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M IS4 - Sonnabend, den Z. Juli. 1880 Amtsblatt der Äönigl. Amtshauptmannschaft Flöha, -es Königl. Amtsgerichts und -es Stadtraths M Frankenberg. Erscheint täglich, mit Ausnahme der Sonn- und Festtage, Abends für den folgenden Tag. — Jnseralen-Annahme für die jeweilige Abend-Nummer bis Vormittags 10 Uhr. Zu beziehen durch alle Postanstalten. Preis vicrteljährl. 1 50 H. Einzelne Nummern 5 H. Inserate werden mit S Pf. für die gespaltene Corpuszeile oder deren Raum berechnet. Geringster Jnseratenbetrag 20 Pf. Com- plictrte oder tabellarische Inserate nach Ueberetnlommen. Bekanntmachung. Der Gemeinderath zu Sachsenburg hat die Einziehung des von dem sogenannten Forstwege nach dem Dorfwege und dem Sachsenburg- Schönborner Communicationswege über die Parzellen 138, 133, 140, 115, 150 des Flurbuchs für Sachsenburg führenden öffentlichen Fußsteiges — soweit derselbe nicht in Kammergutsflur gelegen — be schlossen. Es wird dies hierdurch mit dem Bemerken zur öffentlichen Kenntuiß gebracht, daß etwaige Widersprüche dagegen bei deren Verlust ! binnen drei Woche«, vom Erscheinen dieser Bekanntmachung an ge- ' rechnet, hier anzubringen sind. Königliche Amtshauptmannschaft Flöha, am 30. Juni 1880. In Stellvertretung: vr. Rumpelt, Bezirksassessor. Dch. Im Monat Juli ist zu bezahlen: das GckeikxvLÄ, die L1nk«»i»n»vii8t»u«r pro 2. Termin. Stadtsteuer-Einnahme Frankenberg, am 2. Juli 1880. Wochenschau. Wohlthätig ist des Regens Kraft wie die des Feuers, doch auch von ihr gilt, was der Dich ter weiter über die schlimmen Neigungen und Angewohnheiten der Elemente sagt. „Wehe, wenn sie losgelaffen, wachsend ohne Widerstand", so heißt es auch in ihrem Führungszeugniß und sie haben sich auch in der letzten Zeit ihren cul- turfeindlichen Gefühlen viel zu eifrig hmgegeben. Ein Wort von sehr üblem Klange tauchte in den Blättern auf: Mißernte. Die allgemeinen Befürchtungen haben ihren Ausdruck gefunden in einer Interpellation, die vor wenigen Tagen im preußischen Abgeordneienhause gestellt wurde und sich insofern als sehr wohlthätig erwies, als die Antwort der Regierung einige Beruhi gung brachte. Die amtlichen Berichte lauten wieder bester, die Saaten erholen sich vielfach, die Angst der Bevölkerung war zu weit gegan gen und für jeden Fall ist die Regierung dar auf bedacht, etwaigen Nothständen gegenüber ge rüstet zu sein. Die preußische Negierung selbst, die den Landtag so erfolgreich über den Umfang der Mißernte tröstete, hatte gerade im Landtag wenige Tage darauf unter dem Mißwachs die ses Jahres zu leiden. 11 Kirchengesetz-Para graphen hatte sie in den allerdings legislatorisch nicht eben fruchtbaren Boden des Abgeordneten hauses gesäet und mit vieler Mühe hat sie nur 7 dürftige, zum Theil stark beschädigte Para graphen gerettet. Sie hat es an Sorgfalt nicht fehlen lasten, hat sich wacker angestrengt, den Bo den tüchtig zu durchpflügen, zu befruchten — es half nichts, die Stürme der Verhandlungen, der Hagelschlag der oppositionellen Einwände haben die Saat zerstört. Der Regierung bleibt nur die Hoffnung, das Herrenhaus oder die nächste Session werde die unentbehrlichsten Bestimmun gen der Vorlage, werde mindestens den entgegen dem Compromiß mit einer Stimme Majorität zu Falle gebrachten Art. I der Vorlage wieder- herstellen. Ueber Mißernte klagt auch die Ber liner Botschafterconferenz. Hier haben freilich keine Stürme gewüthet, es ging still und ruhig im Saale der Conferenz zu, aber die erwärmende Sonne der SultanSgnade will nicht aufgehen im Orient, die Pforte scheint sich den Conferenzbe- schlüfsen gegenüber ablehnend verhalten zu wol len, und da keine Großmacht geneigt sein wird, für Griechenland Krieg zu führen, ist die hohe Versammlung auf den guten Willen der Türkei angewiesen. Frankreich, das am ehesten berufen wäre, für Griechenland und die Durchführung der Con- ferenzbeschlüsse einzustehen, hat jetzt im Innern genug zu thun, namentlich scheint die kirchenpo litische Aussaat gleichfalls unter einer Mißernte zu leiden. Die Jesuiten schützen sich vor der Ausweisung, indem sie das Ordensgewand aus ziehen, Privatwohnungen nehmen und in einfa chen Röcken als „Bürger" einhergehen, die Un- terrichtsorden wandeln sich in bürgerliche Lehr anstalten um und der Regierung bleiben wenig Wege offen, dieser nicht zu verhindernden Um gehung ihrer Vorschriften zu begegnen. Die Durchführung des Amnestiegesetzes und die Heim kehr so vieler berüchtigter, gesellschaftsseindlicher Verbannten giebt mancherlei Anlaß zu schwer- müthigen Erwägungen. Dabei trifft das Land umfastende Vorbereitungen zur Feier des Natio nalfestes am 14. Juli, das gleichzeitig ein Ge denk- und Ehrentag für das Heer werden soll, welches bei dieser Gelegenheit neue Sammelzei chen erhält. Die Aufmerksamkeit Oesterreichs ist den Verhandlungen in den Landtagen zugewendet und den ersten Schritten des umgewandelten Ministeriums. Von den bisherigen Mitgliedern des Cabinets sind außer dem Ministerpräsiden ten Grafen Taaffe noch vr. Ziemialkowski, vr. Prazak, Baron Conrad und Graf Falkenhayn geblieben. Mit Stremayr und Horst sind die letzten Männer aus dem Ministerium geschieden, die noch an der Bildung des Ministeriums Auers perg theilgenommen haben. Stremayr und Horst waren seit dem 25. Novbr. 1871 ununterbrochen im Amte. Baron Korb scheidet nach kaum ein jähriger, Baron Kriegsau nach kaum viermonat licher Thätigkeit. Das neue Ministerium ist zwar nicht direct böhmisch, in der Verlegenheit bildete Graf Taaffe eben ein Beamtencabinet, dennoch herrscht im panslavisiischen Rußland Freude über die jüngste Wiener Regierung. In Petersburg ist man froh, im Augen blick von den Umtrieben der Nihilisten nicht ge stört zu werden und sich der Hoffnung auf bes sere Tage hingeben zu dürfen. Die Nachrichten, welche aus Cuba in Spanien einlausen, lauten noch immer nicht beruhigend. Das englische Parlament arbeitet mit Fleiß und Eifer. Der Nachhall, welchen die geräusch vollen Scenen des Bradlaugh'schen Zwischenfal les im Unterhause im Lande hervorrief, ist bei nahe verklungen. — In Afghanistan ist nach langem Unterhandeln Abdurrahman als Emir unmöglich geworden, da die Häuptlinge sich ge weigert haben, die Oberheit des vorgeschlagenen Herrschers anzuerkennen. — Aus Südafrika wer den ernstliche Störungen des Einvernehmens ge meldet, welches, wie man hoffte, zwischen den Boers und der Regierung hergestellt war. Er stere bestehen darauf, daß die Unabhängigkeit des Transvaals wieder hergestellt werden müsse. Die Kämpfe in Südamerika dauern mit wechselndem Erfolge immer noch kort, bald lo dert hier, bald dort die Flamme vernichtend empor. OertlicheS und Sächsisches. Frankenberg, 2. Juli 1880. -s Gestern wurde dem Packer und Markthelfer der Firma Uhlemann u. Lantzsch, Fr. Wilhelm Berger, welcher am 1. Juli 1855 in diese Stel lung eingetreten, in Anerkennung seiner während eines Vierteljahrhunderts der genannten Firma erwiesenen treuen Dienstleistungen seitens des hiesigen Stadtrathes eine Beglückwünschungstafel überreicht. Die Chefs der Fabrik zeichneten den Dienstjubilar durch reichliches Ehrengeschenk aus. — Die Eröffnung der deutschen Wollenindu strie-Ausstellung zu Leipzig hat gestern Vormit tag 11 Uhr in Gegenwart des Königspaares, des am Mittwoch Abend noch in Leipzig einge troffenen Prinzen Georg und seiner ihm am an dern Morgen nachgefolgten Gemahlin in feier licher Weise stattgesunden. Die königliche Fa milie wurden vor dem Ausstellungsgebäude von dem Vorsitzenden des Ausstellungscomitees, Stadt- rath Schlief aus Guben, bewillkommnet und in das von einem andern Comiteemitgliede auf König Albert als Protector des Werkes ausge brachte Hoch stimmten ine Anwesenden und die vor dem Eingänge versammelten Tausende enthu siastisch ein. Nunmehr betraten die hohen Herr schaften die Vorhalle des Ausstellungsgebäudes, in welcher sich auf ergangene Einladung Mit glieder des Reichsgerichts, die Spitzen der kö niglichen und städtischen Behörden, die Consuln, die Mitglieder der Handelskammer und Gewerbe kammer und andere Ehrengäste versammelt hatten. Hier hielt an Stelle des erkrankten 2. Vorsitzen den des Centralcomitees, Stadtrath Scharf in Leipzig, der Präsident der Handelskammer und Director der Leipziger Creditanstalt vr. Wachs muth die Eröffnungsrede. Eingangs gedachte der Redner der Geschichte der Weberei; Spindel und W-bstuhl seien würdig für die Hallen der Götter befunden worden, königliche Frauen führ ten sie bei Homer wie in der heimischen Sage. Weiter wies er in dieses Geschichte auf die Be-