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und seinen Arbeitern besteht und stets bestanden hat. Nach einer warm empfundenen Ansprache des Ortsgeistlichen an die Versammlung gab der Fabrikherr, Curt Starcke, eine kurze Geschichte über die bisherige Wirksamkeit der Fabrik. Spä ter vereinigten sich im Gasthofe des Ortes einige Hunderte von Arbeitern und Gästen zu heiteren Vorträgen, Trinksprüchen und Tanz. — Der zeitherige Landbaumeister Canzler in Dresden ist von Sr. Maj. dem Könige zum Oberlandbaumeister ernannt worden. — Der auch in auswärtigen Künstlerkreisen geschätzte Cantor und Stadtmusikdirector Hart mann in Meißen beging am Montag unter herzlichen Theilnahmsbezeugungen von nah und fern sein 40jähriges Dienstjubiläum als Stadt musikdirector. — Ueber die seit dem 19. Mai 1878 in Schnee berg bestehende kgl. Spitzenklöppel-Musterschule, welche in der letzten Zeit vielfach von auswärti gen Sachverständigen besucht wurde, herrscht nur die eine Stimme, daß man durch die Erzeugnisse dieses Instituts erst wieder recht erkennen lernt, was für vorzügliche Arbeiten Sachsen auf dem Gebiete der Spitzenindustrie zu schaffen im Stande und was eigentlich unter dem Klöppel der Kunst industrie zu verstehen ist. Durch die Schule ist auch der hocherfreuliche Beweis geliefert worden, daß die sächsischen Klöpplerinnen bei gehöriger Anleitung heute noch leisten können, was den Altvordern möglich war. Jetzt beabsichtigt die Regierung in Schneeberg auch noch eine allge meine Gewerbszeichnenschule zu errichten. Die selbe soll zunächst als städtisches Institut unter Beihilfe des Staates begründet und in ihr vorläufig 8 Stunden Unterricht ertheilt werden, so daß die Schüler im Stande sind, ihrem an derweitigen Berufe nachzugehen. Hieran schließt sich nach genügender Vorbildung der Schüler eine gründliche Unterweisung im Mustercopiren und Musterstechen. — Eine am Sonnabend Abend in Meerane abgehaltene, ziemlich zahlreich besuchte Weber versammlung verlief in ruhiger Weise. Von einem Redner wurde vorgeschlagen, die Factors für jedes nach Meerane gelieferte Stück mit einer kleinen Steuer zu belegen, damit dadurch dem immer mehr wachsenden Deficit der städtischen Steuerkasse gesteuert werde. Ein anderer Redner empfahl, dahin zu wirken, daß in Zukunft der Lohn nicht mehr wie seither per Stück, sondern wie in Glauchau per Meter ausgeworfen werde; der Begriff „Stück" sei ein sehr imaginärer, da derselbe eine Anzahl von 40 bis zu 130 Ellen decke, was vielerlei Unzuträglichkeiten zur Folge gehabt habe. Zum Schluß wurde von der Ver sammlung folgende Resolution angenommen: „In Erwägung, daß die fürWebwaaren gezahlten Ar- beitslohne auf die Dauer in keiner Weise und Hinsicht genügen, die bescheidenste Existenz eine« thätigen und tüchtigen Webers zu ermöglichen, und in Anbetracht de« nunmehr wieder flotteren Geschäftsganges in der Fabrikation moderner Kleiderstoffe, wollen wir nicht länger für gut gefertigte Arbeit die schlechtesten Löhne entgegcnnehmen. — Wir ersuchen deshalb einmüthig alle Fabrikanten dieser Waarenbranche, bei Entgegennahme von Austrägen nicht nnr an ihren Profit, sondern auch an ihre Arbeiter zu denken, und beim Kalkulircn der Waarenpreise, gleichwie die vertheuerteu Garne, auch höhere Löhne mit einzurechneu und demgemäß zu zahlen, sowie dasür zu sorgen, daß in Zukunft die Arbeitslöhne nicht mehr nach ganzen Stücken, sondern nach Metern gezahlt werden. — Die Herren Fabrikanten sind ja nicht nur unsere Mitmenschen, sie sind auch unsere Mitbürger, und wir wollen gleichfalls gern al» Bürger allen Verpflichtungen gegen Staat und Gemeinde nachkommen,, was jedoch bei den jetzigen Ver hältnissen und den allzu niedrigen Lohnsätzen leider nicht geschehen kann. — Das Ansuchen wird aber um so mehr gerechtfertigt sein, wenn wir mit in Erwägung ziehen, daß in Folge der jüngsten Getreidespeculation seit einigen Tagen dem Arbeiter das unentbehrlichste Nahrungsmittel, da« Brod, wieder erheblich verthenert worden ist, was zu neuen ernsten Besorgnissen und zu wiederholten Klagen in unseren seit Jahr und Tag viel bekümmerten Familien führen muß. — Gleichzeitig ergeht an alle Zeitungsredac- tionen die freundliche Bitte um Aufnahme und Verbrei- tung dieses Beschlusses und ingleichen an alle Berufsge- nassen auswärt« die Aufforderung, im gemeinschaftlichen Interesse un« zu unterstützen und keine verderbliche Lon- currenz zu bereiten, wie denn selbstverständlich jeder Theil nehmer der heutigen Versammlung den Auftrag mit nach Hause nimmt, im Sinne der gefaßten Resolution weiter zu wirken." — Am vorigen Sonntag fand im Börsensaale zu Chemnitz die statutenmäßige Jahresversamm lung des Reichsvereins für Sachsen statt. Die selbe hatte eine größere Zahl politischer Männer aus allen Theilen des Landes nach Chemnif geführt, mit der Erkenntniß, daß man eine so günstig gebotene Gelegenheit ergreifen müsse, um eine Aussprache über die gegenwärtige Lage zu erwirken und der immer mehr zunehmenden Gleichgiltigkeit entgegenzuarbeiten. Bei Abstat tung des Jahresberichts betonte der Vorsitzende Reichs- und Landtagsabg. vr. Stephani, wie die jetzt im politischen Leben herrschenden De pressionen auch die Thätigkeit des Vereins zu einer weniger erfolgreichen gestaltet habe; den noch seien die erzielten Resultate als nicht un günstige zu bezeichnen, indem die freilich von langer Hand vorbereiteten Landtagswahlen einen Gewinn von 2 Sitzen erbracht hätten. An Stelle des nach Breslau übergesiedelten vr. Bo- deck wurde als Geschäftsführer Hr. E. Jerusalem gewählt. Bei Berathung des dritten Punktes der Tagesordnung, politische Aufgaben des Vereins, ersuchte Stadtrath Werner-Zschopau den Vor sitzenden, ein kurzes Referat über die Stellung der nationalliberalen Fraction zu den Haupt fragen der letzten Reichstagssession zu geben. Der Reichstagsabgeordnete für Leipzig entwarf hierauf, oft von den lebhaftesten Zustimmungs rufen unterbrochen, ein klares und übersichtliches Bild der jüngsten parlamentarischen Vorgänge. Beim Eingehen auf die Finanzreform besprach der Redner die Interpellation bezüglich des Ta baksmonopols, gegen welches er sich erklärte, wobei er hervorhob, daß man der so oft und heftig beunruhigten Tabaksindustrie endlich Ruhe verschaffen müsse. In der sich anschließenden Debatte plaidirte Landtagsabg. vr. Krause- Dresden für die ferner unbehinderte Selbst- thätigkeit des freien Bürgerthums, während Prof, vr. Rühlmann-Chemnitz betonte, daß sich die nationalliberalen Wähler im vollen Einklang mit hren Vertretern im Reichstag und Landtag be- änden. Die Besprechung über die Landtags wahlen einleitend, bemerkte der Vorsitzende, daß ein Termin für dieselben jetzt noch nicht zu be- timmen sei. Die letzte verfassungsmäßige Frist alle für die Neichstagswahlen auf Ende Juli nächsten Jahres und wäre es somit leicht mög- ich, daß die sächsische Regierung, um eine Colli- ion zu vermeiden, die Landtagswahlen bereits ür das nächste Frühjahr ausschreibe. Jeden alls müsse schon jetzt die Agitation eingeleitet werden, und ging er zu diesem Zwecke die Wahl kreise, wo eine Neuwahl stattzufinden hat, ein zeln durch, woran sich eine Besprechung von Sei ten der aus den betr. Kreisen anwesenden Par- eigenossen schloß. Schließlich wurde der bis- jerige Vorstand wiedergewählt und ihm auf üntrag des Landtagsabg. Roth-Dresden die Be- echtigung ertheilt, sich aus den übrigen Landes theilen zu cooptiren. — Jeder der in Leipzig bestehenden beiden Turnvereine, der Allgemeine Turnverein und der Leipziger Turnverein, wird auf Vereinskosten eine Musterriege zu dem deutschen Turnfeste in Frankfurt a. M. entsenden; außerdem aber wird ine beträchtliche Anzahl von Mitgliedern beider Vereine nach Frankfurt reisen und am Feste Theil nehmen. — Die beliebten Geucke-Wagner'schen Extra- üge nach den Schweizer- und österrei- ^ischen Alpen kommen auch denjenigen Rei- enden zu statten, welche mit ihrer Bergtour oder Sommerfrische den Besuch der berühmten Pas- iionsspiele in Oberammergau verbinden wollen. Die billigen Lindauer oder Salzburg- Kussteiner Fahrbillets, 6 Wochen giltig (s. In serat), berechtigen auch zur Hin- oder Rückfahrt nach oder von den bairischen Hochland-Statio nen Schliersee, Tölz, Murnau u. s. w., welch' Letzteres Station für Oberammergau ist. — In Zwickau fand am Montag die Schluß- vertheilung an die Hinterlassenen der am I. Decbr. v. I. im 2. Brückenbergschachte Verunglückten statt, bei welcher 56 Wittwen, die überdies mit lebenslänglichen Renten versichert sind, mit ein maligen Baarbeträgen von 150 M. bis 300 M., nächstdem 9 Väter und 10 Mütter mit Beträgen bis zu 250 M., eine Ganzwaise und zwei Wai sen über 15 Jahre bedacht worden sind. — Wie das Zschopauer Wochenblatt mittheilt, ist der am Freitag dort stattgehabte Hausbrand, bei dem auch ein Mann verunglückte, dessen aus nur wenigen verkohlten Knochentheilen bestehen den Ueberreste am Montag aufgefunden wurden, durch die Unvorsichtigkeit des Hauseigenthümers (infolge Umfallens einer brennenden Petroleum lampe, mit der er in eine Bodenkammer gegan gen) entstanden. — Nachträglich hat sich herausgestellt, daß bei dem Brandunglücke in Hoheneck (in voriger Woche) nicht das mitverbrannte Mädchen, son dern andere, gerettete Personen um Hilfe geru fen haben, das Mädchen vielmehr jedenfalls im Schlafe von den Flammen überrascht worden und vom Rauche erstickt ist. — Die Vereinigung der Geraer Gastwirthe und Restaurateure veröffentlicht „zur Abwehr und Richtigstellung" einen Artikel, in dem sie im Gegensatz zu der nach einer durch den Stadt rath vorgenominenen Untersuchung der Bier- druckapparale erfolgten Verordnung, nach welcher diese Apparate binnen 3 Monaten zu beseitigen sind, für die Zulässigkeit und den praktischen Nutzen der Bierdruckapparate öffentlich auftritt. — Unglückssälle und Verbrechen. JnOelzschau bei Borna lief eine Magd, sich umdrehend, so unglücklich in die Sense, welche eine andere, hinter ihr herkommende Magd trug, daß ihr das schneidige Instrument in Len Kopf bis auf den Knochen drang. Man hofft, daß es bald gelinge, die Verunglückte völlig wieder herzupellen; der höchst bedauerliche Unglücksfall aber möge wenigstens das Gute im Gefolge hüben, daß er eindringlich mahnt, beim Tragen von Sensen und m der Nähe dergleichen tragender Personen es nicht an der erforderlichen Vorsicht fehlen zu lassen. — In Reichenbach sind in der Nacht zum vorigen Sonnabend bei mehreren Uhrmachern Ein brüche versucht, durch das Erwachen der Geschäftsinhaber aber vereitelt worden. — In Tanna im reubischen Vogt lande übernachtete ein erst siebzehnjähriger Geschäfts reisender in einem Gasthofe und begab sich ungefähr 11 Uhr zur Ruhe, vergaß aber das Licht zu löschen. In der Nacht plötzlich munter geworden, fand er im Zimmer Alles in Hellen Flammen. Da er im Schrecken weder Lie Thür zu finden, noch ein Fenster zu öffnen im Stande war, so würde er verloren gewesen sein, wenn nicht Nachbarsleute zufällig in so früher Stunde zu Hilfe ge kommen wären. Sämmtliche in der Nähe befindlichen Gegenstände, wie Bett und Matratze, Sopha, Tisch, Tisch- und Sophadecke, Ruhekiffen, Fenstervorhänge u. s. w. find entweder ganz vernichtet oder unbrauchbar geworden. Die Kleider des jungen Mannes sind ebenfalls verbrannt und hat derselbe außerdem Brandwunden an Kopf und Händen davongetragen. Der verursachte Schaden wird sich aus 150-180 M. belaufen. Tagesgeschichte. Deutsches Reich. — Eine soeben erlassene Cabinetsordre Kaiser Wilhelm's regelt die Formation der neu zu bil denden deutschen Regimenter, sowie die Einstel- ung der dazu benöthigten Rekruten (Linie 48 Mann und Artillerie 36—56) pro Regiment mehr für diesen Herbst. Die beiden neu zu ormirenden kgl. sächsischen und das neue lairische Infanterieregiment kommen nach dem Oberelsaß, 4 neue preußische Regimenter nach Köln, Koblenz und dem Großherzogthum Baden, 4 weitere preußische Regimenter in den Bereich des ersten Armeecorps (Königsberg) und des fünften (Posen). — Die preußische Kirchenvorlagen-Commission hat die erste Lesung beendet; der die Orden be treffende Art. 10 wurde mit 15 gegen 6 Stim men angenommen und ebenso Art. 11 nach ei nem Anträge des Abg. Brüel, wonach als Vor sitzende des Kirchenvorstandes geistliche Mitglie der desselben durch königliche Verordnung berufen werden können. Zuletzt wurde auf Antrag des Abg. Schmidt-Sagan gegen die Stimmen des Centrum ein neuer Artikel beschlossen, wonach das Gesetz mit Ausnahme des Art. 3 am 1. Januar 1882 erlischt. Die zweite Lesung be ginnt am 10. Juni. — Seiten der Militärbehörden werden die Bemühungen zur Verbesserung des Jnfanterie- gewehres, bez. der bestmöglichen Ausnutzung der jetzt im Gebrauch befindlichen Getvehre, unermüd-