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ZU DEN WERKEN ursonate NACH ALLEN REGELN DER KLASSISCHEN KOMPOSITIONS LEHRE HAT SCHWITTERS SEINE URLAUTE IN DAS SCHEMA OER SONATENHAUPTSATZFORM GEFÜGT. BIS IN MINIMALE MUSIKALISCHE STRUKTUREN SIND HERKÖMMLICHE KOMPOSITIONSMUSTER MIT SPRECHMATERIAL GEFÜLLT. Die ursonate oder Sonate in Urlauten ist Kurt Schwitters’ umfang reichste und komplexeste Lautdichtung. Ein Jahrzehnt lang (1922-32) schrieb er an seiner Sonate, variierte und entwickelte sie weiter und führte sie in seinen eigenen legendären Darbietungen auf. Das Haupt thema fümms bö wo tää zää uu, pög’iff entnahm Schwitters einem Plakatgedicht seines Dada-Freundes Raoul Hausmann, alle weiteren Lautverbindungen hat er erfunden. So dadaistisch und willkürlich das Sammeln der Themen und Anregungen war, so streng ist die innere Logik und Konsequenz der Gruppierung. Nach allen Regeln der klassischen Kompositionslehre hat Schwi. > seine Urlaute in das Schema der Sonatenhauptsatzform gefügt. Bis in minimale musikalische Strukturen sind herkömmliche Kompo sitionsmuster mit Sprechmaterial gefüllt, das konzeptuell zwar jegliche Sprachbedeutung negiert, eine solche jedoch immer wieder als Irrlicht aufscheinen lässt. Im heutigen Konzert präsentiert HK Gruber seine auf ca. ein Drittel der ursprünglichen Länge gekürzte Fassung der ursonate, in der jedoch Form und Inhalt im Kern gewahrt bleiben. Erinnerungsräume: Zefiro alegia ... nell’infinito und Only an end... 0 Olga Neuwirths einsätzige Komposition Zefiro aleggia ... nell’infinito für Fagott, Orchester und Zuspiel-CD (2004) gehört neben locus ... doublure ... solus für Klavier und Orchester (2001), ... miramondo multiplo... für Trompete und Orchester (2006) und Remnants of Songs ...an Amphigory für Viola und Orchester (2009) einer mu ^,- weile vierteiligen Gruppe von Werken an, in deren Mittelpunkt die Auseinandersetzung mit dem stark von der Tradition her umschrie benen Aspekt des Konzertierens steht, also mit den vielfältigen Möglichkeiten einer wechselseitigen Beeinflussung zwischen solis- tisch agierendem Instrument und Orchesterapparat. Der Werktitel, den man mit „Zefir weht... ins Unendliche“ übersetzen könnte, verdankt sich einer literarischen Anregung und basiert auf Fragmen ten zweier Zeilen aus der ersten Strophe von Giacomo Leopardis Gedicht II tramonto della luna (Monduntergang, Canto XXXIII). 16