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1 «suLi 80 j FH 126 Dienstag, den 1 Juni. 188V, ^-nb-vLig,-^ ^k^trkSÄ^^ Amtsblatt der König!. Amtshauptmannschast Flöha, des König!. Amtsgerichts und des Stadtraths M Frankenberg. Erscheint täglich, mit Ausnahme der Sonn- und Festtage, Abends für den folgenden Tag, — Jnseraten-Annahme für die jeweilige . Abend-Nummer bis Vormittags ia Uhr. Bekanntmachung. Im Lieferungsverbande der unterzeichnete» Amtshauptmannschaft (Haupt marktort Frankenberg) betrug im Monat April 188« der Durch schnittspreis für 1 Centner Hafer 7 Mk. 75 Pf., für 1 Centner He« 3 Mk. 25 Pf. und für 1 Centner Stroh 2 Mk. 75 Pf. Königliche Amtshauptmannschaft Flöha, am27.Mai 1880. In Stellvertretung: - vr. Rumpelt, Bez -Ass. Dch. Auslovsung von Frankenberger StMchuldscheinen. Nachdem am 13. l. Mts. von der hiesigen Stadtanleihe vom 30. Januar 1863 die 4Kigen Stadtschuldscheine Serie III 54, 58, 63, 86, 95, 103, 156, 180, 231, 271, 286 über je 300 M., Serie IV 13, 27, 66, 68, 129, 154, 156, 186 über je 150 M. ausgeloost wor den sind, werden den Inhabern dieser Schuldscheine die betreffenden Kapitalbeträge hiermit dergestalt gekündigt, daß sie solche vom 20. De- Jnscrate werden mit 8 Pf. für die gespaltene Corpuszeile oder deren Raum berechnet. Geringster Jnseratenbetrag 2» Pf. Com- pltctrte oder tabellarische Inserate nach Ueberetnlommen. cember l. Js. an gegen Rückgabe der Schuldscheine nebst dazu gehöri gen Talons und Coupons bei der Stadtkaffe allhier erheben können. Die Verzinsung der ausgeloosten Stadtschuldscheine hört mit dem 31. December l. Js. auf. Gleichzeitig wird der Inhaber des 4Kigen Stadtschuldscheines Serie III 125 wiederholt darauf aufmerksam gemacht, daß dieser Schuld schein im Jahre 1879 ausgeloost worden ist und die Verzinsung des be treffenden Kapitalbetrages mit Ende des ebengedachten Jahres aufge hört hat. Frankenberg, am 20. Mai 1880. Der Stadtrat h. Kuh«, Brgrmstr. K. Im Monat Juni d. I. sind zu bezahlen: 1. die pr. 2. Termin bis längstens zupt 8. Juni, 2. die pr. 2. Termin bis längstens zurä 30. Juni, 3 das 8«L«l8«LS. Stadtsteuer-Einnahme Frankenberg, am 1. Juni 1880. — Die Serie unserer sächsischen Sommercur- orte hat sich abermals um einen vermehrt, und zwar ist es das liebliche Mulda bei Freiberg, das mit seiner herrlichen Lage inmitten einer grünsaftigen, von der forellenreichen Mulde durch strömten und mit würziger Luft gefüllten Thal- sohle, die rechts und links von sanft ansteigen den reich bewaldeten Höhen eingerahmt wird, so recht dazu geschaffen erscheint, den Aufenthalt zu einem Leib und Seele stärkenden zu machen. Der Ort liegt 424 Meter über dem Spiegel der Ostsee und gewährt schon durch die äußere Phy siognomie wie durch den biederen Character sei ner Bewohner den freundlichsten Eindruck. We sentlich erhöht wird derselbe sodann noch durch die prächtigen Anlagen, welche in neuerer Zett dort geschaffen sind und unter denen der Ramm'- sche Waldpark unstreitig den Glanzpunkt bildet. Da für Wohnungen und prompte Verpflegung hinreichend gesorgt ist und da die Lage unmittel- und die im Jahre 1875 auf dem schwerste» zu beschaffene den eisernen Transportwagen mittelst Straßenlocomotiv au den Ort der Ausstellung gebracht wurde. In diesem Jahr ist da« Passtonsspiel also wieder im vollen Gange, eS hat im Lause der Zeit immer weitere Beachtung gefunden, man betrachtet es nicht mehr als ein bloßes „G'spiel", es liegt außer dem Erhebenden, da» der Stoff bietet, Kunst in der Aufführung. Und wer sind denn die Darsteller? E« sind eben die Bewohner des Dorfes. Durch ihren der Kunst dienenden Beruf als Holzschnitzer hat sich in ihnen auch künstlerische» Blut ge- bildet: sie haben eine richtige Anschauung, wie die Auf gaben der Darsteller zu lösen sind; sie haben ein verständ- nißinnigeS Bewußtsein über jede einzelne Bewegung und dies Alles trägt sich auf ihr Spiel über. In der Ge- meinde ist ohnedies ein fromme» Leben: die von den Ah nen her geübte Thätigkeit, welche sich Jahrhundertelang aus die Anfertigung zumeist kirchlicher und biblischer Schni tzereien beschränkte, sie hat eine gut christliche Gesinnung entstehen lasten. (Man rühmt der Gemeinde große Tolt- ran, nach und der letzte Pfarrer hat wiederholt verstorbe nen Protestanten dieselben letzten kirchlichen Ehrenerwei- sungen gebracht, wie Katholiken.) Und solche gut christ liche Gesinnung, wie auch die Gewohnheit, theil« aus bi«. Heriger Mitwirkung, theil» aus der wiederholten Anschau- ung, mag es wohl auch sein, die allein nn Stande ist, den erhabenen Passtonsgang in einer solch ernsten Weise darzustellen, daß nach keiner Richtung sie anstößig erscheint, die vor Allem nicht an da« weltliche Komödien hafte streift, da» die sogen. Passion-Vorstellungen an sich hatten, welche vor rinigenHahren auch in Sachsen umher- reisende „unechte" Ammertzauer zur Schau brachten «ud die deshalb wohlverdiente abfällige Kritik erfuhren. (Schluß M.) OertlichcS und Sächsisches. Frankenberg, 31. Mai 1880. ff Am heutigen Tage feierte der im 84. Jahre stehende Webermeister und Bürgerjubilar Herr Johann David Stephan hier mit seiner im 75. Jahre stehenden Ehefrau die goldene Hochzeit. — Wie verlautet, beabsichtigt auch unsere Re gierung pomologische Curse für Schullehrer in der Ferienzeit an der Gärtnerlehranstalt zu Rötha einzurichten, und zwar bereits in diesem Jahre. In Preußen hat sich diese Einrichtung zur Ver breitung des Obstbaues sehr bewährt. — Der Protest der Bewohner der linkselbi schen Orte Blasewitz, Tolkewitz, Laubegast, Strie sen, Gruna, Seidnitz, Niedersedlitz, Leuben und Dobritz gegen ihre Einbezirkung in die neue Amtshauptmannschaft in Neustadt-Dresden ist erfolglos geblieben. In der Bezirksversamm lung voni 29. d. wurde ihre Einverleibung in diesen Bezirk ausgesprochen, um eine entsprechende Abrundung derselben und Entlastung der bisheri gen Amtshauptmannschaft Dresden zu erzielen. — Der vormalige Betriebsdirector Wengler auf Grube Himmelfahrt in Freiberg ist gegen Erlegung einer Caution von 20000 M. nach einem Beschlusse des kgl. Oberlandesgerichts am Sonnabend aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Die eingeleitete Untersuchung hat selbst verständlich ihren Fortgang; dem Vernehmen nach wird aber die Hauptverhandlung erst nach den Gerichtsferien stattfinden. — Ueber das Befinden des durch den mehr erwähnten Raubanfall bei Schandau so schwer geschädigten Steinbrechers Heimann aus Goßdorf verlautet, daß derselbe von den erhaltenen Ver letzungen wohl hergestellt ist, jedoch sein ganzes Leben hindurch arbeitsunfähig bleiben dürfte. Einer der Verbrecher ist beim Landesgerichte in Prag in Haft. Das Oberammergauer Passionsjpiel. Südwestlich von München, nach dem Wettergebirge zu, liegt der Ort Oberammergau, eine Gemeinde von ca. 1500 Einwohnern und trotz seiner Kleinheit die« Jahr da» Ziel ungezählter Touristen aller Herren Länder, die das Pas- sionrspiel dort schauen wollen. Es ist ein etwas öd ge legener Ort; da die Fluren infolge de» gebirgigen Bodens nur geringes Erträgniß geben, war die Bewohnerschaft von jeher gezwungen, sich andere Erwerbszweige zu schaf- fen und so hat sich dort vor mindesten» zwei Jahrhunder ten schon Glasmalerei und Holzschnitzerei eingebürgert und bi» heute haben sich diese Zweige nicht nur erhalten, son dern bi« zu einer gewissen Kunst ausgebildet. Es waren ursprünglich die Bildschnitzer so recht „Herrgottsschnitzer", denn ihre Thätigkeit erstreckte sich namentlich aus biblische Figuren und Scenen in oft recht primitiver Arbeit, die theil« in dem nahen starkbesuchten Wallfahrtskloster Ettal an die Pilger, theils durch wandernde Verkäufer in ganz Deutschland, besonder« im Süden, der allezeit insolge der katholischen Confessio» ein starker Abnehmer an Heiligen bildern gewesen ist, verkauft wurden. Jetzt wird aller hand, besonders auch Spielwaaren, gearbeitet und einige Bersandthäuser im Ammergau befördern die Produkte de» häuslichen Fleißes der dortigen Bewohner, genau wie die erzgebirgischen Spielwaarcnverleger, nach allen Himmels richtungen. Jetzt besteht dort eine Seiten« der Regierung gegründete Holzschnitzer-Schul«, welche noch mehr zur Stellung der Holzschnitzerei auf die Stufen der wahren Kunst belkägt. Die Zahl der eigentlichen „Bildschnitzer" ist ungefähr 120—150. Hierzu kommen noch die Fami- lieoglieder, die bei der Anfertigung behilflich sind und die irr der Schnitzwerke. Schtm da» Aeußere der Häu ser bezeugt die Kunstfertigkeit der Insassen, denn fast je de« der gegen 200 Wohnhäuser de« Ortes trägt an der Außenseite Malereien oder Schnitzereien, meist biblischen Inhalte». Es war im Mittelalter da« „geistliche Schauspiel" ein beliebtes Thema, biblische Scenen wurden in Kirchen und Klöstern von Geistlichen und Mönchen ausgeführt und bildete die PassionSgeschichte einen Lyclu« von Darstellnn. gen, die von der Adventszeit bi» zu den Pfingsttagen sich vertheilten. Später arteten diese Spiele jedoch aus und verschwanden vom öffentlichen Leben, namentlich seit der Reformation. Doch im Ammergau erhielt sich diese Sitte, und als 1633 die Pest verheerend wüthete, flehten die über- lebenden besorgten Bewohner zum Himmel, beteten um Abhilse diese« Elendes und gelobten, aus Dankbarkeit all- jährlich die Leidensgeschichte Jesu als „öffentliches G'spiel" zur Andacht sür Jedermann aus der ganzen Gegend auf- zusühren. Die Pest hört« aus und bald ein halb Jahr- hundert hindurch sand die Aufführung alljährlich statt, bis man — de« hohen Kostenpunkte« halber — beschloß, aller 10 Jahre das Spiel zu wiederholen und dieser Tur nus ist seit 1680 treulich eingehalten worden. Seit Ende des vorigen Jahrhunderts erhielten die Oberammergauer ein landesherrliches Privilegium, welches allen anderen Gemeinden die Aufführung des Passionsspiels untersagte. Mit Alffang dieses Jahrhunderts besorgte ein ehemaliger Ettaler Mönch die Bearbeitung de« Texte« in zeitgemäßer Weise und der damalige Lehrer zu Oberammergau com- ponirte eine neue Musik. Beide« ist mit geringen Ab- weichungen bi« heute beibehalten worden. Bon der 187üj71er Aufführung wird dem Leser noch bekannt sein, daß König Ludwig U., der einer Aufführung beiwohnte, dem Orte eine Danke»erweisung bezeugte, die in einer kolossalen Sandstein-Krenzigungr-Gruppe besteht Zu beziehen durch alle Postanstalten. Preis vierteljährl. 1 50 H. Einzelne Nummern 5 4