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M 245 Sonntag, dm il Oktober. L88V ^-»bcvrT«^ Amtsblatt -er König!. Amtshauptmannschaft Flöha, -es König!. Amtsgerichts un- -es Stadtraths M Frankenberg. scheint täglich, mit Ausnahme der Sonn- und Festtage, Abends für den folgenden Tag, — Jnscraten-Annahme für die jeweilige Abend-Nummer bis Bormittags 10 Uhr, Die Vollendung des Kölner Domes, dieser schönsten gothischen Kirche des deutschen Reiches, die gestern in Anwesenheit Kaiser Wil- helm's und vieler deutschen Fürsten festlich ge feiert wurde, wird nicht allein von der deutschen Presse, sondern auch von der ausländischen als ein Act von weltgeschichtlicher Bedeutung für das deutsche Reich besonders gewürdigt. Steht doch der herrliche, durch Beiträge aller deutschen Stämme fertiggeslellte Dom, an dem 632 Jahre deutscher Geschichte vorübergerauscht sind — Jahre tiefer Niederlagen wie endlicher herrlicher Erhebung unsers Volkes —, da als ein Zeichen der Zusammengehörigkeit und der Wiederaufrich- tung des deutschen Reichs. Wer baut den Dom? Nennt mir den Mann, Daß ich ihn auch verehren kann! Ganz Deutschland baut dies Gotteshaus, Ein ew'ges Werk baut Deutschland aus: ES baut der Einheit Edelstein, Den Riesendom zu Köln am Rhein — dies Dichterwort ruft die gestrige Feier in Erinnerung, die nach den heute vorliegenden te legraphischen Meldungen aufs Großartigste, ohne Mißton, den die fanatischen Römlinge durch ihr wochenlang vorher angekündigtes demonstratives Fernbleiben nicht Hervorzurusen vermocht, ver laufen. Wir lassen in Kürze jene Meldungen folgen: Die Stadt ist prachtvoll bis auf das letzte Haus geschmückt. Ueberall sieht man Festons, Laub- und Tannengewinde, Wappenschilder, Embleme, sowie Fahnen in den Reichs- und Landesfarben. In vielen Straßen sind Alleen von mit Guirlanden verbundenen Mastbäumen errichtet. Sämmtliche Schiffe auf dem Rhein strome prangen in reichstem Flaggenschmuck. Eine festlich bewegte, dicht gedrängte Menge wogt in den Straßen auf und ab. Jeder Zug bringt neue Menschenmassen. Das Wetter ist trübe, jedoch ohne Regen. Nach 9 Uhr traf das Kaiserpaar mit seinen fürstlichen Gästen auf dem Bahnhofe ein und begab sich unter dem unermeßlichen Jubel eines zahllosen Publikums nach dem Regierungsgebäude, wo sie den Fest zug defiliren ließen. Die Kriegervereine bildeten Spalier in den Straßen vom Bahnhof nach dem Regierungsgebäude. An dem Festzuge betheilig- ten sich die Dombauhütte, der Dombauvorstand, die städtischen Collegien, die Gesangvereine, die Innungen, die Kriegervereine, Schützen und Turner. Nach 10 Uhr — das Wetter hatte sich inzwischen aufgeklärt — begaben sich die Fürst lichkeiten unter dem Jubel der Bevölkerung nach der Trinitatiskirche; von dieser langten sie gegen 12 Uhr am Westportale des Domes an und wurden hier von der Dombauverwaltung em pfangen. Bei dem Eintritt in den Dom trat ihnen Domdechant Weihbischof Baudri in Be gleitung von Prälaten entgegen und begrüßte den Kaiser und die Kaiserin. ' Hierauf hielt der Dechant eine Anrede an die Majestäten, wies auf den Tag hin, den der Kaiser zum Feste be stimmt habe, sowie auf Gottes Beistand zur Vollendung dieses ihm geweihten Tempels und Zu beziehen durch alle Postanstalten. Preis vierteljiihrl. 1 50 H. Einzelne Nummern 5 H. Inserate werden mit S Pf. für die gespaltene CorpuSzeile oder deren Nanni berechnet. Geringster Jnscratenbetrag 20 Ps. Com- plicirtc oder tabellarische Inserate nach Uebercinkommen. schloß mit Segenswünschen für den Kaiser und sein Haus, wie mit dem Wunsche, „daß bald der hetßersehnte Tag erscheinen möge, welcher der Kirche den Frieden, dem vollendeten Dome den Hirten wiedergiebt". Der Kaiser dankte und betonte, daß ein Tempel nun vollendet sei, der dem höchsten Herrn geweiht wäre. Die ganze deutsche Nation feiere diesen hohen Festtag und er danke für die ihm und semem Hause darge brachten Wünsche. Nun führten der Domdechant und die Prälaten den Kaiser durch das Schiff zum Altäre im hohen Chor. Dort intonirte der Dechant das Tedeum, welches von Knaben und dem Sängerchor vorgetragen wurde. Während des Tedeüms standen der Kaiser und die Kai serin mit Gefolge an den Stufen des Altars. Nach dem Tedeum geleiteten der Dechant und die Prälaten den Kaiser bis zur Thüre des Südportals. Als der Kaiser heraustrat, wurde er von Tausenden von Stimmen jubelnd begrüßt und eine Kinderschaar begann das Vollendungs lied zu singen. Der Kaiser schritt durch die Kinder und die Spalier bildenden Werkleute un ter immer stärkerem Jubel dem Kaiserpavillon zu. Tribünen und Dächer waren bis in die weiteste Entfernung dicht besetzt. Nachdem die Urkunde verlesen, durch den Donibaumeister un terzeichnet und eine zweite für das Stadtarchiv von dem Kaiser, seiner Familie, den Fürsten und den Ministern unterzeichnet worden, hielt der Kaiser folgende Ansprache: Wer gedenkt in dieser Stunde nicht des Tages, an wel chem weiland König Friedrich Wilhem IV. der Welt ge schenkt wurde I Wer gedenket nicht jenes 4. September 1842, an welchem mein in Gott ruhender königlicher Bru- der an dieser Stelle öffentlich und feierlich es verkündete, daß er beschlossen habe, den seit Jahrhunderten seiner Vollen- düng harrenden Kölner Dom dieser Vollendung entgegen- zuführen I Dem geschichtlich gewordenen Krahne fügte der königliche Bauherr zum Gedächlniß seines großartigen Un- termhmens den ersten Baustein hinzu, der uns heut um kränzt dort oben entgegentritt. Die allmächtige Vorsehung hat es nicht gewollt, daß der unvergeßliche König sein ebenso großes wie kühne« Unternehmen, das er mit Vor liebe und Kraft sörderte, vollendet sehen sollte. Aber die königlichen Worte, die derselbe bei der Feier vor 38 Jah ren hier sprach, zündeten nicht nur in preußischen, sondern in allen deutschen Landen. Die Regierenden an deren Spitze gaben das Zeichen, den großen Gedanken erfaßt zu haben, und somit wurde dieser ein nationales Gemein gut. Schon Friedrich Wilhelm III. glorreichen Andenkens hat seit dem Jahre 1825 durch kräftiges Einschreiten den damals allein bestehenden Chor vor dem Untergange ge rettet. So steht nun heute der vollendete Kölner Dom, eins der größte» Bauwerke aller Zeiten, als ein Denkmal frommen Sinnes, menschlicher Einsicht und Umsicht, ein heitlicher Arbeit, ausdauernder Thatkraft und Opfersreu- digkeit vor uns. Mögen die zum Himmel emporstrebenden Thürme daran erinnern, daß ohne den gnadenvollen Bei stand Gottes Nichts auf Erden gelingt. So gebührt also vor Allem dem Allmächtigen unser Dank, der "dieses kühne und gefahrvolle Unternehmen sichtlich schützte und vollen- den ließ. Demnächst steigt unser Dank zn dem königlichen Bauherrn empor, dessen erhabenem, schöpferischen Geist wir dieses Werk verdanken, welches von Jahrhundert zu Jahrhundert seinen Namen deshalb dankbar preisen wird. Eine andere erhebende, meinem Herzen wohlthuende Pflicht der Dankbarkeit erfülle ich an dieser Stelle, indem ich den Allerhöchsten und Höchsten Regierenden und freien Städten im neugeeinten deutschen Vaterlande den tiefgefühlten Dank anSspreche für Wort und That, durch welche diesel ben an der Spitze ihrer Staaten diesen mächtigen Bau durchführen halsen. Jede einzelne Gabe, weit über Deutsch ¬ lands Grenzen hinaus, finde hier wärmsten Dank. Mei nem engeren Vaterlande Preußen und dieser ehrwürdigen Stadt mit ihrem Central-Dombau-Verein und dessen Ab zweigungen gebührt meine Dankbarkeit für das Bestreben, in allen Schichten der Btvölkerung das Riesenwerk ihres Königs gefördert zu haben. Schließlich gedenken wir in höchster Anerkennung der Männer, welche an der Hand der Wissenschaft und Kunst diesen Ban schufen und in der Dombauhütte Kräfte erzogen und leiteten, die mit Aus dauer so Großes darstellten. So begrüßen wir Alle die ses herrliche Denkmal und bleibe es durch des Allmächtigen Gnade Frieden verheißend auf allen Gebieten, Gott zur Ehre, uns znm Segen! Darauf folgten Reden des Oberpräsidenten und des Vorsitzenden des Dombauvereins. Hier auf wurde die Urkunde nach dem Thurme hinauf geschafft. Den Schluß bildeten das Absingen eines Chorals und des Liedes „Nun danket Alle Gott", sowie ein Hoch auf den Kaiser. Unter dem Donner der Kanonen, dem Geläute der Glocken und unter dem Gesang der National hymne erfolgte die Abfahrt des Kaiserpaares und seiner Gäste H2 Uhr unter brausendem Hoch der Menge nach dem Bahnhof zur Rückreise nach dem Schlosse Brühl bei Köln. OertlicheS und Sächsisches. Frankenberg, 16. October 1880. ff Wenn nach den uns über den Vortrag, welchen Hr. vr. Hildebrand aus Königsberg nächsten Montag im Gewerbeverein hält, aus andern Vereinen zugegangenen Mittheilungen derselbe von allgemeinem Interesse ist, so glau ben wir doch namentlich die gewerbtreibenden Kreise nochmals auf ihn aufmerksam machen zu sollen. Die Kraftmaschinen der heutigen In dustrie sind es, die Hr. vr. H. an trefflichen Modellen zeigt nnd wird über diese und den Vortrag im Bornaer Gewerbeverein geschrieben: Die zum Theil mit außerordentlichen Schwierigkeiten verknüpften Experimente mit den in ihrer Kleinheit und in ihrer „Arbeit" ein recht gefälliges Bild gewährenden Maschinchen gelangen vorzüglich. Außerdem sorgte Herr Nr. H. durch eine mit der Vorführung Hand in Hand gehende sehr klare Erläuterung in Bezug auf ihren Bau, die bewegende Kraft, de» Betriebsauswand und das Maß der Leistungen dafür, daß Jeder einen rechten Begriff von den verschiedenen Damps-, Lust-Expansions-, Gaskraft- und elektrischen Maschinen erhielt und ein Urtheil darüber sich bilden konnte, wann und warum sich die Anwendung ge rade dieser oder jener Kraftmaschine empfiehlt. ff Die für nächsten Montag bereits angekün digt gewesene Bürgervereinsversammlung, in welcher ein Vortrag über „die Einkommensteuer, insbesondere die Wirksamkeit der Einkommen steuercommission", von einem Mitglieds der letz teren gehalten, besonderes Interesse verspricht, ist aus Rücksicht auf die am Montag stattfin dende Gewerbevereinsversammlung auf Dienstag verschoben worden. ff Wie die kgl. Generaldirection der Staats bahnen bekannt macht, wird die hiesige Bahn hofsrestauration am 1. März nächsten Jahres pachtfrei; die Verpachtung erfolgt auf 6 Jahre. ff Veranlaßt durch das vielfache Vorkommen von Trichinen hat der hiesige Bürger und Ma- terialwaarenhändler Hr, G. A. Vogel an der Thierarzneischule zu Dresden einen Cursus für