Volltext Seite (XML)
gelung, im Besitze des 6. und 7. Buches Moses zu sein und damit Wunder vollbringen zu kön nen, verschiedene Werthstücke abgelockt hatte, an die Staatsanwaltschaft einzuliefern. — UnglückssäUe und Verbrechen. Infolge ei nes Schlaganfalls starb am Montag früh beim Baden in der Elbe zu Dresden plötzlich der Oberforstmeister Rudorf. — Beim Baden in einem Teiche bei Auerbach nahm am Sonntag ein 21jähriger junger Mann einen 13jLhrigen Schulkna ben aus den Rücken und ging so mit diesem, wahrschein> lich um ihn zu ängstigen, tiefer und tiefer m das Was ser, wobei der Knabe aber den Hals seines Trägers so krampfhaft packte, daß dieser den Athem verlor und mit seiner Last sank und ertrank. — Auf eigenthümliche Weise kam in der Nacht zum Sonnabend in Leipzig ein 35jäh- riger Buchhändler ums Leben: bei der Heimkehr ist er je denfalls auf der Treppe zum Fallen gekommen, hat da bei ein Stück Treppengeländer herabgerissen und ist mit Lem Halse so zwischen die Stäbe des Geländers zu liegen gekommen, daß er sich nicht wieder zu befreien vermochte und schließlich erstickt ist. — Der gestern aus der Nähe von Gera berichtere Muttermord bestätigt sich glücklicher weise nicht. Die Mutter, eine zänkische Frau, ist aller dings von dem Sohne gemißhandelt worden und lag eine Zeit lang anscheinend leblos am Boden; eine Axt hat der Sohn mcht gebraucht. Tagesgeschichte. Vor zehn Jahren. 20. Juli. Der Nord deutsche Reichstag nimmt einstimmig und ohne Discussion eine Adresse an den König von Preu ßen als Erwiderung auf die Thronrede an, in welcher es heißt: Wie in der ruhmreichen Zeit der Befreiungskriege zwingt uns heute wieder ein Napoleon in den heiligen Kampf für unser Recht und unsre Freiheit. Wie damals, so werden heute alle aus die Schlechtigkeit und Untreue der Menschen gestellten Berechnungen an der sittlichen Kraft und dem entschlossenen Willen des deutschen Volkes zu Schanden. . . . Das deutsche Volk weiß, daß ihm ein schwerer und gewaltiger Kampf bevorsteht. Wir vertrauen der Tapfer keit und der Vaterlandsliebe der bewaffneten Brüder, so wie dem unerschütterlichen Entschlusse de« einigen Volkes, alle Güter dieser Erde daranzusetzen, nicht zu dulden, daß der fremde Eroberer dem deutschen Mann den Nacken beugt; wir vertrauen der erfahrenen Führung des greisen Heldenkönigs, des deutschen Feldherrn, den die Vorsehung beschieden hat, den großen Kampf, den der Jüngling vor mehr als einem halben Jahrhundert kämpfte, am Abend feines Lebens znm entscheidenden Ende zu führen; wir vertrauen Gott, dessen Gericht den blutigen Frevel straft. Von den Usern de« Meere« bi« zum Fuße der Alp.en er hob sich da« Volk aus den Rus seiner einmüthig zusam- menstehenden Fürsten. Kein Opfer ist ihm zu schwer. Die öffentliche Stimme der civilisirten Welt erkennt die Gerechtigkeit unserer Sache; die befreundeten Nationen se hen in unserm Siege die Befreiung von dem auch aus ihnen lastenden Drucke der bonapartistischen Herrschaft und die Sühne des auch an ihnen verübten Unrecht« ; das deutsche Volk aber wird endlich auf der behaupteten Wahl- statt den von allen Völkern geachteten Boden einer fried- lichen und freien Einigung finden. Bundeskanzler Graf Bismarck legt darauf Ac- tenstücke über den Kriegsfall mit der Erklärung vor, daß die Regierung nur ein amtliches Acten- stück feiten der französifchen Regierung besitze: die Kriegserklärung; alles Uebrige beziehe sich nur auf Gespräche, die Benedetti mit dem Kö nige in Ems gehabt Habs. Dabei kommt er auf den schon erwähnten Vorgang im französischen Gesetzgebenden Körper, in welchem ein Zeitungs telegramm als deutsche Note bezeichnet ward, weshalb Minister Ollivier sich recht wohl weigern mußte, diese angebliche Note vorzulegen. — Die Rüstungen in Deutschland werden eifrig fortge setzt, die amtliche Prov.-Corr. bemerkt dazu, die deutschen Heere würden baldigst zur Abwehr des Feindes getrost hinausziehen können und obwohl die französischen Rüstungen schon lange vorbe reitet seien, werde dies Dank der trefflichen Or ganisation des Bundesheeres sehr bald ausge glichen sein; „wir wollen uns fern halten von Ueberhebung, zu Kleinmuth aber haben wir kei nen Grund." — Die hessische Abgeordnetenkam mer bewilligt einstimmig den Militärcredit und eine Anleihe und bringt dem Grvßherzog und dem Bundesfeldherrn ein enthusiastisches Hoch. — Der französische Gesandte am Stuttgarter Hose erhält von der württembergischen Negierung den Bescheid, daß Württemberg am deutschen Nationalkriege theilnimmt. — Französische Kriegs schiffe zeigen sich schon bei der Insel Borkum an der Küste von Ostfriesland. — Die deutschen Gesellschaften in den großen Städten der Ver einigten Staaten Nordamerikas haben bereits bedeutende Geldsummen für die Wittwen und Waisen der im bevorstehenden nationalen Kriege bleibenden Soldaten gezeichnet. Die Dampf schifffahrt von New-Mork nach Deutschland durch deutsche Dampfer ist geschlossen. Deutsches Reich. — Nachdem er auf der Insel Mainau noch den Besuch des Königs und der Königin von Württemberg empfangen, ist Kaiser Wilhelm am 18. von dort über Lindau, München, Rosenheim, wo ihm überall begeisterte Ovationen gebracht wurden, nach Gastein abgereist, wo er am 19. eintraf, vom Publikum lebhaft und freudig be grüßt. Bei der Rückreise von Gastein wird eine Begegnung mit dem Kaiser von Oesterreich statt finden. — Der Centralausschuß für das unmittelbar bevorstehende 5. deutsche Turnfest zu Frankfurt a. M., an dessen Spitze Oberbürgermeister vr. Miquel steht, hatte Einladungen zum Feste an den Kaiser, den Kronprinzen und den Reichs kanzler ergehen lassen. Die Genannten lehnten die Einladung aber mit Dank ab: nach dem Wortlaut ihrer Schreiben der Kaiser, weil er sich in jenen Tagen in Gastein zum Kurgebrauch aufhält, der Kronprinz, weil ihn eine Flotten- inspection an die Ostsee ruft, und Fürst Bis marck aus Gesundheitsrücksichten. — Die Bewegung um Herabminderung der Gerichtskosten nimmt nachgerade eine Stärke und Heftigkeit an, welche die vollste Beachtung Her vorrufen muß. Wo immer in den verschieden artigsten Versammlungen, Handelskammer- und Gewerbekammerberichten und dergleichen unsere öffentlichen Zustände auf wirihschafllichem Gebiete beleuchtet werden, ertönen die lebhaftesten Klagen über die übermäßige Höhe der Sätze des Gerichls- kostengesetzes. Es wird allgemein hervorgehoben, daß durch die übermäßige Vertheuerung des Rechtssuchens geradezu eine Nechtsunsicherheit einzureißen drohe. Diese Bewegung entspringt thatsächlichen, sehr empfindlich fühlbaren Uebel ständen und wird darum nicht erlöschen, ehe sie ihr Ziel erreicht hat. Sie ist keineswegs eine Parteisache, an der Rechtssicherheit und Wohlfeil heit der Justiz hat Jedermann ein gleiches In teresse. — In der Ende December stattgefundenen Ausschußsitzung des deutschen Handelstages war beschlossen worden, von allen Handelskammern Gutachten darüber zu verlangen, in welcher Weise eine Neuorganisation derselben anzubahnen sei, und ob es sich empfehle, daß durch Neichs- gesttz eine ständige öffentliche Vertretung von Handel und Industrie, also eine Art oberster Nath in dieser Richtung (analog dem in Frank reich bestehenden) geschaffen werde. Die meisten bisher eingelaufenen Gutachten sprechen sich nun durchaus gegen eine solche Einrichtung aus. — Die Nordsee-Fischer klagen nach Berichten aus Bremerhaven sehr darüber, daß sie neuer dings fast täglich in der Ausübung ihres Berufs durch die in der Nordsee sich befindenden und sich daselbst als alleinige Herren geberdenden englischen Fischer gestört würden. Regelmäßig, ausgenommen wenn, was aber nur höchst selten der Fall ist, ein deutsches Kriegsschiff in Sicht ist, überschreiten die englischen Fischerboote die ihnen gesetzlich zustehenden Gewässer, nähern sich mit Uebermacht den deutschen Fischern und ver treiben diese nicht allein von ihren Fangplätzen, sondern bringen Leben und Gesundheit der deut schen Fischer in Gefahr. Alle bisherigen Recla- mationen haben zu nichts geführt. — Die vom Reichstage gefaßte Resolution betreffs der Beschränkung der Wechselfähigkeit und die in jener Angelegenheit an die Bundes regierungen gerichteten Anfragen haben diese für die deutschen Creditverhältnisse überaus wichtige Frage in den Vordergrund der öffentlichen In teressen gedrängt. Von Wichtigkeit ist, daß eine Menge Genoffenschaften, Gewerbevereine, Han- delscorporationen und andere industrielle Ver einigungen gegen die Beschränkung der Wechsel fähigkeiten ausgetreten sind und auch in der Presse Stimmen laut werden, welche rathen, über die durch das Wuchergesetz vereinbarten Maßregeln nicht hinauszugehen, vor Allem jede Einschrän kung zu vermeiden, die dazu führen könnte, das gewerbliche Creditwesen zu schädigen. — Von Seiten einer größeren Anzahl Frauen und Jungfrauen in Frankfurt a. M. wurde die patriotische Idee gefaßt, der deutschen Turner- schaft das bis jetzt fehlende Symbol der Zusam mengehörigkeit, eine Bundesfahne, zu stisten. In kurzer Zeit sind hierzu von Freunden der Sache 3500 M. beigesteuert worden. Die Fahne ist jetzt fertig gestellt und zwar in Form einer Kirchenfahne. Sie zeigt auf der Vorderseite im Mittelfeld den Reichsadler von einem Eichkranze umgeben, während die rothseidenen übrigen Fel der und die blauen Friese von Samwt mit rei cher stylvoller Goldverzierung bedeckt sind. Die Rückseite ist in gleicher Weise eingetheilt und zeigt im Mittelfeld das Turnerwappen. Reiche Fran sen und Quasten vollenden die Composition und wird das Ganze überragt von einer vergoldeten Eule, welche die Fahne scheinbar trägt. — Die deutschen Buchbinder werden zum er sten Male im August d. I. in Dresden tagen und nach Constituirung eines deutsch-österreichi schen Buchbinderverbandes, der auch auf die deutsche Schweiz ausgedehnt werden soll, an die wichtigsten Fragen zur Abhilfe ihres Gewerbes gehen. Oesterreich - Ungarn. — An allen Enden des Reiches wird der Kampf gegen die deutsche Sprache fortgesetzt. Im krainischen Landtage forderten slovenische Abgeordnete, man sollte das Beispiel Ungarns nachahmen und die deutsche Sprache aus Schule und Amt ausmerzen. In Trient wagte es ein Bezirksgericht, eine demsche Eingabe mit dem italienisch geschriebenen Bescheide zurückzuweiseu, daß nur italienische Eingaben angenommen wer den können. Der letztere Fall ist geradezu un erhört, und man ist mit Recht gespannt darauf,, ob diese Kühnheit des Trienter Gerichtes ohne Ahndung bleiben werde. — Der Festzug des ersten österreichischen Bun- desschießens, der sich am Sonntag unter stürmi scher Begrüßung der Bevölkerung durch die Stra ßen von Wien bewegte, gestaltete das Fest zu einem internationalen, denn an der Spitze der ausländischen Schützen marschirten die Amerikaner mit dem Sternenbanner, die Belgier mit der schwarzgelbrothen und die Deutschen mit der schmarzweißrothen Reichfahne. Hierauf kamen englische Rifleman, französische Schützen, italieni sche Bersagliere aus Verona und mehreren an deren oberitalienischen Städten mit der Tricolore und endlich in langen Zügen die Schweizer — wohl 400 an der Zahl; diese wurden überall stürmisch begrüßt und antworteten darauf mit ihrem landesüblichen Juchezer. Den Schweizern folgten die Ungarn, die Siebenbürger, die Gali- zianer, Bukowiner undDalmasiner, diesen unter Jauchzen, Johlen und Singen die Kärnlhner und Krainer, Steierer und Salzburger ist bäuer licher Schützentracht mit Lederhosen, Kniestrumpf und beschlagenen Schuhen, Brustlatz und Leder gürtel, und dann die Tiroler mit der alten Auf gebotfahne von 1809. Die Fahnenweihe wurde in Gegenwart des Kaiserpaares durch den Kar dinal Kutschker vollzogen, worauf die Kaiserin das von ihr für die Bundesfahne gespendete Band, welches die Inschrift trägt: „Dem öster reichischen Schützenbunde die Kaiserin Elisabeth 1880" am Banner befestigte. Bei deni der Fah nenweihe folgenden Festbankette gaben die Toaste durchwegs dem Gedanken des großen österreichi schen Vaterlandes Ausdruck. Frankreich. — Die Berichte aus der Provinz sagen, daß beim Nationalfeste überall Militär und Civil mit einander fraternisirten. Viele Städte gaben öf fentliche Freitische, und selbst die kleinsten Dörfer schmückten ihre Häuser, Mairien und Kirchthürme festlich aus, illuminirten und ließen Raketen auf- Mgen. — Während man in Frankreich das Fest der politischen Unabhängigkeit und militärischen Um wandlung feiert, liegt, wie aus Madrid geschrie ben wird, Marschall Bazaine, der Kapitulant von Metz, im Sterben. Seiner Umgebung gegenüber drückte er den Wunsch aus, man möge feine-