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Gotteshaus«. Außer fast sämmtlichen Vereinen nahmen auch die Spitzen der bürgerlichen und geistlichen Behörden der Mutterstadt Hohenstein daran Theil. Besonderen Reiz gewann der Fest zug durch Vorführung der in den verflossenen zwei Jahrhunderten herrschenden Trachten, so wie durch die in Paradeuniform marschirenden Bergleute. Nachmittags fand ein großes Schul fest statt, zu welchem die Kosten durch freiwillige Beiträge aufgebracht worden sind. — Der Allgemeine sächsische Lehrerverein ver öffentlicht soeben einen ausführlichen Bericht übex seine Thätigkeit im vorigen Vereinsjahre. Der aus 42 Bezirksvereinen (welche in 124 Zweig vereine resp. Conferenzen zerfallen) bestehende Verein hat hiernach in seinem letzten Vereins jahre 710 Themata in's Bereich seiner Bera- thungen gezogen, wovon 201 Themata von den Bezirksvereinen selbst, und zwar in 192 Sitzun gen zur Behandlung gelangten, während die üb rigen 509 Themata auf die Zweigvereine ent fielen. Der Verein zählte am Schluffe des Ver einsjahres 3434 Mitglieder, welche sich auf 123 Städte und 882 Dörfer vertheilen. — Die Eisenbahnlinie LommatzschNossen soll am 15. Octbr. eröffnet werden. — Der kürzlich besprochene Michaelis'sche Stra ßendampfwagen unternahm am Sonntag Vor mittag mehrere Touren nach Altchemnitz und zu rück behufs Personenbeförderung. Wie nun aus Chemnitz berichtet wird, eignet sich jedoch dieser zpm Transporte vom Maschinen u. s. w. ge baute Dympfwagen durchaus nicht zur Personen beförderung, denn da er keine Federn besitzt, so werden die Paffagiere beim Transport unbarm herzig hin- und hergeschüttelt, und sie verspüren gewiß keine Lust, alsbald dieses Dampfroß wie der zu besteigen. Sodann ist der Dampf sehr lästig, welcher auch die Schuld trägt, daß die dem Wagen begegnenden Pferde stutzig werden und oft scheuen. Die Lenkbarkeit deS Wagens ist dagegen eine ganz vorzügliche, auch kann der selbe in wenig Augenblicken zuni Stehen gebracht werden. — Als ei» besonders in den gewerblichen und Handelskreisen Leipzigs Aussehen erregender Rechtsfall wird die Verurtheilung des dasigen Directors des Schuldeneinziehungs- und Aus kunstsbureaus „Vorsicht" auch in weiteren Krei sen von Interesse sein, indem dem Beklagten wegen unrichtiger Auskunft über einen Geschäfts inhaber 500 M. Geldstrafe, eventuell 2 Monate Gesängniß, wie Geldbuße von 500 M. an den Kläger und außerdem Tragung sämmtlicher Ko sten zuertheilt wurde. - — Ein Vortrag, welchen am Sonnabend der Secretär des Landesobstbauvereins für Sachsen, Lämmerhirt, im Bezirkslehrerverein Dresden- Land über die Pflege des Obstbaues durch die Volksschule und deren Lehrer hielt, bewirkte, daß die von ca. 200 Lehrern besuchte Versamm lung beschloß, das Directorium des Vereins mit der Einrichtung von Jnstructionscursen im Obst bau für Lehrer aus dem Bezirke Dresden-Land zu beauftragen. — Die gestrige Notiz betreffs der am 14. Juni d. Js. im Königreich Sachsen gefallenen Regenmenge ist dahin zu berichtigen, daß an je nen» Tage nicht 654,741000 Cubikmeter, son dern 354,741000 Cubikmeter oder Fnnfhundert- vierundsünfzig Milliarden Siebenhunderteinund- vierzig Millionen Liter oder Kilogramm fielen, welche Wassermaffe den Inhalt eines Würfels von 82IZ Meter Seitenlänge ausfüllen würde und welche derjenigen gleich kommt, die der Rhein bei Emmerich an der holländischen Grenze in 2 Tagen und 13 Stunden vorbeiführt. — Nach der neuesten Meldung aus Pirua ist der Zustand der drei schwerverwundeten Tho- mas'schen Kinder ein solcher, daß eine baldige Auslösung ebenfalls nur als eine Wohlthat des Himmels erscheinen würde. — Ueber eine aufregende Scene wird aus Cölln bei Meißen Folgendes berichtet. Es war um die Feierabendstunde, wo Alles nach Hause eilte und viele Menschen aus den verschiedensten Ständen harrten des Momentes, wo das Eisen- gitter wieder ausfliegen würde. Schon bog der Zug pustend und keuchend um den Martinsberg herum und die Locomotive wurde sichtbar, da plötzlich ein Aufschrei der versammelten Menge! — Dort mitten auf den Schienen steht ruhig und unbefangen ein kaum dreijähriger dicker klei ner Junge! — wie und woher er dahin gekom men sein mochte, ist Allen unbegreiflich; vielleicht war er neben den Eisenstangen durchgekrochen oder von der Brücke aus auf das Geleis ge schlüpft. Mit Blitzesschnelle stürzte sich ein Bahnbediensteter auf das Kind, hob es in seine Arme auf, that einen Schritt und — o Schre cken! — stürzte selbst mir dem Knaben auf die Schienen nieder! Der Zug aber raffelte über die Brücke daher, keine Secunde, und er mußte zur Stelle sein. Der Mann hat nicht Zeit zum Aufstehen; mit großer Geistesgegenwart wälzt er sich und das Kind durch einen einzigen Schwung hinüber an die Barriere, und erst während hinter ihm das dampfende Ungethüm vorüber donnert, steht er auf, hebt den Knaben hinüber auf die Straße, stäubt sich mit der Hand die Knie ab und eilt schnellen Schrittes dem Bahnhof zu. — Noch nicht haben die Eltern des glücklich geretteten Kindes erfahren können, wer der Brave gewesen ist. — UnglücksfSlle und Verbrechen. Ein eigen artiger Unglücksfall trug sich in Nanndors bei Freiberg zu. Die Frau eines dasigen Einwohners hatte sich seit langer Zeit dem Trünke ergebm und wurde in diesem Zustande auch am 10. d. wieder von ihrem Manne an getroffen, als dieser Mittags vom Felde heimkehrte. Da er nun kein Mittagsmahl vorfand, sah er in der Küche nach und fand eine Flasche Spiritus von einigen Litern Inhalt. Darüber aufgebracht, schleudert er der Frau die Flasche vor die Füße, der Inhalt bespritzt die Kleidung derselben und gleichzeitig den in der Nähe befindlichen Ofen, in welchem Feuer brannte, und im selben Augenblick steht die Frau in Hellen Flammen. Bei dem Versuche, die Frau von Len brennenden Kleidern zu befreien, wird er selbst erheblich verbrannt. Die Frau liegt nun hoff nungslos darnieder, und der Mann wird wohl Monate lang bis zu seiner vollständigen Heilung brauchen. — In Niedergräfenhain bei Geithain erbing sich ein 76jähriger Auszügler aus Lebensüberdruß. Tagesgeschichte. Deutsche- Reich. — Nach einem soeben aus Ferrol (an der Nordwestküste von Spanien) eingetroffenen Tele gramm ist das Kriegsschiff „Prinz Adalbert", an dessen Bord sich Prinz Heinrich, der zweite Sohn des Kronprinzen befindet, dort glücklich eingetroffen. — Die bedeutungsvollste Nachricht aus Berlin ist heute die, daß der Reichskanzler Fürst Bis marck die zeither interimistisch geführte Leitung des preußischen Handelsministeriums beibehalten wird. Der bisherige Oberpräsident von Schles wig-Holstein, v. Bötticher, ist zum Staalssecretär des Innern und zugleich zum Staatsminister er nannt worden. Man glaubt, daß in dieser Lö sung der vielbesprochenen Besetzungsangelegenheit der Reichskanzler das Mittel gefunden hat, der Regelung der gewerblichen und Verkehrsange legenheiten seine besondere Fürsorge zu widmen. In Verbindung damit bringt man die mehrfach erörterten Steuervorlagen der Reichsregierung, durch welche nach "ihrer Berathung seitens des Reichstags die Steuerreform zu einem Abschlusse gebracht werden soll. — Das Programm zu der am 15. October stattfindenden Feier zur Vollendung des Kölner Domes enthält namentlich folgende Punkte: Fest zug, welcher am Negierungsgebäude vor dem Kaiser vorüberzieht und auf dem Festplatze Auf stellung nimmt. Evangelischer Dankgottesdienst in der Trinttatiskirche im Beisein des Kaisers, der Kaiserin, des Kronprinzen, der Kronprinzessin rc. Hierauf begiebt sich die kgl. Familie in den Dom, wo ein Io veum stattfindet. Dann un terzeichnet der Kaiser auf der Kaisertribtine vor dem Dom die in den Schlußstein der südlichen Thurmkrone einzufügende Urkunde. Darauf fol gen Reden des Kaisers, des Oberpräsidenten der Rheinprovinz als Chefs der Dombauverwaltung, ferner des Dombauvereins-Präsidenten, schließ lich erfolgt unter Glockengeläute, Kanonendon ¬ ner und den Klängen des Liedes „Nun danket Alle Gott" die Einfügung des Schlußsteins in die letzte Kreuzblume. — Zu einer jetzt in Konstaüz stattfindenden großen Katholikenversammlung ist auch der alt katholische Professor Michelis gereist, um die Ultramontanen zu einer Disputation über die Frage herauszufordern, ob die Unfehlbarkeit des Papstes als wirkliches Dogma der katholischen Kirche anzuerkennnen sei oder nicht. Die als Flugblatt verbreitete Herausforderung erklärt, daß^ die päpstliche Unfehlbarkeit kein Dogma, sondern ein ungeheurer Betrug sei, durch den aber Keiner sich in seinem Glauben irre machen zu lassen brauche, dem vielmehr jeder Katholik und besonders jeder ehrliche Deutsche bis zum letzten Athemzuge widerstehen müsse. „Ich bin", schließt das Schriftstück, „in der römischen Versammlung oder in jedem anderen passenden Locale zur An nahme des Kampfes bereit. Wenn bis Montag Abend, den 13. d. M., keine Antwort auf diese Aufforderung erfolgt, so wird der Kampf als abgelehnt betrachtet, vr. F. K. Friedrich Mi chelis, Professor." — Die Stadt Bremerhaven beging am Sonn tag das Fest ihres 50jährigen Bestehens. Der Gipfelpunkt des Festes war die Grundsteinlegung eines Denkmals für einen Wohlthäter der Stadt, den Bürgermeister Johann Smidt von Bremen, den Begründer der Hafenanlagen. Ihr Dasein verdankt die Stadt regt eigentlich der Erbauung des für den Welthandel geeigneten Hafens an der Unterweser, mit dem der Aufschwung Bre mens, die Entstehung und Entwickelung Bremer havens und seiner Nachbarorte verknüpft ist. Die Zahl der in die Wesermündung einlaufenden Schiffe betrug 1879 etwa 4000. — Die Festungsartillerie in Mainz ist augen blicklich mit sehr interessanten Manövern beschäf tigt, indem vollständig kriegstüchtige Batterien in den Werken der Südfronte und Geschütze in Batterien gebracht werden. Es handelt sich um möglichst rasche Armirung der Festungswerke, wie eine solche im Kriegsfälle zu geschehen hätte. Die Leistungen der Mannschaft sollen ausge zeichnet sein. Oesterreich - Ungarn. — Der „Boh." zufolge ist die Hauptursache zur Errichtung neuer Jägerbataillone das in Bosnien bestehende Bedürfniß nach kleinen für den Gebirgskrieg ausgerüsteten Abtheilungen, welche zu selbstständigen Unternehmungen ge eignet sind. Frankreich. — Das „Journal des Döbats" macht sich lustig über die Ordensverleihungen, mit denen in letzter Zeit wieder starker Mißbrauch getrie ben worden. Es wird keine Statue errichtet, ohne daß ein Regen von rothen Bändern auf die Umstehenden herabträufelt. Es kann kein Minister oder Unterstaatssecretär mehr eine Reise machen, ohne unterwegs einige Ordenskreuze in klaffende Knopflöcher zu hängen. Ein Pariser Witzblatt brachte jüngst eine Carricatur Gam- betta's, wie er Frösche sängt; als Köder hängt er an seine Angelschnur Kreuze der Ehrenlegion. Holland. — Die Geburt einer Prinzessin ist im gan zen Lande mit großer Freude begrüßt worden, obgleich man einen Prinzen lieber gesehen hätte. Zwar sind nach der Verfassung bei gänzlichem Mangel an männlichen Erben auch die weiblichen zur Nachfolge auf dem Thron der Oranier be rechtigt. Die Möglichkeit dieses Falles liegt vor. Der Prinz von Oranien, der noch einzige Sohn des 64jährigen Königs aus dessen erster Ehe, wird sich schwerlich vermählens, noch auch ein hohes Alter erreichen, da er schwach und kränklich ist. Nach dessen Tode würde dann die neugeborne Prinzessin Thronerbin für die Niederlande sein. Anvers steht es aber mit Lu xemburg. Dort gilt keine weibliche Erbfolge; das Herrscherrecht würde also an den Nassaui schen Zweig der Familie Oranien, an den früher regierenden Herzog Adolf von Nassau, fallen. England. — Die Tagespreffe scheint im Allgemeinen