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genösse gewesen, ihm im Liede ihren Scheide- und letzten Liebesgruß gebracht und zu der in mitten einer reichen Fülle von Blumengewinden und Palmen, die als Zeichen der theilnehmenden Trauer von allen Seiten gekommen waren, auf gebahrten Leiche pilgerten noch Viele, um einen letzten Blick in die Zuge des warmen Arbeiter-, des theilnehmenden Menschenfreundes zu thun. Den langen Leichenzug, der sich durch ein dichtes Spalier von Zuschauenden nach dem Friedhöfe bewegte und dem wohl nur der von der Beer digung Bürgermeister Meltzer's in seiner impo- nirenden Ausdehnung zur Seite zu stellen, eröff nete die Weberinnung mit ihrer umflorten schönen Fahne, während den unmittelbar dem Sarge folgenden nächsten Familienangehörigen und vie len engern Freunden des Verstorbenen die zahl reichen Arbeiter der Firma, darunter auch viele auswärtige (aus Zschopau, Lengefeld rc.) folgten. An diese schloffen sich die Mitglieder der städti schen Collegien, die Landwehr- und Reserve-Of fiziere und die Mannschaften des Landwehrsiam- mes unter Führung des Hrn. Oberstlieutenant Puscher, Hr. Bezirksaffeffor vr. Rumpelt in Ver tretung des dienstlich verhinderten Hrn. Amts hauptmann v. Weiffenbach und eine große Zahl von Mitgliedern der Vereine, in denen der Ver storbene so vielfach gewirkt, und von Freunden aus der Stadt und ihrer nähern und weitern Umgebung, wie aus den Nachbarstädten. Am Grabe gedachte zunächst Hr. Diac. Lange noch einmal der umfassenden Wirksamkeit des'Todten für die Webbranche, seine Arbeiter, die Stadt, ihre gemeinnützigen Institute der innern Mission (Verein zu Rath und That, Kleinkinderbewahran- stalt), kurz seines so bewährten humanen, seines festen patriotischen und besonders seines treuen kirchlichen Sinnes, mit dem Bibelworte „Selig sind die Todten" rc. die Hinterlassenen auf den Trost der Religion, der der Geschiedene sein Lebenlang treu gedient, hinweisend. Der Schwiegersohn des Verstorbenen, Hr. ?. Fischer aus' Ober wiesa, rief in bewegten und bewegenden Worten dem so schnell verlornen Oberhaupte den Dank der Faniilie für alle seine Liebe in die Gruft nach. Nachdem Hr. Archid. Wolf den Segen gespendet, widmete Hr. Oberpfarrer Lesch noch dem mit ihm in gemeinsamem Liebeswirken viel verbunden gewesenen Freunde innigen Scheide- grutz und beendete den Traueract mit dem ^Ge bete des Herrn. — Im Banketsaale des kgl. Residenzschlosses fand am Mittwoch Nachmittag anläßlich des Landtagsschluffes unter Theilnahme Ihrer kgl. Majestäten, sowie Ihrer kgl. Hoheiten des Prin zen und der Frau Prinzessin Georg nebst Prin zessin Mathilde eine große Hoftafel statt, zu welcher Einladungen an die Minister, an die Directorien und sämmtliche Mitglieder der bei den Kammern und an bei dem Landtage be schäftigte kgl. Commiffare ergangen waren und bei welcher Se. Maj. der König auf das Wohl der Stände und des Landes trank, während der Präsident der I. Kammer das Wohl des Kö nigs und der Präsident der II. Kammer das der Königin und der übrigen Mitglieder der königlichen Fanulie ausbrachte. Nach Aufhebung der Tafel nahm der König Gelegenheit, mit ver schiedenen Abgeordneten längere Gespräche zu pflegen und sich über die betreffenden Ortsver- hältniffe zu orientiren. — In der Egidienkirche zu Oschatz wurden am 10. d. zwei bisher dem mosaischen Glauben zugehörende Schülerinnen der dusigen Volks schule, 12 und 13 Jahre alt, durch die Taufe in die christliche Kirche ausgenommen. — Der Chemnitzer Arbeiterverein hat in Ver bindung mit dem Ortsverein des Gewerkvereins der deutschen Fabrik- und Handarbeiter beschlos sen, gemeinschaftlich eine Petition an den Stadt- rath zu richten, worin gebeten wird, in jeder größeren Fabrik eins» oder mehrere Arbeiter durch einen Arzt ausbilden zu lassen, damit diese bei vorkommenden Verunglückungen den Verletz ten bis zur Ankunft deS Arztes Hilfe leisten können. — Die Nachricht, daß der wegen Unterschla gung in Hast genommene Forstrentamtmann Gretschel aus Schandau gegen Handgelöbniß aus freien Fuß gesetzt worden sei, bestätigt sich nicht. — Das Dresdner Schwurgericht hat am 11. d. wider die Stephan'schen Eheleute aus Langen hennersdorf, weiche den 71jährigen Vater der Ehefrau auf entsetzliche Weise ermordet hatten, verhandelt. Das Gericht erkannte auf Todtschlag und deshalb dem Ehemann 7 Jahre Zuchthaus zu, der Ehefrau aber, wegen TodlschlagS an ei nem Verwandten in aufsteigender Linie, 12 Jahre. — Das Schwurgericht zu Plauen verhandelte am 10. d. über den Zimmermann Hendel aus Chrieschwitz, welcher der Verübung von nicht weniger als 10 im Laufe vorigen Jahres an Milchmägden in der Nähe von Plauen began genen Naubanfällen beschuldigt und unumwun den geständig war, und verurtheilte denselben zu 15jähriger Zuchthausstrafe, dem höchsten zu lässigen Strafmaße. — Durch abhanden gekommene Kaffenbillets der Leipzig-Dresdner Eisenbahn hat die Staats kasse eine Ersparniß von 150000 M. gehabt. — Bei der Sächsischen Feuerversicherungs- Genossenschaft zu Chemnitz versicherten in den ersten beiden Monaten dieses Jahres 721 neue Mitglieder mit einer Versicherungssumme von über 3 Millionen. Dieser Zuwachs ist so be- deutend, wie er in einem gleichen Zeiträume seit Bestehen der Genossenschaft noch nicht erreicht wurde und gtebt den besten Beweis für das Ver trauen, das die Anstalt in den verschiedenen Krei sen der Versicherungssuchenden genießt. Die Zahl der Mitglieder, welche jetzt 12358 beträgt, hat sich in den letzten 3 Jahren fast verdoppelt. Vom Reichstage. — In der Sitzung vom 11. März wurde zu nächst bei Wiederholung der in der vorherge gangenen Sitzung wegen Beschlußunfähigkeit ab gebrochenen Abstimmung über die als erste Nate zum Bau einer Kaserne für das von Meißen nach Dresden zu verlegende Jägerbataillon ge forderten 800000 M. diese Position mit 138 gegen 96 Stinimen bewilligt. Der Rest des Miliiäretats wurde nach den Anträgen der Bud get-Commission erledigt. An die Budget-Com mission verwiesene Etatstheile des auschärtigen Amtes (darunter eine Subvention für die Doh- rische zoologische Station in Neapel und die Er richtung eines Consulats in Apia) wurden ge nehmigt. Hiernach folgte die erste Lesung des Brausteuergesetzes. Der Antrag des Fürsten Hatzfeld, dieses Gesetz an eine Commission zu verweisen, wurde abgelehnt. Die zweite Lesung findet demnach im Plenum statt. Im Laufe der Debatte sprach v. Soden sich gegen die Vor lage aus, die eine Ungerechtigkeit gegen Süd deutschland sei und eine Vermehrung des Brannt- weingenuffes zur Folge haben werde. Graf Hatzfeld vermißt die gleichzeitige Vorlegung ei nes Entwurfes wegen Erhöhung der Brannt weinsteuer, Mendel und Schröder sind ebenfalls gegen eine einseitige Erhöhung der Biersteuer. Witte spricht Namens der Mehrheit der Natio- ralliberalen gegen den Entwurf, der ohne die gleichzeitige Erhöhung der Branntweinsteuer nicht discutirbar sei. Uhden, Meier und Schauß plai- dirten für eine Berathung der Vorlage durch eine Commission. Tagesgeschichte. Deutsche» Reich. — Begünstigt vom herrlichsten Frühlings wetter fand am Mittag des 10. März die feier liche Enthüllung des im Thiergarten zu Berlin errichteten Denkmals der Königin Louise statt. Derselben wohnten das Kaiserpäar, der Kron ¬ prinz, alle Prinzen und Prinzessinnen des Kö nigshauses und die Großherzogin-Wittwe von Mecklenburg-Schwerin (Schwester des Kaisers) bei. Nach Gesang des Domchors hielt der frü here Minister Hobrecht die Festrede, welche mit dem Wunsche schloß, das Denkmal solle den späteren Geschlechtern Kunde geben von der Liebe des Volkes zur Landesmutter. Auf ein Zeichen des Kaisers fiel die Hülle des Denk mals. Die Feier schloß mit einem von Ober bürgermeister v. Forckenbeck ausgebrachten Hoch auf den Kaiser, in welches die Versammlung, die Volkshymne anstimmend, begeistert einfiel. Der Kaiser, tief ergriffen, umarmte wiederholt seine Geschwister, den Prinzen Karl und die Großherzogin von Mecklenburg-Schwerin, und sprach Hobrecht und dem Urheber des Denkmals seinen Dank aus, richtete auch an die Vertreter der akademischen Jugend das Wort und er mahnte sie, dem Vorbilde der deutschen Jugend aus den Tagen der Königin Louise nachzueifern. Zu Ehren des Tages trugen alle öffentlichen und viele Privatgebäude Flaggenschmuck. — Der Plan zur Errichtung des Denkmals, das nicht tue jugendliche, von holdem Liebreiz umflossene Fürstin, sondern die von der Last des Unglücks des Vaterlandes gebeugte Dulderin mit den Zügen tiefer Schwermuth darstellt, tauchte gleich nach dem französischen Kriege auf; reichlich flös se» die freiwilligen Gaben für dasselbe aus den Kreisen der Bürgerschaft und auch die städti schen Behörden betheiligten sich in hervorragen der Weise bei der Beschaffung der nothwendi- yen Mittel. Am 22. März 1877, zum achtzig sten Geburtstng unseres Kaisers, wurde derselbe durch die vollendete Modellstatue überrascht, welche zu jenem Tage in der Schloßcapelle Auf stellung gefunden halte. — Die N. A. Ztg. berichtigt die Mittheilung vom letzten parlamentarischen Diner beim Reichs kanzler dahin, daß derselbe in Bezug auf die Verweigerung der Auslieferung Hartmann's nicht gesagt: er könne das Verfahren der französi schen Negierung nicht mißbilligen, sondern daß er gesagt hat: er habe das Verfahren der fran zösischen Negierung vorausgesehen wegen der Gründe innerer französischer Politik, welche die Auslieferung für die Zukunft der gegenwärtigen Negierung bedenklich machten. — Welches kostbare Material zur Zeit unsere Panzerschiffe repräsentiren, ist aus nachstehenden Zahlen zu ersehen. Es haben betragen die Ge- sammtbaukosten der Fregatten „König Wilhelm" 10,102829 M., „Deutschland" 8,240450 M., „Kaiser" 8,226032 M., „Friedrich der Große" 7,303417 M., „Preußen" 7,038097 M., „Fried rich Carl" 6,453 296M. und „Kronprinz"6,296 721 M.; der Corvetten: „Sachsen" 7,803475 M., „Baiern" 6,930338 M., „Hansa" 3,665412 M., „Württemberg" 3,517952 M. Außerdem sind bis zum Schluffe des Monats März 1879 an Neparalmkosten erwachsen für „König Wilhelm" 1,692156 M., „Deutschland" 548559 M., „Kai ser" 679971 M., „Friedrich der Große" 260301 M., „Preußen" 316776 M., „Friedrich Carl" 2,265090 M., „Kronprinz" 1,221965 M., „Hansa" 265189 M. Im laufenden Jahre sind zur Unterhaltung und Reparatur der Schiffe und des Inventars derselben 5,369311 M. für erforderlich erachtet, an welchem Betrage dse Panzerschiffe wiederum nicht unerheblich parti- cipiren, da unter Anderem „Kaiser" Reservekes sel und neue Schraubenpropeller, „König Wil helm" und „Preußen" ebenfalls neue Schrauben propeller erhalten sollen. Zum Bau der unter gegangenen Panzerfregatte „Großer Kurfürst", im December 1869 begonnen und am 17. Sep tember 1875 (Stapellauf) beendet, sind verwen det worden: für den Schiffskörper einschließlich der Boote und Rundhölzer 4,858258 M., für die Ausrüstung 357097 M., für die Maschine und deren Inventar 1,674059 M. und für die Bewaffnung 415770 M., in Summa 7,305184 M. Der Verlust dieser Summe wird wohl zu