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-d-MWWW-MW-WMWW wurf daraus, daß er mit „reinen", nämlich mit leeren Händen von Berlin zurückkam. Die Franzosen sehen heute, daß sie dem Manne unrecht thaten. Drese tune sische Frage kann leicht zu Verwicklungen mit Italien führen, das in Tunis gleichfalls eine Art Oberhoheit zu üben bemüht ist. In Petersburg dauert die Trauer, der Schrecken und die Verhaftungen fort. Bon dem Erlasse einer Verfas sung ist bisher noch recht wenig zu verspüren. Alle bis herigen Aenderungen sind lediglich solche der Personen verhältnisse, die nur eine geringe Bedeutung haben. Sächsisches. Frankenberg, 25. März 1881. — Ihre Maj. die Königin hat dem Offiziersraume der ihren Namen tragenden kaiserlich deutschen Korvette „Carola" ihre Marmorbüste verehrt. — Das Dr. I. meldet, daß der in außerordentlicher Mission in Petersburg weilende Generaladjutant Sr. Maj. des Königs Gencrallieutenant v. Carlowitz am Montag vom Czaren behufs Ueberreichung des Kondolenz schreibens König Alberts in besonderer Audienz empfan gen worden ist. — Im Gasthofe zur Linde in Chemnitz wird am nächsten Montag eine Generalversammlung der Sächsi schen Feuervcrsicherungsgcnosscnschaft zu Chemnitz abge halten, in welcher über die so viel und lebhaft bespro chene Frage der Liquidation dieser Gesellschaft Beschluß gefaßt werden soll. — Die in neuester Zeit gemachten Wahrnehmungen, daß die örtliche Einführung der obligatorischen Trichinen schau mehr und mehr Anklang im Lande findet, hat dem Ministerium des Innern Veranlassung gegeben, ein be zügliches Normalregulativ zu dem Zwecke aufstellcn zu lassen, um denjenigen Ortspolizeibchörden, welche die Einführung der obligatorischen Trichinenschau in ihren Verwaltungsbezirken beabsichtigen, die dabei zu berück sichtigenden Gesichtspunkte übersichtlich vorzuführen. Aus diesem Normalregulative ergeben sich die Schwierigkeiten, die der obligatorischen Trichinenschau entgegentrcten, wenn die letztere, so weit dies der Natur der Sache nach über- ' Haupt möglich fällt, Schutz gegen Trichinose bieten soll, ohne weiteres von selbst. — Im Viehstande eines Gehöftes der Rudolfstraße und im Gasthofe zur Sonne in Chemnitz ist die Maul- und Klauenseuche ausgebrochen. — In Zwickau und in Döbeln wurden in den letz ten Tagen zwei Fuhrleute durch ihre eigenen Geschirre — der eine beim Ausweichen, der andere durch Schcu- werden der Pferde — überfahren und so verletzt, daß sie bald verstarben. — Wie dem Dr. Anz. berichtet wird, hat sich der Zahlmeister Th. des in Metz stehenden 12. (sächs.) Fuß- Artillerie-Regiments Unterschleifc in der Höhe von ca. 8000 M. schuldig gemacht und ist infolgedessen verhaftet worden. — Direktor Renz beabsichtigt mit seinen! Cirkus Leipzig zur Herbstmesse wieder zu besuchen, sobald die Ausstellungshalle vom Königsplatz geräumt und der Rat diesen Platz zum Aufbau des Cirkus wieder an Renz vermieten will. — Als neuester Beitrag zum Kapitel über die Ver fälschung der Lebensmittel wird aus Dresden mitgeteilt, daß ein dortiger Kaufmann dafür empfindlich bestraft worden sei, daß er Emmenthaler Käse verkauft habe, der nie in Emmenthal gewesen sei. — Die elektrische Beleuchtung ist in Leipzig in einer Anzahl größerer Geschäfte mit Erfolg zur Verwendung gekommen und zwar in einer Fabrik ätherischer Ocle, im Bibliographischen Institut, in der Leipziger Wollkäm merei, in einer der größten Buchdruckereien, in einer Spitzenfabrik und in einer Kammgarnspinnerei. Die verwendeten 67 elektrischen Lampen entsprechen einer Lichtstärke von über 30000 Normalkerzen. — Ein schweres Unglück wurde dieser Tage noch glücklich in Lusau bei Gera abgewendct. In der dorti gen Kirche fand zu Ehren eines Verstorbenen eine Trauer feierlichkeit statt, zu welcher sich so viel Leute Ungesun den hatten, daß die an sich nicht große Kirche bis auf den letzten Platz gefüllt war. Plötzlich bemerkten die im Schiff der Kirche befindlichen Leute, daß sich die zweite Empore zu bewegen beginne. Nur durch den rechtzeiti gen Zuruf und die schnelle Leerung wurde der Zusam menbruch verhindert. Bom Reichstage. Die Sitzung vom 24. März eröffnete der Präsident mit Verlesung folgenden kaiserlichen Dankschreibens: „Trr G-i-mworst°nd d-s Riichswg« hat durch dir inmg-n Glück- und S-gknSwünlchk, Mlcht Mir zu Mkinrm Geburtstage von ihm im Namtn des Reichstag« aulaesprochen worden, Mich in hohem Grade erfreut. Ich danke demselben für diese Aufmerk samkeit au« vollem, warmem Herzen, welche« in tiesgesühlter Er kenntlichkeit zum Höchsten sich erhebt, der mir vergönnt hat, unser — 28« — I deutsche« Vaterland zur Einheit und zu hohen Ehren gebracht zu I sehen. Möge Gott auch ferner Deutschland in Seinen allmöchti- I gen Schutz nehmen! Wilhelm." Das Haus trat hierauf in die fortgesetzte Beratung über die Frage, ob zu den Kosten für den Zollanschluß I Altonas die Zustimmung des Reichstags erforderlich ist. I v. Kardorff befürwortete seinen Antrag, über den An- I trag der Budgctkommission zur Tagesordnung überzu gehen. Dr. Lasker hielt nach der historischen Entwickelung I des Zollvereins, sowie nach der vom Bundesrat selbst I adoptierten Auslegung der Verfassung die Zustimmung I des Reichstags zu dm Zollanschlußkosten Altonas für unumgänglich, v. Helldorff befürwortete den Antrag der I Konservativen, die Erwartung auszusprechen, daß das verfassungsmäßige Zusammenwirken des Bundesrats und I des Reichstags auch betreffs des Aufwandes für die be stehenden Hauptzollämter zur Durchführung gelange. Finanzminister Bitter erklärte, das Votum des Hauses werde der Bundesrat jedenfalls in ernste Erwägung neh men. Hänel befürwortete den Antrag der Budgetkom mission. Staatssekretär v. Schelling führte aus, der Bun desrat habe in den Hauptpunkten, unbeschadet von Ab weichungen in Nebcnfragen, immer den gegenwärtigen Standpunkt eingehaltcn. Windthorst sprach für den An trag der Budgetkommission, welcher der Praxis des Hau ses entspreche und keine Konfliktsgefahr enthalte, v. Kar dorff zog darauf seinen Antrag zurück und der Reichs tag genehmigte schließlich in dritter Lesung nach länge- rer Debatte bei Namensabstimmung mit 183 gegen 45 Stimmen den Antrag der Budgetkommission, daß die zur etwaigen Durchführung des Zollanschlusses von Al tona erforderlichen Kosten, soweit sie nicht von den be teiligten Einzelstaaten zu decken sind, der Genehmigung des Reichstags bedürfen. Der Antrag der Konservati ven war mit 176 gegen 58 Stimmen abgelehnt worden. I Weiter wurde nach unerheblicher Debatte die dritte Le- I sung des Etats, des Etätsgesetzes und des Anleihegesetzes I unverändert nach den Beschlüssen der zweiten Lesung er- I ledigt. . Tagesgeschichte. Deutsches Reich. — Der „Reichsanzciger" veröffentlicht einen Erlaß des Kaisers, welcher den Reichskanzler beauftragt, Allen, welche ihm zum Geburtstag Glück gewünscht, den tief empfundenen Dank zu übermitteln. Im Erlaß heißt es: „Wiewohl meine lieben Deutschen mich daran gewöhnt haben, bei allen Ereignissen in meiner Familie, wie erst kürzlich wieder bei der Vermählung meines theuren En kels, durch Glück- und Segenswünsche mir ihre patrio tische Sympathie zu bezeigen, so biwAbch bei dieser Ge burtstagsfeier durch eine Fülle von (Huldigungen ganz besonders überrascht. Die Stimmung meines Gemütes an diesem, in einer Zeit so tiefer Trauer über den jähen Verlust meines treuesten Freundes uud Verwandten fal lenden Geburtstage ist dadurch wesentlich gehoben und erheitert worden." — Der Kronprinz des Reichs ist am 24. d. früh wohlbehalten in Petersburg angekommen und von den Großfürsten herzlichst empfangen worden. Ursprünglich war bekanntlich beabsichtigt, daß der Kronprinz init dem Prinzen von Wales und dessen Gemahlin, die am 22. nachts über Berlin nach Petersburg reiste«, die Reise antrcte. Wie aber die mit den Hofkreisen in Fühlung stehende „Post" meldet, drückte Kaper Alexander III. te legraphisch den Wunsch aus, daß der deutsche Kronprinz einige Stunden vor dem englischen Fürstenpaare in Pe tersburg eintrcffen möchte, um Gelegenheit zu einer ver traulichen Besprechung zu haben. Darauf reiste der Kronprinz allein ab. Die Kundgebung des Czaren wird in Berlin als ein äußerst günstiges Zeichen für die un verändert freundschaftliche Gesinnung Rußlands angesehen. — Der Kommandeur des Kaiser-Alexander-Garde- grenadicrregiments, der sich mit der Deputation des Re giments nach Petersburg begeben hat, ist der Neberbrin- ger eines eigenhändigen Briefes Kaisers Wilhelms an Alexander III. — Die Verfassungstreitsache zwischen Fürst Bismarck und dem Reichstage erscheint heute weniger scharf als gestern, nachdem Abg. v. Kardorff in der letzten Reichs tagssitzung die Mitteilungen über seine Unterredung mit I dem Reichskanzler in, der Zollanschlußfrage Altonas ihres sensationellen Charakters entkleidet hat., — Von den vor einiger Zeit in Frankfurt a. M., Augsburg und andern Orten wegen verdächtiger Um triebe verhafteten Anhängern der sozialdemokratischen Par tei sind 19, darunter 2 Frauen, am Geburtstage des Kaisers auf freien Fuß gesetzt worden und nur die 3 Hauptangeklagten in Haft geblieben, gegen welche, nach dem jetzt die Voruntersuchung in Berlin beendet worden, demnächst vor dem Reichsgerichte zu Leipzig wegen Hoch- I Verrats weiter verhandelt werden wird. — Wie ein wiener Korrespondent des Dr. I. ver nimmt, soll das traurige Attentat in Petersburg thät- sächlich bereits den Anlaß zu einem vorläufig erst ver- I traulichen Gedankenaustausch zwischen einzelnen Groß mächten geboten haben, inwiefern eS angezeigt wäre, dein Treiben der nihilistischen und sozialistischen Propaganda, die in Genf, Paris, London und an andern Orten ihr Unwesen treibt, größere Aufmerksamkeit, als bisher zu zuwenden. Selbstverständlich befindet sich die bezügliche Aktion, wenn sie überhaupt schon diesen Namen verdiente, noch in dem allerersten Stadium. — Der dem Reichstage zugegangene Brausteuer-Gc° setzentwurf, der im wesentlichen mit dem vorjährigen übereinstimmt, setzt eine Steuer von 4 M. vom Hekto liter ungebrochenen Malzes fest. Die Zahlung der Steuer liegt demjenigen ob, für welchen das Malz zur Bier- oder Essigbereitung gebrochen oder verwendet wird. Die Brausteuer wird monatlich postnumerando fällig. Die Hälfte der Steuer soll den Bundesstaaten nach Maßgabe der von ihnen zu entrichtenden Matrikular- beiträgc überwiesen werden. — Der nunmehr dem Reichstage vorliegende Gesetz entwurf betreffend die Erhebung der Reichsstcmpel- abgaben unterscheidet sich nur in ganz unwesentlichen Punkten von der dem Reichstage in der vorigen Session gemachte» Vorlage. Der Besteuerung sollen unterliegen 1) Aktien und auf den Inhaber lautende Wertpapiere, 2> Schlußnoten und Rechnungen, 3) Lombarddarlehne, 4) Quittungen, 5) Checks und Giroanweisungen , 6) Lotterielose. Der Ertrag der Abgaben fließt nach Ab zug der Steuererlasse und der Verwaltungskosten in die RcichSkasse und ist den einzelnen Bundesstaaten nach dem Maßstabe der Bevölkerung, mit welcher sie zu den Ma- trikularbeiträgen herangezogen worden, zu überweisen. Tie Steuersätze sind in einem dem Gesetzentwürfe bei- gcgebcnen Tarife normiert und betragen für inländische und ausländische Aktien 5 Mark pro Tausend. Befreit von der Steuer find Renten- und Schuldverschreibungen des Reichs und der Bundesstaaten, sowie die über Ein zahlungen auf solche Wertpapiere ausgestellten Jntcrims- scheine; ferner Renten- und Schuldverschreibungen, welche nach dem Einführungsterminc nur zu dem Zwecke aus gestellt werden, um ältere, nicht auf NeichswÄhrung lau tende Renten- und Schuldverschreibungen zu ersetzen, so fern den desfalls von den, Bundesräte zu erlassenden Kontrolvorschriftcn genügt ist. Für Schlußnoten oder Rechnungen über Geschäfte mit Wechseln rc. sind zu ent richten bei einem Werte des Gegenstandes des Geschäfts von 300 bis einschließlich 1000 M.: 10 Pf., von mehr als 1000 bis einschließlich 5000 M.: 25 Pf., von mehr als 5000 M.: 50 Pf. ; für ausländische Aktien, Staats oder andere für den Handelsverkehr bestimnitc Wcrt- I Papiere, bei einem Werte des Gegenstandes des Ge schäfts von 300 bis einschließlich 1000 M.: 25 Pf., von mehr als 1000 bis einschließlich 5000 M.: 50 Pf., von mehr als 5000 M.: I M. Die vorbestimmte Ab gabe wird nicht erhoben von den bezeichneten Schrift- I stücken, soweit sie nur sog. Kontantgeschäfte über Wechsel, ungemünztes Gold oder Silber und über Geld zum Gcgen- I stände haben und dieser Inhalt desGeschäfts aus den Schrift stücken ersichtlich ist. Für Lombarddarlehen werden mit-H pro Tausend von jeder dargeliehcnen Summe und zwar I in Abstufungen von 20 Pfennig für je 1000 Mark oder ! einen Bruchteil dieses Betrages erhoben. Befreit sind: die Beurkundungen über Lombarddarlehnc, welche von einem Bundesstaat ausgenommen werden; ebenso Beur kundungen über Verlängerung der Rückzahlungsfrist eines nach den obigen Bestimmungen bereits versteuerten Lom- barddarlehns. Für Quittungen sollen 10 Pfennige für jedes Exemplar gezahlt werden, mit Ausnahme derjeni gen, welche über einen Betrag von 20 Mark oder we niger lauten. Die Befreiungen bei Quittungen sind sehr mannigfaltige und dürften ein längeres Studium ! erfordern. (Befreit sind u. a. Quittungen auf Wechseln und dem Wechselstempel unterliegenden Anweisungen über die Leistungen aus denselben, Quittungen der Kassen der Bundesstaaten und der Kassen der Reichsbank, Quittun gen über Gehalts- und sonstige Dicnstbezüge, über Ver gütungen für Dienstaufwand, sowie über Pensionen der Militärpcrsonen, der Staatsbeamten und ihrer Hinterblie benen, Quittungen der Transportanstaltcn über Personen- nnd Frachtgeld, Quittungen über die von Post- und Te legraphenanstalten geleisteten Erstattungen und Ersatz- bcträgc, Quittungen des Bankgeschäfts über die zur Ver fügung des Einzahlers cingczahltcn Bank-Depositen, Quittungen über Einzahlungen oder Rückzahlungen von Sparkasseneinlagen, der Tagelöhner und Handarbeiter über Arbeitslohn, Quittungen über Versicherungsprä mien, welche an öffentliche zur Vcrsicherungsannahme verpflichtete Feuerversicherungsanstalten bezahlt werden, Quittungen über Einlagen und Beiträge zu Unter- stützungskassen für Fälle der Krankheit oder Erwerbs unfähigkeit, sowie zu Sterbekassen, Witwen- oder Wai senkassen und Altersversorgungsanstalten, sofern diese Anstalten nicht zugleich den Gewinn der Unternehmer bezwecken, Quittungen über den Empfang der statuten gemäßen Zahlungen und Unterstützungen aus solchen An stalten, Quittungen über Unterstützungen aus öffentlichen Kassen, milden Stiftungen, WohlthätigkeitSanstalten, oder