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verstanden. Und sie versahen das Werk sogar mit dem Untertitel »Die schöpferische Antwort eines sowjetischen Künstlers auf gerechtfertigte Kritik«. - Schostakowitsch klärte die Sachlage später allerdings auf: »Was in der Fünften vorgeht, sollte meiner Meinung nach jedem klar sein. Der Jubel ist unter Drohungen erzwungen. [...] So als schlage man uns mit einem Knüppel und verlange dazu: Jubeln sollt ihr! Jubeln sollt ihr! Und der geschlagene Mensch erhebt sich, kann sich kaum auf den Beinen halten. Geht, marschiert, murmelt vor sich hin: Jubeln sollen wir, jubeln sollen wir. Man muss schon ein kompletter Trottel sein, um das nicht zu hören.« DMITRI SCHOSTAKOWITSCH IM ZITAT »Wenn ich Musik höre, überlege ich nie, wie sie komponiert wurde, ich analysiere nicht, sondern nehme sie emotional, vom Gehör auf. Nach dem Hören eines Musik werkes möchte ich nicht der bleiben, der ich bislang war: Ich muss das Werk in mich aufnehmen, es durchleben, in ihm etwas für mich entdecken.« Schon der 1. Satz (Moderato) lässt uns diese Grundaussage erkennen: Er hebt mit einem von den Streichern gestalteten Motto an, das scharf punktierte Rhythmen mit Imitationen chromatischer Linien koppelt und dieses Geschehen unter dem bald erklingenden, elegisch absinkenden Hauptthema weiterlaufen lässt. Erst spät treten die Bläser hinzu, doch bleibt der Charakter schmerzhaft, und auch der mit weiten Intervallen ausschwingende kantable Seitengedanke wird von zarter Verhaltenheit bestimmt. Ein von Flöte und Klarinette ein gebrachtes Figurations-Motiv initiiert sodann die Durchführung (Allegro), in der das Haupt thema bald eine geradezu martialische Um deutung erfährt, die im Verein mit dem Motto und Seitengedanke kunstvolle Verarbeitungen auf den Plan ruft. Dramatische Ausbrüche führen zu einem verzerrten Marsch und zu ungeheuren Klangballungen, die ihre Auflösung erst durch das zarten Bläser-Klängen vorbehaltene Seitenthema erfahren. Wie ermattet mündet das Geschehen nun in die Reprise, in der zarte Ceigenlinien von der Hoffnung auf ein Ende der Schrecken künden. An 2. Stelle des Werkes steht ein Scherzo (Allegretto), das Schostakowitsch humorvoll auskostet. Geradezu »polternde« (Fritz Racek) Bässe initiieren eine vorwärtsdrängende Bewegung, »schnat ternde« Holzbläser, hüpfende Streichermotive und ausgelassener Horn- jubel sorgen für weitere Akzente und gestalten eine groteske Ländler- Szene, nach der ein von der Solovioline angestimmtes Trio einen zarten, transparenten Kontrast einbringt, dessen ostentative Quintparallelen die Idylle aber stören oder zumindest hinterfragen. Eine Rückkehr zum geradezu schalkhaft variierten Scherzo rundet den Satz, wobei eine kur ze Einblendung des Trios einen deutlich »fragenden« Charakter besitzt. Ungemein tragisch gefärbt ist das folgende »Largo«. Wei te, von zarten Dissonanzen durchzogene Geigenlinien künden von tiefem Elend, eine harfenbegleitet Episode der Flöte sowie ein aus drucksvolles Rezitativ der Oboe (Lento largamente) geben »persönli che« Kommentare zu der von Weltschmerz durchzogenen Stimmung. Düstere Fortsetzungen führen schließlich zu einem »leidenschaftlichem Aufbegehren« (Iwan Martynow), das durch harte Klänge des Xylophons