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die Folgen — In einer Fabrik zn Leitelshain bei Crimmitschau fiel am Freitag ein Fabrikarbeiter in einen mit kochen der Flüssigkeit gefüllten Kessel und erhielt so bedeutende Brandwunden, daß er nach mehreren Tagen und un säglichen Schmerzen verschied. — In Plauen erhängte sich am Sonntag in der Bo denkammer seiner Eltern der 11jährige Sohn einer ar men rechtlichen Handarbeitersfamilie. — Während in den meisten Ortschaften des Vogt landes das alljährlich am Tage vor Walpurgis sich wie derholende Besenanzünden oder „Besenbrennen" nur noch spärlich auftritt, herrscht in Netzschkau und in der Um gegend dieser Gebrauch noch in der ungebundensten Weise und scheint von seiner in grauer Vorzeit gehabten Aus dehnung nichts cingebüßt zu habe». So waren am letz ten Walpurgisabend die Höhen um Netzschkau von bren nenden Besen illuminiert und hin und wieder mischte sich der Knall eines Gewehres darunter. — Die Störung des Gottesdienstes in einer Kirche oder in einem anderen zu religiösen Versammlungen be- " stimmten Orte durch Erregen von Lärm oder Unordnung wird nach 8 167 des Strafgesetzbuchs mit Gefängnis bis zu 3 Jahren bestraft. In Bezug auf diese Bestim mung hat das Reichsgericht kürzlich ausgesprochen, daß die Strafe wegen Storung des Gottesdienstes eintritt, gleichviel ob der Störende in der Kirche oder außerhalb derselben sich befindet, sofern nur der von ihm erregte Lärm in der Kirche störend wirkt. lautet nunmehr 8 1 in der von der den obengenannten drei Parteien angehörenden Majorität der Kommission angenommenen Form: All-in Bergwerke», Salinen, Ansbereitungsanstalten, Brüchen und Gruben, aus Werften, in Anlagen für Bauarbeiten (Bauhö fen), in Fabriken und HUitenwerken beschäftigten Arbeiter, sowie diejenigen Betriebsbeamten, deren Jahresarbeitsverdienst an Lohn oder Gehalt nicht über MVO M. beträgt, sind gegen „ „ der beiin Betriebe sich ereignende» Unsälle nach Maßgabe der Be stimmungen diese« Gesetzes zu versichern. Die Versicherung hat bei der von dem Bundesstaate, in welchem der Betrieb gelegen ist, zu errichtenden und für Rechnung desselben zu verwaltenden Ver sicherungsanstalt zu erfolgen. Mehrere Bundesstaaten können zur Errichtung einer für ihre gemeinsame Rechnung zu verwaltenden Versicherungsanstalt sich vereinigen. Den vorstehend aufgesührten gelten im Sinnt diese« Gesetze« diejenigen Betriebe gleich, in wel chen Dampskcssel oder durch elementare Kraft (Wasser, Damps, GaS, heiße Lust u. s. w.) bewegte Triebwerke zur Verwendung kommen, mit Ausnahme des SchissahrtS- und Eisenbahnbetriebe«, sowie derjenigen Betriebe, sür welche nur vorübergehend eine nicht zn der BctricbSanlage gehörende Kraftmaschine benutzt wird. Das selbe gilt voui Baubetriebe, soweit derselbe durch Beschluß de» Bundesrats sür verstchernngSpflichtia erklärt wird. Alle Eisenbah nen und SchifsahrtSbltricbe, welche integrierende Teile eines Wer ke» oder nur sür den speziellen Betrieb desselben und nicht sür den öffentlichen Verkehr bestimmt sind, sollen unter die Bestimmungen diese« Gesetze«. Für Fabriken, deren Betrieb mit Unsallsgesahr sür die darin beschäftigten Personen nicht verknüpft ist, kann durch Beschluß de« Bundesrats die Versicherungspflicht ausgeschloffen wer den. Al» Gehalt oder Lohn im Sinne diese» Gesetzes gelten auch Tantidme und Naturalbezüge Der Wert der letzteren ist nach Ortsdurchschnittspreisen in Ansatz zu bringen. Als JahreSarbeitS- verdienst gilt, soweit sich derselbe nicht aus mindesten» wocheuweise fixierten Beträgen zusammensetzt, das ZOVfache de» täglichen Ar beitsverdienste», jedoch für Arbeiter, welche in Betrieben beschäftigt werden, bei denen eine höhere ödere niedrigere Anzahl von Arbeits tagen im Jahre die Regel bilde», der Arbeitsverdienst dieser An zahl von Tagen. — Die Antwort auf die dem Reichskanzler in einer größern Anzahl von Bänden übergebene Antisemiten- Petition beschränkt sich auf eine vom Vorstande der Reichskanzlei ausgestellte Bescheinigung über die gesche I Rußland. — Der Köln. Ztg. wird aus Petersburg geschrieben: Es geht gegenwärtig ein Gerücht herum, nach welchem die Nihilisten sich persönlich an den Kaiser gewandt ha ben sollen, um ihre Forderungen durchzusetzen. Der I Sachverhalt soll folgender sein: Eines Tages meldete sich beim Stadthauptmann Baranow ein junger Mann und teilte ihm mit, daß er den Kaiser um eine Audienz ersuche, um wichtige Mitteilungen zu machen. Auf alle weiteren Fragen blieb der junge Mensch dabei, daß er nur dem Kaiser persönlich die Mitteilungen machen könne. Nach langem Ueberlegen wurde beschlossen, dem Kaiser die Sache zu unterbreiten, da angenommen wurde, der Mensch wolle wichtige Enthüllungen machen, um sich Straflosigkeit zu sichern. Der Kaiser erklärte seine Ge neigtheit, ihn zu sehen, und er wurde unter allen Vor sichtsmaßregeln Alexander III. vorgeführt. Aufgefordcrt zu reden, sagte er, er sei Agent des Exekutivkomitees und im Auftrage desselben geschickt, dem Czaren münd lich die Vorschläge seiner Partei für die Wiederherstel lung der Ruhe darzulegen, da der Kaiser jedenfalls von der letzten großen Proklamation, welche die Forderungen I enthielt, keine Kenntnis bekommen habe. Nun wieder holte der nihilistische Abgesandte nochmals das, was be- I reits in der Proklamation gestanden. Man brachte ihn alsbald nach der Peter-Paulsfestung, es gelang indessen bis heute noch nicht, seine Persönlichkeit festzustellen. Die Proklamation wird gegenwärtig in ungeheurer Menge von den Nihilisten nachgedruckt und allenthalben unter das Volk verbreitet. Türkei. — Die Pforte hat den Botschaftern der Mächte auf ihre jüngste Kollektivnote in der griechischen Grenzfrage eröffnet, daß sie die von den Mächten vorgeschlagene, von Griechenland inzwischen acceptierte Grenzlinie eben falls angenommen hat. — Trotz Derwisch Paschas versöhnlicher Proklama tion griffen am 30. v. M. 6000 Albanesen in der Nähe von Prizrend 3 türkische Tabors an, denen Derwisch Pascha zu Hilfe kam, welcher die Albanesen total schlug. Der beiderseitige Verlust wird auf 1800 Mann an gegeben. — Aus Konstantinopel wird gemeldet: Die Regie rung verbot den Journalen die Veröffentlichung von Privatmeldungen über die Pest, welche bedeutend zuge nommen hat. Das Gouvernement von Bagdad verfügte die Niederbrennung der Städte Nedschef und Dzagireh. Die Bewohner kampieren im Freien. Afrika. — Der Kampf der Franzosen mit den Khrumirs wird, wie sich nach Pariser Mitteilungen schon jetzt zeigt, kein gewaltiger, aber ein aufreibender sein. Die Khru mirs lagern auf allen Wegen, sie lauern in jedem Hohl weg, hinter jedem Vorsprung und zwingen den Feind zur größten Wachsamkeit und Vorsicht. Man wird mit diesen Bergschützen nicht so leicht fertig werden und stän digen Aufenthalt werden die Truppen in diesen gefähr lichen Bergen niemals nehmen können. Amerika. — Sämtliche Sioux-Indianer, die während der letz ten vier Jahre auf canadischein Gebiete eine Zuflucht gesucht, haben sich jetzt mit Ausnahme des Häuptlings Sitting Bull und einiger seiner Anhänger den Behör den der Vereinigten Staaten unterworfen. Man glaubt indes, daß letztere in kurzem ein gleiches thun werden. Tagesgeschichte. Deutsches Reich. — Nach den der Nat.-Ztg. zugehenden Mitteilungen ist der deutsch-österreichische Handelsvertrag zu stände ge kommen. Die österreichischen Kommissäre, die bereits Auftrag zur Abreise aus Berlin hatten, haben ihren Aufenthalt wieder verlängert. Bis zum 1. Januar 1882 bleibt das Provisorium bestehen; von da an beginnt der neue Vertrag, dessen Zeitdauer 6 Jahre — bis zum 31. Dezember 1887 — beträgt. — Der Lunisaffaire wird in Berliner offiziellen Kreisen absolut keine Bedeutung beigemcssen; umso mehr mußte die Nachricht einiger Zeitungen überraschen, daß Schiffe der deutschen Marine in Kiel in Stand gesetzt würden, um nach Tunis zu gehen. Die „Kieler Ztg." meldet dementgegen aus sicherer Quelle: Von der Ab sicht, Schiffe nach Tunis zu senden, ist hier nichts be kannt. — Die Reichstagskommission zur Vorberatung des Unfallversicherungsgesetzes hat am 3. d. die Abstimmung über 8 1 des Entwurfs vorgenommen und dabei die Reichsversicherungsanstalt abgelehnt. Zu nächst wurde der Antrag der Fortschrittspartei auf Er weiterung des Haftpflichtgesetzes mit 22 gegen 3 Stim men abgelehnt, ebenso der fortschrittliche Antrag, welcher den Privatgesellschaften den Betrieb überlassen will. Weiter wurde ein ultramontaner Antrag, der auch Ak tiengesellschaften zugelassen wissen will, abgelehnt. Der dagegen mit den Stimmen der Konservativen, Frei konservativen und des Centruins (16 gegen 10) ange nommene Antrag des konservativen Dicepräsidenten Acker mann bestimmt unter Aufrechterhaltung des Versiche rungszwanges: „Die Versicherung hat bei der von dem Bundesstaate, in welchem der Betrieb gelegen ist, zu errichtenden und für Rechnung desselben zu verwaltenden Versicherungsanstalt zu erfolgen. Mehrere Bundes staaten können zur Errichtung einer für ihre gemeinsame Rechnung zu verwaltenden Versicherungsanstalt sich ver einigen." Nachdem noch verschiedene Zusätze beschlossen, Gedanken spannt und deren Strahlen alles durchleuchten und durchwärmen. Und das ist zugleich sein Geheimnis. Endlich unterbrach die Kartengundel das Schweigen mit den Worten: „Dars ich Euch fragen, Haberbäue- rin, was Ihr in der Gebhardskapelle mit dein selt samen Gebet gemeint habt, wisset Ihr, von dem Uri und der Lore?" Die Haberbäuerin schien eben daran gedacht zu haben, denn sie schaute erschrocken auf, als ob die Fragerin ihre Gedanken gelesen habe. Dann erwiderte sie zwischen Scher- und Ernst: „Es muß doch etwas von der Wissenschaft deiner Mutter in dir stecken, denn - du hast in mir gelesen, wie in einem Buch. Du hast also gehört? Gut, dann sollst du's auch missen, du bist groß genug dazu, und gescheiter als groß, das kann ein Blinder sehen. Zudem weiß man die Ange legenheit in Kühlewald besser als das Vaterunser, und deine Mutter kennt sie wohl am besten und schafft mit Karten und Kaffeesatz an meinem Grabstein." Sie sah zornig aus. „Und warum und wie?" forschte erschrocken die Kartengundel. „Das ist mit wenig Worten gesagt", war die Ant- chvrt. „Mein Bub, der Uri, ist zwei Jahre lang in einer Ackerbauschule gewesen und ist ein „lateinischer Vermischtes. * Der älteste der deutschen Buchhändler, Wilhelm Heinrichshofen in Magdeburg, geb. am 22. März 1782, ist in der Nacht zum Sonnabend sanft verschieden. Er hatte an seinem 99. Geburtstage vor 6 Wochen die Freude, von nah und fern herzlichste Glückwünsche und teilnahmvolle Aufmerksamkeiten entgegennehmen zu können. * Großes Aufsehen erregt in den Räumen der Ge werbe- und Industrie-Ausstellung in Halle das Riesenfaß an dem Merpavillon der Halleschen Aktienbrauerei. Dasselbe soll nächst dem Heidelberger Faß das größte in Deutschland und 1200 Ctr. schwer sein und 40000 Liter, 10000 weniger als das Heidelberger, fassen. * Den eifrigen Nachforschungen der Gendarmerie ist es gelungen, den Dieben auf die Spur zu kommen, welche aus einem Duxer Kohlenwerke eine Partie Dynamit gestohlen hatten. Dieselben sind ein Arbeiter des be troffenen Werkes und dessen 15jährige Tochter. Der Arbeiter hatte das Dynamit an verschiedenen Orten an geboten, ohne jedoch Käufer zu finden. * In dem ungarischen Orte Bossacz brach in der Nacht zum 20. v. M. aus unbekannter Veranlassung Feuer aus, das in einer Stunde 120 Häuser einäscherte. * In der Nacht zum 30. v. M. entstand in der ca. 12000 Einwohner zählenden Stadt Krosnojarsk im asiatischen Rußland ein großer Brand,, durch welchen infolge starken Sturmes die Hälfte der Stadt vernichtet wurde. hene Einlieferung. — Eine aus München eingelangte Meldung besagt, die bayrische Regierung würde demnächst über die Stadt Fürth, wo bekanntlich erst dieser Tage dem Magistrate der größte Teil der politischen Gewalt entzogen worden ist, den Be lagerungszustand erklären, weil daselbst ein Herd soziali stischer Meetings bestehe. Frankreich. — Aus Tunis kommen friedliche Nachrichten. Der Plan der Pforte, Kheireddin Pascha dahin zu entsenden, scheint den Bey zu einer versöhnlicheren Haltung gegen Frankreich zu bestimmen, das stets für die Erhaltung seiner Dynastie und für das tunesische Erbfolgegesetz ein getreten ist. — Für die Opfer des Staatsstreichs Napoleons III. vom 2. Dezbr. 1851 hat die Kammer eine Jahresrente von 6 Millionen Franks bewilligt. Nach dem Sturze des Kaiserreichs wurden 4 Riesenbände mit den Ramen aller von Napoleon Geächteten gefunden. In diesen Büchern fanden sich S7 000 Namen von Personen, welche nach dem Staatsstreiche zu Strafe» verurteilt oder un ter offene oder geheime Polizeiaufsicht gestellt worden waren. Jedem Verdächtigen ist ein eigenes Blatt ge widmet, welches seinen Vor- und Zunamen, sein Alter, seinen Wohnort, seinen Beruf und den Grund seiner Verfolgung, ferner die ihm zugcdachte Behandlung und eine allgemeine Bemerkung über seinen Charakter ent hält. 7060 Personen, die nun eine Staatspension als Staatsstreichopfer wünschen, haben sich gemeldet, die an deren 30000 sind entweder tot oder in günstigen Ber- mögensumständen. England. — Eine der ersten Folgen der Aufhebung der lla- d6»8-eorvu8-Akte ist die am 1. Mai erfolgte Verhaf tung des »rischen Deputierten und Agitators Dillon. Bauer" geivorden, weiß Gott, es wär' mir lieber, er wär' deutsch geblieben, und dann hat er den Haberhof übernonimen, wie sich's schickt sür sein Alter. Gerad so lang ist K-gelwirts Lore in einem Institut, oder wie man's heißt, abgerichtet worden und heinigekommen wie eine richtige Prinzessin. Sauber ist sie, das muß ihr der Neid lassen, aber dabei stolz wie ein Pfau, man meint alle Augenblicke, sie werde ein Rad schlagen, und faul ist sie wie ein Dachs im Bau, so eine richtige Kutschenlaterne, zur Hoffahrt hergerichtet, aber nicht zum Nutzen und zur Arbeit, wie andere Weiberleute. In die hat sich mein Uri vergafft, Gott verzeih' es ihni, und schwört Stein und Bein, sie müsse sein wer den, oder er thu' sich ein Leids an." „Und Ihr wollt es nicht haben?" fragte neugierig die Kartengundel. „Nimmermehr", eiferte die Haberbäuerin. „Soll die Lore mir den Hof verlumpen und uns mit lauter Staat und Dummheiten an den Bettelstab bringen, an dem der Kegelwirt auch bald geht? Er wär' an Leib und Seele verloren, der Uri, wenn ihn die Lore fangen würde. Bei der sind im Jahre 365 Feiertage! Gott schütz' ihn und mich und den Haberhof!" (Förts-tzung folgt.)