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^FiMssK^^ Amtsblatt der König!. Amtshauptmannschaft Flöha, des König!. Amtsgerichts und -es Stadtraths M Frankenberg. Erscheint täglich, Illit Ausnahme der Sonn- und Festtage, Abends für den folgenden Tag, — Juseratcn-Annahme für die jeweilige Abend-Nummer bis Bormittags 10 Uhr, Zu beziehen durch alle Postanstalten, Preis Vierteljahr!, 1 50 H, Einzelne Nummern 5 H, Jnferate werden mit 8 Pf, für die gespaltene CorpuSzeile oder deren Raune berechnet, Geringster Jnseratenbetrag so Pf, Com- plicirte oder tabellarische Inserate nach Uebereinkommen, Wochenschau. Die erste parlamentarische Körperschaft, die sich nach einer überaus langen, mühevollen und aufregungsreichen Sitzungsperiode Ferien gab, war der Bundesrath. Er machte noch einmal von sich sprechen, indem er seinen Widerstand gegen das vom Reichstag präsentirte Theaterge setz rasch aufgab und die Beschränkungen der Theaterfreiheit, wie die konservative und die Centrumspartei sie im Reichstage beschlossen, auch seinerseits annahni. Den Mitgliedern des Bundesrathes, die diesmal in einer schwierigen Reichstagssession sich ohne den Beistand des Für sten Bismarck dem Parlament gegenüber behel fen mußten, die so unsanft aufgeschreckt worden waren durch die Kanzlerkrisis, deren Anlaß sie gewesen, den vielgeplagten Vertretern der Bun desstaaten in der Reichshauptstadt ist die Erho lung wohl zu gönnen. Ihnen folgte die Bot- schafterconferenz, die nach kaum 14tägigen be quemen Berathungen eine neue akademische Grenze für Griechenland gefunden hatte, und endlich schloß auch die bewegte preußische Landtagsses sion nach Annahme des kirchenpolitischen Gesetzes durch das Herrenhaus. Diplomaten, Parlamentarier, Minister sind nach und nach ausgeflogen, still und öde ist es in der Reichshauptstadt, und die Zeitungen könn ten die der Politik gewidmeten Spalten schlie ßen, wenn nicht das Ausland freundlichst für aufregenden Stoff sorgte. Da ist zunächst in Frankreich der Kampf um das Amnestiegesetz uMdie Jesuiten-Austrei- bung. In Bezug auf die Amnestie wirkt die Regierung selbst auf eine Verständigung hin zwischen dem Abqeordnetenhause, das eine unbe schränkte Amnestie will, und dem Senat, der die Mörder und Brandstifter ausschließt. In Be zug auf die Jesuitenaustreibung erwartet man gespannt das Urtheil der Gerichte, an die sich die Jesuiten klagend gewandt haben. Vor dem Richter soll sich übrigens auch in England eine Streitsache entscheiden, die im Parlament bereits beigelegt ist. Der Eidverwei gerer und Atheist Bradlaugh hat im Parlament seinen Sitz bereits eingenommen, wird sich aber in der Eidfrage auch vor dem Richter zu ver- theidigen haben, doch hat er von diesem nur we nig zu fürchten, da das Unterhaus seinen schü tzenden Arm über den Verfolgten ausstrecken wird. In Schweden finden neue Verhandlungen zur Regelung der Landesvertheidigung statt, ein Zwiespalt zwischen Regierung und Volksvertre tung in Norwegen harrt noch der Ausgleichung. Rußland verdankt dem segensreichen Wirken Loris-Melikoff's eine Zeit verhältnißmäßiger in nerer Ruhe. Der General will sein System der Milde soweit ausdehnen, beim Kaiser Ale xander einen Amnestieerlaß für die politischen Flüchtlinge zu erwirken. Ein Krieg mit China gilt für unvermeidlich. Die spanischen Cortes sind geschloffen, der Hof hat sich nach La Granja begeben. In Madrid behauptet man, in Cuba sei der Friede wieder vollständig hergestellt. Die Regierung unterhandelt mit mehreren Staaten über den Abschluß von Handelsverträgen. Die italienischen Kammern haben das Budget erledigt. Der grundsätzliche Kampf ge gen das Ministerium ruht augenblicklich. In Oesterreich ist es nach dem Eintritt der neuen Minister in das Cabinet Taaffe et was ruhiger geworden. Mit um so größerer Aufmerksamkeit und Spannung sieht man der Aufnahme entgegen, welche der europäische Schiedsspruch am Bosporus und am Piräus fin den wird. Das Endurthei! der Conferenz facht die O r i ent- frage aus's Neue zur Hellen Flamme an. Das diplomatische Schiedsgericht sprach Griechenland weite Strecken türkischen Gebietes zu. Natürlich soll König Georgios sich das ihm zugesprochene Geschenk jetzt selbst holen und dieser Umstand giebt der Sachlage erst die unheilbedeutende Wendung. Die Staatskünstler haben den Nach kommen des Achilles natürlich die Zukunfsgrenze nur so platonisch ausgesteckt, und „hilf dir selbst" lautet die Antwort auf die griechischen Bitten um Vollstreckung des Urtheils. Man trifft auch bereits Vorkehrungen dazu in Athen. Die Regierung des Königs Georg wird sofort, nach dem die Großmächte ihr die Conferenzbeschlüsse übermittelt haben werden, eine Note an die Pforte richten, mit der „Einladung", ihr Thessa lien und Epirus gemäß den genannten Beschlüssen abtreten zu wollen. Dieser „Einladung" sollen zwei Armeecorps Nachdruck verleihen, deren eines 28000 Mann stark nach Epirus, das an dere, mit 16000 Mann, nach Thessalien abgeht. Daraus ergiebt sich, daß die Berliner Nachconse- renz, der man anfangs nur akademische Beschlüsse zumuthete, doch noch ein ganz nettes Kriegsspiel in Scene zu setzen verspricht, denn auch die Pforte sieht nicht müßig zu. Der Sultan ist n düsterer, fast hoffnungsloser Stimmung. Er st von der Ueberzeugung durchdrungen, Europa habe den Wunsch, sein Reich gänzlich zu vernich- en, die Mohamedaner nach Asien zurttckzu- drängen. OertlicheS und Sächsisches. Frankenberg, 9. Juli 1880. t Herr k. vr. MI. Fernbacher zu Seifersbach ist am 6. d. vom Kirchenvorstande zu Dorf Weh len einstimmig zum Seelsorger dieser Gemeinde erwählt worden. Sein Vorgänger im neuen Amte war bekanntlich der neue Ephorus unserer Parochie, Hr. Sup. Prof. Michael zu Chemnitz. s Die Altbairische Passionsspiel-Gesellschaft setzt trotz des nicht gerade zahlreichen Besuches ihre Vorstellungen bis Sonntag unverdrossen fort und beabsichtigt Sonnabend und Sonntag Nachmittags je von 4 Uhr an noch Extra-Vor stellungen einzuschalten und zwar am ersten Tage im Interesse der Schuljugend, am Sonntag aber zur Bequemlichkeit auswärtiger Besucher, um sol chen die Heimkehr zu zeitiger Abendstunde zu er möglichen. 1' Das Gewitter, das gestern Mittag in un serer Pflege sich während einer halben Stunde mit wolkenbruchartigem Regen und vereinzelten Schloßen entlud, hat die Wilsdruffer Pflege em pfindlich getroffen, indem dort die Fluren von Burkhardtswalde bis Wilsdruff von starkem Hagelschlag schwer geschädigt sind. Viele Vögel sind getödtet und verletzt vorgefunden worden. — Bad Elster zeigte zur Feier des Besuches Sr. Maj. des Königs eine prachtvolle Illumi nation. Noch am Abend seiner Ankunft besich tigte der König das Badehaus, die Quellen rc.; am andern Tage begab er sich bereits früh 7 Uhr per Wagen über Adorf nach Markneukir chen und von hier nach Besichtigung mehrerer Jnstrumentenfabriken und einer Ausstellung von Musikinstrumenten mit Extrazug über Rauten- krauz und Wilzschhaus nach Eibenstock. Nach hier eingenommenem Dejeuner begab sich der Kö nig zu Pferde nach dem Auersberge und von diesem nach Wildenthal zurück, von wo aus er die Reise per Wagen nach Johanngeorgenstadt fortsetzte, das Abends 8 Uhr erreicht wurde. Auch in allen auf dieser Tagesreise berührten Orten zeigte der begeisterte und herzliche Em pfang die Liebe und Verehrung, die auch unsere wackere Gebirgsbevölkerung dem königlichen Herrn entgegenbringt. — Ueber den am vorigen Sonntag in Leip zig stattgefundenen Empfang der Präsidentschaft, der Räthe und der Hilfsrichter des Reichsgerichts, sowie der Mitglieder der Reichs- und Rechtsan waltschaft am obersten deutschen Gerichtshof in feierlicher Audienz bei Sr. Maj. dem König Albert schreibt man der Augsb. Allg. Ztg. Folgendes: Präsident Simson hielt eine längere Begrüßungs rede an den König, in der er unter Anderm be merkte: Se. Maj. sähen in den Mitgliedern des Reichsgerichts Vertreter von allen Staaten und Stämmen Deutschlands um sich vereinigt. Wie seine Zusammensetzung, so seien auch die Zwecke des Gerichts allgemein deutsche. Der oberste Ge richtshof der deutschen Nation diene keinem ein zelnen Lande, er diene nur dem Reiche. Allein die Mitglieder des Gerichts seien dem sächsischen Landesherrn zu Dank verpflichtet, daß sie unter seinem Schutz und Schirm in Leipzig wohnen und ihres Amtes walten können. Der Präsi dent empfehle das Reichsgericht dem fortdauern den Wohlwollen Sr. Majestät, der durch sein mächtiges Schwert im Kriege wie durch seinen Rath im Frieden so viel zur Einigung Deutsch lands und mittelbar damit auch zur Schaffung der Rechtseinheit und Errichtung des Reichsge richts beigetragen habe. Mit weithin vernehm licher Stimme antwortete König Albert: daß er die Errichtung des deutschen Reichsgerichts und die Wahl Leipzigs als Sitzes des Gerichts mit Freude ausgenommen hqbe. Die Stadt Leipzig, welche schon zuvor in fielen Beziehungen her-