterschaft ausgeführt habe. Wenn früher stets angenommen wurde, daß nach Bismarck's einstmaligem Rücktritt Herr v. Radowitz zur Leitung der auswärtigen An gelegenheiten Deutschlands berufen werden könnte, so wird jetzt Graf Hatzfeld als der dereinstige Nachfolger des Kanzlers empfohlen. — Die nationalliberale Fraction des preußi schen Abgeordnetenhauses hat durch Abg. v. Cuny folgende Interpellation eingebracht: 1) Hat die Staatsregierung Ermittelungen über die bisherige Wirkung des neuen Gerichtskosten gesetzes und der Gebührenordnung für Gerichts vollzieher angestellt? 2) Haben die Ermittelun gen ergeben, daß das gerichtliche Verfahren über mäßig vertheuert ist? 3) Welche Schritte zur Abhilfe beabsichtigt die Staatsregierung zu thun? Oesterreich - Ungarn. — Das wichtigste Ereigniß für die deutsche Bevölkerung der Monarchie ist der am Sonntag in Wien abgehaltene 4. deutsch-österreichische Par teitag, zu welchen, über 3000 Theilnehmer er schienen waren und zwar 629 aus Wien, 784 aus N.-Oesterreich, 468 aus Böhmen (Hochrufe), 526 aus Mähren, 102 aus Schlesien, 59 aus Kärnthen, 151 aus Oberösterreich, je 22 aus Krain und Salzburg, 209 ans Steiermark, je 2 aus Triest und der Bukowina, 16 aus Tirol, 5 aus Voralberg uud 4 aus Dalmatien. Derselbe ist, wie der kürzlich in Karlsbad abgehaltene deutsch böhmische, veranlaßt worden durch die gegen die Deutschen gerichteten Bestrebungen der übrigen Stämme und das diesen günstigere jetzige Mi nisterium. In der Eröffnungsrede erklärte der Vorsitzende vr. Kopp-Wien, in so schwerer Zeit wie der jetzigen sei es nolhwendig, daß nicht nur die Volksvertretung, sondern auch das Volk selbst Politik treibe. Die Versammlung habe das Recht, aufzutreten gegen eine Negierung, welche sich aus eine deutschfeindliche Partei stützt. Das Dentschlhum müsse geschützt werden als Anfang und Ende des Reiches. Das Deulschlhum allein sei zu dessen Erhaltung fähig. Unter anhalten dem Beifall begründete in meisterhafter Rede Abg. vr. Schmeykal die erste Resolution. Der selbe suchte die Berechtigung der Befürchtungen der Deutschen und deren Recht nachzuweisen, das zu ihrem Schutze Erforderliche zu thun; daß nicht, wie die Gegner behaupten, nur einige Schreier, sondern das gesammte deutsche liberale Volk unzufrieden; daß die Opposition der Deut schen gegen die Regierung gerechtfertigt sei. Die hierauf ohne Debatte eo bloe einstimmig ange nommene Resolution hält am österreichischen Staatsgedanken fest, ruft zur entschlossenen Ab wehr aller föderalistischen Bestrebungen auf, er wartet vertrauensvoll, daß alle freisinnigen Deutsch-Oesterreicher, in erster Reihe die Abge ordneten und die verfassungstreuen Herrenhaus mitglieder, feste Grundlagen für die Organisi- rung eines einträchtigen Vorgehens baldigst ge winnen uud zunächst in gesetzmäßiger Bekäm pfung der gegenwärtigen Regierungspolitik aus- harreu werden. Sodann wurde die zweite Re solution, wonach der Parteitag es für eine na tionale patriotische Pflicht jedes deutschen Oester- reichers hält, den „Deutschen Schulverein" kräf tig zu unterstützen, einstimmig angenommen, endlich eine Resolution, welche die Einberufer des Parteitags ermächtigt, den nächsten Partei tag einzuberufen, angenommen. Schließlich brachte vr. Kopp ein begeistertes Hoch auf den Kaiser, das Deulschthum und das Vaterland aus, worin die Versammlung begeistert einstimmte. Frankreich. — Die Affaire Baudry dÄffon in der De- putirtenkammer ist noch viel skandalöser gewesen, als die ersten Berichte erkennen ließen. Den Vorgang der Entfernung des widerspenstigen Volksvertreters aus dem Sitzungssaals schildert ein Berichterstatter des „B. T." nach Berichten von Augenzeugen folgendermaßen: „Mit dem Ingrimm eine« Berserker« vertheidigte sich der Abgeordnete gegen die Soldate», welche ihn von sei» nem Depulirtcnsitz fortzureißen drohten. Aber vergeblich war sein Ringen, vergeblich auch der Widerstand seiner Fraclionögenoffen, welche, vierzig an der Zahl, ihn mit ihren Leibern schirmen wollten nnd deren Hiebe hageldicht auf den Oberst md seine Leute niedersaustrn. Die Ueber»