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in Lirculation geatzt worden waren, verschritt der Herr Vorsitzende zunächst zur Besprechung derjenigen Fragen, welche zu diesem Behuse aus der Mitte der Gemeinden schriftlich an die AmtShauptmannschast gelangt waren, er klärte hierbei Maßregeln wegen öffentlicher Bekanntmachung vergebens auSgepsändeter Abgabenresianten beziehentlich wegen Untersagung des WirthShauSbesucheS an dieselben — letzteres wenigstens soweit Solche« nicht schon in 8 134 der Armenordnung vorgesehen — für nicht zulässig und verwies wegen Einsührung von Gemeinderegulativen für das Einwohner, und Fremdenmrldewesen aus das in Flöha bestehende als das vollständigste, sowie wegen etwaiger Re- gulative, betreffend den Verkauf von Brod aus das von der AmtShauptmannschast seinerzeit heransgegebene, unter dessen Bestimmungen vielleicht noch eine solche über die Lonfiscation minderwichtiger Waaren aufznnehmen sein könnte. Nachdem hierauf die neuerlassenen Reichsgesetze vom 6. Mai dieses Jahres, betrcfscnd Ergänzungen und Aendernngen des Reichsmilitärgesetze» und vom 23. Juni deese» Jahres, betreffend die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen erläutert worden waren, und hierbei be züglich des ersten Gesetzes durch Abstimmung festgestellt worden war, daß die Mehrzahl der Anwesenden sür die Einberufung der der hiesigen Landbevölkerung angehörigen Ersatzreservisten abgesehen vom Winter den Herbst als die geeignetste Jahreszeit ansehen würden, gab der Herr Vor sitzende den Gemeindevorständen anheim, ob und inwie weit sie die bei der Königlichen Kreishauptmannschaft Zwickau, sowie auch in der letzten Sitzung des hiesigen Bezirksausschusses angeregte Frage, da« Verbot des Rau chen« und Feueranzünden» in Wäldern betreffend, im Wege ortspolizeilicher Regulative zu ordnen für nothwen- dig oder zweckmäßig erachten sollten. Ferner wnrde den Gemeindevorständen empfohlen, auch wenn Solches nicht ausdrücklich vorgeschrieben, im öffentlichen Interesse das auf Gemeindckoste» gehaltene Amtsblatt zugleich mit den Gesetz- und Verordnungsblättern öffentlich zu Jedermann« Einsicht auszulegen. Im Anschluß an bedauerliche Vor- fälle der letzten Zeit ermahnte der Herr Vorsitzende die Gemeinden nicht nur zu strenger und unausgesetzter Spar- samkeit im Gemeindehaushalte, sowie zur Vermeidung al ler nicht unbedingt nöthigen Creditausnahmen, sondern brachte auch die Frage in Anregung, ob den mit directer Kassensührung beauftragten Gemeindevorständen nicht viel- leicht durch Ortsstatut die Hinterlegung einer Caution zur Bedingung gemacht werden möchte, ein Gedanke, der allerseits Billigung fand. Zum Schluffe erklärte der Herr Vorsitzende, noch in al ler Kürze eine Angelegenheit berühren zu müssen, welche vor Monaten bereits einmal in die Oeffentlichkeit gezogen, in letzter Zeit abermals von der Chemnitzer Zeitung zum Gegenstände einer gehässigen und vielfach unwahren Be sprechung genommen worden sei, — nämlich die Angele genheit des Plaue'schen Anlagenregulativs. Wenn auch die fraglichen Artikel ihrer Natur und ihrem Ursprünge nach irgend welche Beachtung nicht verdienten, so seien ste doch ein Symptom dafür, daß und in welcher Weise be treffs der fraglichen Angelegenheit die Verbreitung unwah- rer, gegen die AmtShauptmannschast und den Bezirksaus- schuß gerichteter Behauptungen versucht würde. Letztmals solche zu characterisiren, halte er für erforderlich zur Wah rung des gegenseitigen Vertrauens zwischen ihm und den Gemeinden seines Verwaltungsbezirkes. An der Hand der Acten und unter Vortrag der betreffenden Actenstellen durch den mitanwesenden Bezirksassessor vr. Rumpelt legte der Herr Vorsitzende dar, daß die beiden in den genann ten Artikeln in erster Linie aufgestellten Behauptungen, 1) daß die Gemeinde Plaue den ihr von der Königlichen Kreishauptmannschaft Zwickau auferlegien Nachweis der Billigkeit und Zweckmäßigkeit ihrer, von dem Bezirksaus- schufst beanstandeten Progressionsscala erbracht, nichtsdesto weniger aber letztere erhöht habe, sowie 2) daß die Amts- hauptmannschast von der Gemeinde Plaue den Nichtabzug der Schuldzinsen bei Berechnung de« Einkommens neben der Beibehaltung des Präcipuums vom Grundbesitze ge fordert habe, der Wahrheit unmittelbar zuwiderlaufen, in dem zu 1) der Gemeindevorstand zu Plaue an Canzlei- stelle zu Protokoll erklärt und durch seine Unterschrift be stätigt hat, die Gemeinde vermöge den fraglichen Nachweis nicht zu erbringen und habe deshalb die Scala erhöht, zu 2) der Bezirksausschuß von vornherein seine Bedenken gegen das Präcipuum erhoben und seinen Beschluß, den Nichtabzug der Schuldzinsen zu fordern, aus Grund der Erklärung der Gemeinde, solchenfalls das Präcipuum fal len lassen zu wollen, gefaßt hat. Der Herr Vorsitzende schloß diese Darlegung, gegen welche von keiner Seite ein Widerspruch erhoben wurde, mit dem Wunsche, daß man hiernach auch die Glaubwürdigkeit etwaiger weiterer Be hauptungen beziehentlich etwaiger Verläumdungen beurthei- len möge, ein Wunsch, dessen Erfüllung nach der ihm ge- wordenen Aufnahme gesichert erscheinen dürste. — In der Stadtkirche zu Meißen sand am Mittwoch Nachmittag eine seltene Feierlichkeit, die Taufe eines einige 20 Jahre allen Mannes statt, der sich im November 1878 bei der dasi- gen Polizeibehörde als obdach-, mittel- und le gitimationslos angemeldet und vorgegeben hatte, er heiße Paul Schwenk, sei, soviel er wisse, am 20. Januar 1856 in Merseburg aus der Durch reise seiner Mutter geboren, weder getauft, noch habe er eine Schule besucht und sei seit frühester Jugend mit seiner Mutter aus Deutschland fort und ift Oesterreich, der Schweiz, Italien, Frank reich bei Gymnastikergesellfchaften gewesen. Vor 6 Jahren will er sich von seiner Mutter in ei nem Orte Italiens getrennt und nie wieder von derselben etwas gehört haben. Im März 1878 sei er wegen Legitimationslosigkett nach Deutsch land verwiesen worden. Derselbe hat sich zwar zum Militärdienst in Merseburg angemeldet, ist für brauchbar befunden, jedoch in Ermangelung eines Nachweises über seine Person nicht einge stellt worden. Schwenk, der in Meißen Arbeit fand, wurde damals der fernere Aufenthalt ge stattet, und hat er sich bis daher gut aufgeführt. — Die deutschen Färber und deren verwand ten Gewerbtreibenden, als Appreteure, Bleicher, Drucker und Wäscher, halten vom 1. bis 3. August in Leipzig einen allgemeinen Verbands- tag ab. — Localer Behinderungsgründe und sonstiger Verhältnisse wegen wird der für dieses Jahr in Freiberg in Aussicht genommene Sächsische Gemeindetag erst im nächsten Jahre daselbst ab gehalten. — Die erst kürzlich errichtete Herberge zur Heimath in Reichenbach erfreut sich eines so re gen Fremdenverkehrs, daß die 10 jetzt aufge stellten Betten in der Kürze um 5 vermehrt werden sollen. — Die Vorbereitungen zum Bau der neuen deutschen Uhrmacherschule zu Glashütte baden insofern begonnen, als 3 alte Häuser zur Gewin nung des Bauplatzes durch die freiwillige Feuer wehr niedergerissen worden sind. — Infolge anhaltender Trockenheit hat sich bei der städtischen Wasserleitung in Reichenbach Wassermangel fühlbar gemacht. Der Nath em pfiehlt darum den Einwohnern die möglichste Sparsamkeit beim Verbrauch des Wassers zum Haus- und Wilthschaftsbedarfe. Zugleich wird auch das Entnehmen von Master zu gewerblichen, Fabrik- und Bauzwecken untersagt. — Wie die Zitt. Morgenztg. neuerlich mit- theilt, haben einige daselbst angestellte Recherchen über die in der Stadt herrschenden Wucherver hältnisse geradezu haarsträubende Resultate er geben. Es existiren in Zittau Pfandleiher, die bei vollem Faustpfand 180 Proc. (von 1 Mark pro Monat 15 Pf.) sich zahlen lassen. Der gewöhnlichste Zinsfuß der reinen Geldwucherer schwankt zwischen 30 bis 80 Proc., ja selbst an gesehene Mitglieder der Stadtgemeinde sollen geschäftsmäßig zu 12 Proc. Gelder ausleihen. Jetzt wird auch bekannt, daß der Selbstmord einee Beamten, der im Monat Juni in Zittau stattfand, auf das Drängen einiger solcher Blut sauger zurückzuführen ist. Wie stark die Erbit terung gegen die Wucherer ist, dürfte aus dem Umstande erhellen, daß auf dem Grabe eines früheren Geldverleihers zwei aus Stricken ge flochtene Kränze aufgefunden wurden. — Unglückssälle und Verbrechen. Einige in den letzten Tagen in Reichenbach, dem dortigen Amtsblatte zufolge, nach dem Genüsse neuer Kartoffeln vorgekommene Krankheitsfälle mahnen zur Vorsicht; mehrere Personen, die ihren Durst darauf mit Wasser gestillt haben, sind erkrankt. — Bei dem gestern aus Kirchberg berichteten Schadenfeuer verunglückte ein Feuerwehrmann aus Wil denfels, indem er vom 2. Stockwerk herabstürzte. Zu seinem Glücke fiel er aus einen andern Feuerwehrmann, wodurch er diesen zwar niederschlug, doch soll Letzterer ohne Schaden davon gekommen sein, während Ersterer eine Verstauchung der Hände erlitt. Tagesgeschichte. Deutsches Reich. — Der Kronprinz des Reichs hat sich von Swinemünde aus mit dem Panzergeschwader nach Kiel begeben und wohnte von dort aus zu nächst den bei Friedrichsort ausgeführten Tor pedo- und Mineübungen bei, bei welchen die Sprengung des „Barbarossa" erfolgte, der auf den ersten Schuß sank. In Kiel ging sodann der Stapellauf der Panzercorvette 0 von Stat ten, welche bei der Taufe den Namen „Ba den" erhielt, wobei der Kronprinz folgende Worte sprach: „Möge das Schiff, welches hier getauft werden soll, seines Namens würdig sein, denn es soll uns an den Namen des edeln, schönen, an des Reiches Mark gelegenen Landes erinnern, besten erlauchter Fürst durch die zar testen Bande mit dem Kaiser und seinem Hause verbunden ist und der als ein leuchtendes Vor bild unter den deutschen Fürsten von uns ver ehrt wird " — Die „Baden" ist die vierte Pan- zercorvette und hat als Bruderschiffe „Sachsen", „Baiern" und „Württemberg". Diese Schiffe sind hauptsächlich zur Küstenvertheidigung be stimmt und haben nur einen Tiefgang von ca. 6 Meter, um alle grüßen Häfen der Ostsee an- lanfen zu können. — Preußen. Zur Ausführung des Kirchen gesetzes, welches erst am 4. August in Wirksam keit treten soll, liegt bereits eine erste Meldung vor. Einem seit fünfeinhalb Jahren gesperrten Caplan in Westfalen ist die sofortige Wieder aufnahme seiner Amtsverrichtungen gestattet wor den. Es ist anzunehmen, daß auch die übrigen Verwaltungsbehörden in Preußen ähnliche An weisungen erhalten. Wie man sieht, beeilt sich Hr. v. Puttkamer, seine Friedensliebe practisch zu erweisen. — Der von seinen frühern Genosten aus der socialdemokratischen Partei ausgestoßene Hassel mann fährt in seinen „Enthüllungen" fort. Neuerlichst beschuldigt er in dem von ihm her ausgegebenen Preßorgan „Der Deutsche" Hasen clever der Mitarbeiterschaft an einer conservati- ven Zeitung zu der Zeit, da er Präsident des Allgemeinen deutschen Arbeitervereins und social demokratischer Reichstagsabgeordneter war; er citirt einen Brief Hasenclever's, worin dieser sich erbietet, gegen Bezahlung die Thaten Bismarck's zu verherrlichen, — er beschuldigt Hasenclever weiter, daß dieser die intimsten politischen Be ziehungen zu dem bekannten Agenten des Geh. Naths Wagener, Rudolf Meyer, gehabt, und wei ter heißt es: „Diese Verhältnisse waren seit 1874 und 1875 fast allen hervorragenden Führern der Socialdemokratie bekannt; aber obschon Has selmann wiederholt forderte, man solle Rechen schaft hierüber abhalten, ward Alles vertuscht. Wahrscheinlich geschah das, weil Hasenclever und Tölcke den Herren Liebknecht und Bebel gegen über folgende Anklage zu erheben drohten: „Tölcke erbot sich zum Beweis, wie er sagte, mit Hilfe der Gräfin v. Hatzfeldt, daß das von Lieb knecht und Bebel seiner Zeit in Leipzig heraus gegebene „demokratische Wochenblatt" vom ver triebenen König Georg von Hannover subven- tionirt worden sei und zwar auf die Weise, daß durch den Banquier Fränkel in Leipzig auf 700 Exemplare des Blattes abonnirt wurde." End lich wird von Hdsselmann der Vorwurf erhoben, von Seiten eines socialistischen Reichstagsabge- ordneten sei eine Sammlung für die auf Grund des Socialistengesetzes aus Berlin-Ausgewiesenen eingeleitet worden, über die noch nicht Rechnung abgelegt sei, obwohl sie über 16000 M. er geben habe, indeß die Berliner Familien nur von 1300 M. ihnen zugeflossener Gelder wüßten. England. — Aus Afghanistan kommt wieder die Kunde von einem schweren blutigen Verluste: die ganze britische Brigade, welche bei Kandahar stand, ist vernichtet worden. Der Telegraph meldet bis jetzt darüber: General Burrow, dessen Colonne etwa 3000 Mann stark war, erlitt durch die auf etwa 13000 Mann geschätzte Armee Ajub Khan's eine ernstliche Niederlage; die Verluste sind be deutend, die englischen Streitkräfte wurden zer streut und mußten die Flucht ergreifen, wobei sie auf eine Entfernung von 3 Meilen vom Feinde verfolgt wurden. Jetzt kommen sie in kleinen Abtheilungen in Kandahar an. Zwei Kanonen wurden vom Feinde genomnien. Vom Heimath- lande werden schleunigst Verstärkungen nach In dien gesendet. — Kabul und Khaiber-Paß sind von jeher für jedes britische Ohr Worte voll schlimmster Bedeutung. Im Khaiber-Paß metzel ten vor 40 Jahren die Afghanen das ganze britische Heer unter General Elphinstone nieder. Nur einen Briten ließen sie entfliehen, damit er seinen Landsleuten in Indien Kunde brächte von dem schrecklichen Schicksal, welches die stolze und zuerst siegreiche Armee in den Engpässen bei Ka bul ereilt habe. Vor Jahresfrist fiel in der af ghanischen Hauptstadt selbst; in Kabul, die bri-