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Spinnereibesitzer Hofmann aus Wittgensdorf und Fabrikbesitzer Schmauder aus Furth, welche, wie sie vornehmlich den Straßenbau angeregt, nun auch die Erfinder der Festlichkeit waren. Ihnen folgten zunächst 20 Berittene, darauf das rei tende Militärmusikchor der Rochlitzer Ulanen, dessen schmetternde Trompetenklänge indeß nur von den Insassen der nächsten nun folgenden Wagen gehört worden sein mögen. Welche end lose Reihe! Wir zählten zwar nicht 300, wie es anfangs geheißen, sondern nur 196 Geschirre, aber diese Zahl reichte hin, um circa H Stunde Zeit zum Vorbeifahren im Schritt zu beanspru chen. Alles war vertreten, der ländliche Ham burger so gut wie der leichte Americain, die be scheidene Droschke ebenso wie die sammetausge schlagene Equipage. Auch an Leiterwagen, auf welchen sich hinter grünen Büschen ein lustiges Sängervolk untergebracht hatte, fehlte es nicht, sogar fahrende Bierwirthschaften, deren eine, ein Möbelwagen, den Vorzug besonderer Geräumig keit hatte, zogen vorüber — alles in bunter Reihe. Ebenso groß war natürlich die Verschie denheit der Zugthiere. Kräftige Ackerpferde und abgetriebene Droschengäule, welchen die heutige Gangart die zusagendste zu sein schien, streifte das Auge, um bewundernd zu verweilen auf dem nächsten Gespann edler Racepferde, welche nur widerwillig dem langsamen Tempo sich fügten. Unter zahlreich aufgerichteten Ehrenpforten hin durch und an beflaggten Häusern, sowie einer die Straßenseiten dicht besetzt haltenden sonntä gig geputzten Volksmenge vorbei, gelangte der Zug gegen 4 Uhr an das Ziel, dem eine halbe Stunde von Markersdorf gelegenen Festplatz. Fünf Minuten vor demselben erhebt sich an der Straße ein 30 Meter hoher Felsen, an dessen Fuße in einer Nische die Büste König Albert's angebracht worden. Vor derselben, unter dem Bogen einer mit sächsischen Fahnen reichbewim- 'pelten grünen Ehrenpforte, nahm Herr Amts hauptmann Freiherr v. Welck aus Rochlitz — in dessen Bezirk die Straße hier eingetreten — Stellung und hielt im Beisein des Herrn Finanz ministers Frhr. v. Könneritz und des Herrn Amts hauptmanns Schwedler von Chemnitz, sowie einer Kopf an Kopf gedrängten Volksmenge eine län gere Rede. Leiber standen wir zu entfernt, um den Inhalt vernehmen zu können. Der Felsen erhielt den Namen „König Albertfelsen", welche Worte denn auch unter der Büste zu lesen sind. Den von der andern Seite zu ersteigenden Gi pfel des Felsens, der eine herrliche Aussicht ins Thal bietet, krönt ein abgestutzler Kegel aus Rochlitzer Sandstein mit dem Datum „27. Juni 1880", lowie der Angabe der beim Straßenbau thätig gewesenen Behörden und Ingenieure. Nach dem Weiheacte strömte Alles zum Festplatze, ei nem zu beiden Seiten der Straße liegenden Kie fernwalde. Dieser barg den soliden Bau des Honoratiorenzeltes und in hinreichender Menge Schankstätten, Reitschule, Schießbuden und an dere Nothwendigkeilen der Volksbelustigung. — Wir bedauern, des Raumes wegen kein Bild ge ben zu können von dem bunten Leben, das sich nun hier entwickelte und bis in den Abend hin ein dauerte. Die Wirthe hatten sich vorgese hen, es hat niemand zu verdursten brauchen, was bei etwa 8000 herbeigeströmten Menschen schon etwas sagen will. Als die scheidende Sonne den Wald dunkler werden ließ, wandte sich das Publikum meist zur Heimkehr, während ein klei nerer Theil noch den Klängen des Trompeter« concertes lauschte, das jetzt seinen Anfang nahm. Das Fest ward den Montag fortgesetzt und fin det nächsten Sonntag seinen Abschluß. Letztere Angabe machen wir in der Absicht, um noch manchen Leser anzuregen, sich an der Chemnitz- thalstraße im grünen Walde ein Sonntagsver gnügen zu machen, wie es herrlicher gar nicht gedacht werden kann. f Aus dem in der gestrigen Quittung über Spenden für die Lausitz miterwähnten Berichte des Central-Hilfs-Comitees für die Hinterlassenen der am 1. Decbr. 1879 im 2. Zwickauer Brücken- bergschachte Verunglückten ist zu entnehmen, daß am 7. Juni 1880 die Schlußvertheilung des nach Abzug der zur laufenden Unterstützung er forderlichen Hilfsgelder verbleibenden Betrages von nahezu 13000 M. erfolgt ist. Es erhielten 56 Wittwen Beiträge von 150 bis 300 M., 9 Väter und 10 Mütter Beiträge bis zu 250 M. Außerdem wurden noch 3 Waisen mit je 100 M. resp. 150 M. bedacht. Aus den Hilfsgeldern wurden überhaupt 209 Personen unterstützt, und zwar 56 Wittwen, 128 eheliche Kinder, 3 Stief kinder, 3 außereheliche Kinder, 9 Väter und 10 Mütter. Die Sammlungen haben unter Hinzurechnung von Zinsen und Coursgewinn den Betrag von 231438 M. 82 Pf. ergeben. Hiervon kommen 193121 M. 92 Pf. für die dauernde Unterstützung an die kgl. Altersrenten bank geleistete Zahlungen zur Erwerbung von Jahresrenten von je 120 M. für 54 Arbeiter- wittwen auf Lebenszeit, 240 M. für 2 Steiger- wittwen auf Lebenszeit, 60 M. für 113 Arbei terkinder bis zum 15. Lebensjahr, 120 M. für 3 Steigerkinder bis zum 15 Lebensjahr, sowie auf Antrag des Leipziger Hilfs-Comitees von je 120 M. für 3 Arbeit'erwittwen aus Lebenszeit und 60 M. für 5 Arbeiterkinder bis zum 15. Lebensjahr. Außerdem wurden an die Ober- vormundschaftsbehörde 6463 M. zu Aussteuern, Abfindungssummen rc. eingezahlt. 1- In wenigen Wochen beginnt die Reihe der 10jährigen Gedenktage der großen Ereignisse des von Napoleon Hl. und seinen Werkzeugen so freventlich angezettelten Krieges, der die deut schen Stämme geeint und das deutsche Vater land, wenn auch mit ewig unvergeßlichen großen Opfern an tapfern Söhnen, vor schwerer Schä digung bewahrt hat. Gegenüber den allerdings jetzt unter dem Einflüsse des Socialisteugesetzes nicht mehr vor der Oeffenllichkeit möglichen Be mühungen aller Vaterlandsliebe entbehrender und doch als Volksfreunde sich aufspielender Men schen, deren einer nicht allzu lange nach dem Kriege sich hier in öffentlicher Versammlung zu der Äeußerung verflieg, „was wäre es denn auch gewesen, wenn die Franzosen nach Deutschland gekommen wären", gegenüber solchen Bemühun gen wird es am Platze sein, die Summe mitzu- theilen, welche der Krieg, den Napoleon am 15. Juli 1870 erklärte, Frankreich gekostet hat. Ein Oberbeamter im französischen Ministerium des Aenßern, v. Villefort, berechnet dieselbe wie folgt: Kriegsausgaben: 1315,000000 Frcs., Kriegs- kosteneutschädigung an Deutschland: 5315,000000 Frcs., Unterhalt der deutschen Truppen: 340 Mill. Frcs., Verlust an Steuern während des Krieges und Verlust der Steuern in Elsaß-Lolh- ringen: 2024,000000 Frcs., Wiederherstellung der Kriegsgeräthe: 2144,000000 Frcs., von den Departements bezahlte Entschädigung: 1487 Mill. Frcs., militärische Pensionen, verschiedene durch die Annexion verlorene Einkünfte: 1314,000000 Frcs. — im Ganzen 13839,000000 Frcs. Die jährlichen Abgaben wurden infolgedessen um 632 Mill, erhöht. — In den von den Wolkenbrüchen am 14. Juni heimgesuchten Ortschaften des amtshaupt mannschaftlichen Bezirks Löbau beläuft sich, so weit sich bis jetzt übersehen läßt, die Zahl der vernichteten Häuser auf nahezu 60 und auf etwa 20 Scheunen, Ställe u. dergl., der theilweise eingestürzten und mehr oder weniger schwer ge schädigten auf etwa 335 und 5 Scheunen u. dgl. und die Zahl der Obdachlosen auf etwa 800 bis 900 Köpfe. — Ueber den diesmaligen Johannismarkt in Neustadt-Dresden kann das Dr. I. folgenden erfreulichen Bericht bringen: Der Detailverkauf verlief für die Mehrzahl der Fieranten in un gleich günstiger Weise, als auf allen gleichen Märkten seit dem Jahre 1875, und nur die Lausitzer Leinenhändler, sowie die gebirgischen Weißwaarenfabrikanten, welche auch diesmal noch auffällig vernachlässigt wurden, hatten Ursache zu klagen. Als recht leidlich befriedigt erklärten sich mit dem erzielten Waarenabsatz die Mehr zahl der Manufacturiuen, die Annaberger Po samentiere, die hiesigen und auswärtigen Korb macher und Schirmfabrikanten, die böhmischen Glashändler, welche zum Theil sogar Luxuswaare, nach der seit Jahren kaum gefragt worden war, in ansehnlichen Quantitäten verkauften, die Stein guthändler u. A. m. Da namentlich auch die Landleute, trotz der gegenwärtig im vollen Gange befindlichen Heuernte, in viel größerer Zahl, als man erwarten durfte, gekommen waren, so erziel ten vorzugsweise auch die Siebenlehner, Freiber ger, Döbelner, Roßweiner und Leisniger Schuh macher ein ganz nennenswerthes Geschäft, und von wohlhabenden Landbewohnern wurden sogar nicht ganz unbeträchtliche Einkäufe in Wollwaa- ren als Verbrauchsariikel für den nächsten Win ter bewirkt. — Die Gewerkvereinsbewegung macht erfreu licherweise in Sachsen immer weitere Fortschritte. Syllabus kaum begreiflich erschein:, setzte er sich nicht blos über die orthodoxen Dogmen seines Or dens, sondern über die Grundanschauungen des ChrillenthumS wie aller positiven Religionen im Allgemeinen hinweg. Der vorherige priesterliche Le- benSgang scheint in diesem Manne bewirkt zu ha ben, daß er daS strahlende Gestirn, dessen Unter suchung und Erforschung der größte Theil seines LebenS gewidmet war, zum Gegenstände eines bei nahe abgöttischen Kultus machte. Man hatte ihn in seiner Jugend gewöhnt, zu vergöttern, was er verehrte, und da sich während seiner späteren astro nomischen Laufbahn seinem Sinne wie seinem Geiste nichts Großartigeres und Ueberwältigenderes bot als der Fixstern-Himmel und in diesem als das Nächstliegende unser eigener Firstern, die Sonne, so gestalteten sich in seinem Geiste unvermerkt die Verrichtungen des Forschers zu Acten deS religiösen Kultus, die Aufzeichnungen über das, waS er an der Herrlichen erschaut, der sein« Anbetung galt, zu begeisterten, ja überschwänglichen Juhelhymnen. Mutter alles Lebenden, Schöpferin und Grhal- terin der irdischen Welt, die allgütige Leiterin deS Menschengeschlechtes nennt er die Sonne, ja mehr fach giebt er seiner Befriedigung und Zustimmung darüber AuSdruck, daß Lie dankbare Menschheit die ser ihrer allmächtigen Wohlthäterin wiederholt schon göttliche Ehren erwiesen. Und dieser Enthusiasmus ist nur zu begreiflich. Wem es einmal vergönnt war, den Blick in die Geheimnisse der Sternenwelt zu versenken, wem es gelungen ist, den aus Flammen gewobenen Schleier zu lüften, hinter welchem die Sonne ihre sinnebe rauschende Pracht verbirgt, der kann niemals wie der des Gedankens ledig werden, daß Alles, waS bei unS daheim auf unserem winzigen Planeten die Natur hervorbringt und der Menschenwitz ersinnt, jämmerlicher Tand sei, nicht deS Blickes werth, der darauf verweilt. Ist doch die ganze Welt unserer irdischen Vorstellung im Vergleiche zu der Welt deS Firstern-Himmels nicht anders anzusehen, als daS Staubkorn im Vergleiche zur Gesammlheit deS Erdenrundes. Doch deutlicher als alle Vergleiche und Lobprei sungen wirkt sicherlich eine möglichst nüchterne Dar stellung der Firsternwelt, wie sie wirklich ist. Wir wollen im Nachstehenden versuchen, an der Hand deS Secchi'schen Buches „Die Sonne" und gestützt auf einige seither gemachte neue Forschungenf, uns im Welträume zurechtzufinden. Bemerken wollen wir dabei, daß insbesondere die auf die Sonne be züglichen Entdeckungen zum großen Theile mit dem Namen Secchi'S aufs Innerste verwachsen sind; daß wir ihm die verläßlichsten Aufschlüsse über das Wesen der Sonnen-Materie zugleich mit den darauf gebauten Rückschlüssen auf die Materie der anderen Fixsterne, die scharfsinnigsten Hypothesen über die » Sonnenfackeln und Sonnen-Protuberanzen verdan ken; daß er eS ist, durch dessen bereits erwähntes große« Werk die bis dahin ziemlich auSeinander- gehenden Anschauungen über die Natur deS Central körpers unseres Planetensystems in ein wohlgeord netes System gebracht wurden. Die Topographie der Sonne kann also gleichsam als übersichtliches Gesammtbild der Arbeiten de» Verstorbenen gelten, wobei man sich nur vor Augen halten muß, daß die Resultate, die sich jetzt in wenige Zeilen zu» sammenfassen lassen, zumeist daS Werk unsäglich mühevoller, durch die aufopfernde Arbeit von Jah- «n zu Stande gebrachter Beobachtungen sind. (Fortsetzung folgt.)