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einem ehrenvollen Examen abgeschlossen hat, die DMömätenlaufbahn, für die er sich in der hohen Stellung seines Schwagers, des russischen Ge sandten in Berlin, Baron v. Sabouroff, ein glän zendes Ziel ersehen darf, betreten. Durch den Reichskanzler Fürst Bismarck, in dessen Hause ihm ein ehrender Empfang bereitet gewesen in, wird er diese Laufbahn in einem deutschen Con- sulate Amerikas beginnen, entweder in New-Aor! oder in einer Stadt Südamerikas. —e Chemnitz, 24. März. Heute Nachmittag 4 Uhr passirle auf unserer Pferdebahn der erste Omnibus das Geleis vom Schillerplatz aus die Königstraße entlang. Sicherm Vernehmen nach soll die Linie Bahnhof bis Ende der Königs straße mit erstem Osterfeiertag dem Verkehr übergeben werden. Die Probefahrt wurde von einer unabsehbaren Schaar von Kindern mit Hurrahs und sonstigen Uebermuthsbezeugungen begleitet. Ebenso fehlte es nicht an Schaulusti gen aus den Fenstern wie auf den Trottoirs, jenen anscheinend comfortabel eingerichteten, mit einem Pferde bespannten gelben Omnibuswagen M seiner ersten Fahrt in Augenschein zu neh men. Möge dem Unternehmen ein Glücksstern leuchten! — Das Dr. I. berichtet, daß, obschon das Befinden Sr. Maj. des Königs in den letzten Tagen sich ganz befriedigend gestaltet hat, der selbe doch auf ärztliches Anrathen der Theil- nahme an den während der Charwoche in der katholischen Hofkirche stattfindenden Processionen sich enthalten wird; auch das am zweiten Oster feiertage gewöhnlich stattfindende Hofconcert wird diesmal unterbleiben. Der König hat das Bett verlassen und bereits wieder einem in feinem Zimmer abgehaltenen Ministerrath beigewohnt. — Nach Berichten aus Italien soll im kom menden Mai zu Monza die Verlobung des Her zogs von Genua, eines Neffen unsers Königs, mit der Prinzessin Beatrice von England statt finden. — Dem nach 43jähriger treuer Amtirung in den Ruhestand getretenen Kirchschullehrer Braune zu Dorfschellenberg ist von Sr. Maj. dem Könige das Albrechtskreuz verliehen worden. — In Dresden starb am 21. d. der frühere langjährige Kirchschullehrer in Waldkirchen I. F. Stadler, Ritter des Civilverdienstordens, im Alter von nahezu 90 Jahren. — Das Dienen als Einjährig-Freiwilliger bei der Feld-Artillerie wird in Zukunft etwas kostspieliger als seither werden. Es soll näm lich, wie es bei der Kavallerie schon der Fall ist, künftig eine Vergütung für Pferdegestellung verlangt werden. Die Zahl der Einjährigen soll 4 pro Batterie nicht überschreiten. Bei der Fuß-(Festungs-)Artillerie wird die Annahme nicht beschränkt, auch eine Pferdevergütung nicht be ansprucht. — Während seiner Amtshandlung gelegentlich eines Begräbnisses verschied am 22. d. in der „Wie Miney IoLcxkus II. in Meisnen sick nmusiiiet knt." Ein Feuilletonist des „Illustr. Wiener Fremden- blatt" theilt unter obigem Titel nm NamenStnge deS großen Kaisers (29. März), der sich ein un- vergängliches Denkmal im Herzen seines Volkes errichtet Hal, eine Abschrift mit, welche der Neel- tatvr Grönland während seines Aufenthalts „in der königlich sächsischen Porzellanstad: Meißen" nach einer handschriftlichen Chronik anfertigie. Der Verfasser sagt: „ES wird darin in der wortkargen Ehronistenweise jener Zeit erzählt, wie Kaiser Jo seph II. auf einer Reise durch Sachsen, die er in Begleitung mehrerer Cavaliere, darunter der be- rühmte Feldmarfchall v. LaScy, machte, in dem lieblichen Meißen einen Tag ganz n soo «ise ver lebte. Der „römisch-deutsche" Kaiser muß damals besonders guter Laune gewesen sein. Seine heitere Stimmung wirft einen sonnigen Rester auf die sonst ziemlich hölzernen Zeilen deS wortkargen Chro nisten, der nicht» von dem Eindrücke vevräih, wel- chen die von aller Etiquette befreite Majestät aus Kirche zu Hennersdorf bei Schmiedeberg der all gemein hochgeschätzte Pastor Knecht. Derselbe war ca. 79 Jahre alt und fungirte als Seel sorger in der Gemeinde Hennersdorf seit unge fähr 36 Jahren mit segensreichem Erfolge. — Vor einigen Monaten wurde bekanntlich in Waldheim ein Löhrer verhaftet, der sich in seine Stellung durch falsche Zeugnisse einge schmuggelt hatte. Derselbe stand jetzt vor dem Chemnitzer Schwurgericht. Er heißt Rothe, ist aus Pönitz bei Taucha gebürtig und 22 Jahre alt. Aus dem Seminare bet' Weißenfels mit einem ungenügenden Zeugnisse entlassen, entwen dete er seinem Vetter, der Lehrer in Steinbach ist, ein Abiturientenzengniß, radirte den darauf befindlichen Namen August Petzold weg und setzte dafür feinen Namen Emil Rothe hin. Mittelst dieses gefälschten Abiturientenzeugnisses erhielt er eine Stellung in Köthen. Als dort die Fäl schung entdeckt, ihm das Abiturientenzeugniß ab genommen und er in der Folge entlassen wor den war, fertigte er mit Zuhilfenahme gefälsch ter Formulare und Petschafte sich andere Abi turientenzeugnisse an und erlangte auf diese Weise Lehrerstellen in Liegnitz, Dessau, Leipzig, Bülitz und Waldheim. In letztgenannter Stadl wurde der Schwindel entdeckt und der Fälscher verhaftet. Wegen einfachen Diebstahls und schwerer Urkundenfälschung wurde der Angeklagte unter Annahme mildernder Umstände zu 2 Jah ren 6 Monaten Gefängniß und 3 Jahren Ehr verlust verurtheilt. TageSgeschichte. Deutsches Reich. — Von den verschiedensten Seiten wird her vorgehoben, daß der Kaiser am Sonnabend bei der Gratulation dem FürstenBismarck mit gro ßer Auszeichnung begegnet sei, der als Führer des vollständig versammelten Bundesrathes er schien. Beim Empfange des Reichstagspräsidi ums sprach der Kaiser dem zweiten Vicepräsi denten, Hofrath Ackermann aus Dresden, sein tiefes Bedauern aus, daß König Albert von Sachsen durch Krankheit behindert sei, wie es ursprünglich seine Absicht gewesen und bisher immer geschehen, an diesem Tage persönlich seine Glückwünsche nach Berlin zu überbringen. — Der älteste Sohn des deutschen Kronprin zen, Prinz Wilhelm, welcher nach Absolvirung seiner akademischen Studien mit vollem Eifer sich seinen nrilitärischen Pflichten hingab, hat sich die Zufriedenheit seiner dienstlichen Vorgesetzten und die Sympathien seiner Kameraden in voll stem Maße zu erwerben gewußt und ist, wie schon gemeldet, anläßlich des Geburtstages des Kaisers zum Hauptmann und Compagnie-Chef im ersten Garderegiment z. F. ernannt worden. Der Prinz, dessen militärische Ausbildung in Gemäßheit einer vom Kaiser festgestellten spe- lhn und die Zeugen der geschilderten Scene ge- übt hat. Viele gleich frohe Tage waren damals dem Mon archen kaum beschienen. Im Jahre 1763 Halle er seine erste gelieble Gemahlin, Isabella von Parma, verloren und seine zweile Galkin war zur Zeil, in welche der Äufenlhall des Monarchen iu Meißen fälll, die ungeliebte Maria Josepha, Tochler Kaiser Karl VII." Run läßt der Verfasser dem Chronisten das Worl: „Am 27. Juni 1766 kam Kaiser JosephuS auf der Straße her, allwo er sich bei unserer gnädig sten Landesherrschaft zu Besuch aufg,hallen Halle, enlstieg seinem Wagen und fuhr bei Scharfenberg über die Elbe. Bei ihm waren: Der General- Feldmarschall von LaScy, General-Felbzeugmeister von Wiedk, Oberst-Stallmeister Graf von Dielrich stein, Generalmajor Graf von Nostitz, der Herr Major von Conn ('s) und der Churfürstlich sächsi sche General-Major von Riedes«!. Als seine kaiserlich Apostolische Majestät den Garlen des dasigen SchankwirlheS sah, gefielen Ihr die iu Blüthen prangenden Apfelbäume, so drinnen standen, und geryhlen Sich daselbst auf einer Bank ziellen Instruction erfolgt, wird, nachdem er sich mit dem Jnfanteriedienst vollkommen vertraut gemacht hat, dem Vernehmen nach auch der Ca- vallerie und der Artillerie zur Dienstleistung bei gegeben werden. — Die Nat.-Ztg. erklärt die gestrige Nach richt von dem Unfall Bismarck's für grundlos. Thatsachs sei nur, daß der schweizerische Ge sandte vr. Roth auf dem glatten Parquetboden gefallen sei, ohne sich irgend Schaden zugesügt zu haben. — Nach der Neuorganisation derVerwaltung des Reichslandes Elsaß-Lothringen haben bekannt lich auch Neuwahlen zur Einberufung des Lan desausschusses stattgefunden. Dieser Landesaus schuß ist in der letzten Zeit zu Berathungen ver sammelt gewesen. In der Sitzung vom 4. d. stand der Etat der Forstverwaltung auf der Tagesordnung, und hierbei benierkte der bekannte Protestler Abg. Grad gelegentlich sonstiger recht sachlicher Ausführungen in Betreff der Forst- culturen, sich auf die eigenen Anschauungen und ans die Behandlung des Waldes zur Zeit des Krieges berufend, er habe im Herbst 1870 meh rere Monate „in den Reihen unserer Francti- reurscompagnien in den Vogesen zugebracht". Hierbei verzeichnet der officielle Sitzungsbericht „lang anhaltender, stürmischer Beifall!" Die Aufgabe, die Bewohnerschaft des Reichslandes auch innerlich für Deutschland wieder zu gewin nen, erscheint, nach solchen Kundgebungen zu ur- theklen, als eine in der That recht schwierige. — Dem preußischen Minister des Innern hat ein Bericht der Negierung zu Wiesbaden, in welchem dieselbe den Erlaß eines Verbots der in Schanklocalen benutzten Bierdrucknpparate (sogenannten Bierpressionen) in Anregung bringt, Veranlassung gegeben, von der wissenschaftlichen Deputation für das Medicinalwesen über die > zur Sprache gebrachten Bedenken gegen jene Ap parate eine gutachtliche Aeußerung zu erfordern. Den, Schlußergebniß derselben ist der Minister im Wesentlichen beigelreten. Darnach erachtet I derselbe ein allgemeines Verbot der Bier- I Pressionen bei der sehr großen Verbreitung der-1 selben nach dem gegenwärtigen Stande der Er- I sahruugen nicht für angezeigt, da die Nachtheile, I welche sich bei dem Gebrauche dieser Vorrich- I tungen herausgestelll haben, durch zweckmäßige! Einrichtung und Handhabung voraussichtlich wür- I den vermieden werden. Unter den Bedingun- I gen, welche von der wissenschaftlichen Deputation I betreffs der Einrichtung der Bierpressionen her-1 vorgehoben worden seien, fielen die Entnahme I der Luft aus dem Freien, die Filtration dersel-I den mittelst Baumwolle, die Einschaltung eines I Schmierölsammlers zwischen Luftpumpe und Wind-1 kessel, sowie die Benutzung von Röhren von rein-1 stem Zinn für die Bierleitung insofern am mei-1 sten in's Gewicht, als hierdurch Gewähr dafür I geleistet werde, daß die Bierprefsionen ihren ur-1 sprünglichen Zweck erfüllten, und beim Abzapfen I niederzulassen, was auch von den Ercellenzen in I Hochdero Gefolge auf einigen andern Bänken ge- I schah. Nach kurzem Ruben bemerkten Le. Maje-1 stak Kaiser JosephuS einen ganz ordinären Kegel-1 schub und bekamen eine Lust, ein paar Spiele mit! den obgemeldeken Ercellenzen darauf zu erecutiren. D Nun waren wohl einige der Herren nicht son-D derltch inclinirt, mit ihren Händen die unreinlichen I Kugeln anzugreifen; aber so die Majestät befiehlt,! müssen die sujvts obSii-eo Ein wackerer Bube I setzeie die umgeworfenen Kegel auf, rief die gefal« I lene Zahl derselben mit denen landesüblichen AuS- D drücken denen hohen Gästen zu. Da gab eL Kei- D neu, der sich dessen mehr erfreute, als Seine kaiser-I licht Majestät Josephus. Als dieses Divertissement eine Zeit gewähr», lie-I ßen Seine Majestät dem Wackern Kegelaussetzer tineni Ducaten verabreichen. Von Scharfenberg ritten die hohen Gäste autD denen Pferden, welche man mittlerweile auf de>» dastgen Elbfähre herübergeschiffet, durch Meißen» auS dem Lommatzschen Thore hinaus, um sich bei» Schlentta ein Lager auS dem vorigen Kriege am» zusehen. I