zen ziehen: Dvorak hat keine Originalmelodien zitiert, aber er hat bei der Erfindung der Melodi en gewisse Stileigenarten herausgestellt, die sich in besagtem Liedgut finden. Das ist zum einen die häufige Vermeidung von Halbtonschritten in der Melodie, was sich in der sogenannten Pentatonik niederschlagen kann (z. B. im ersten Teil des berühmten Englischhorn-Themas des zweiten Satzes). Besonders charakteristisch ist auch die nicht wie üblich zum Leitton erhöhte 7. Stufe der Tonleiter, die sonst bei Themen in Moll die Spannung zum Grundton hin hervor hebt; sie begegnet uns z. B. im zweiten Thema des zweiten Satzes (das ist jenes, das wie der Wind über der Prärie klingt), und im Hauptthe ma des Finales. Im Rhythmus ist die Formel aus kurzem betontem Ton und schwächerem länge rem, die sich also gewissermaßen mit Kraft vom Boden abstößt, eine markante Übernahme aus Spirituals. Sie findet sich im Hauptthema des ersten Satzes, das in der langsamen Einleitung schon vorbereitet wird, sowie im dritten The ma des ersten Satzes. Dieser Rhythmus wird in Amerika als »scotch snap« bezeichnet, was an zeigt, dass er auch für schottische Fiddle-Musik charakteristisch ist; für Dvorak ist aber die afro amerikanische Assoziation maßgeblich. Ebenso könnte man einwenden, dass Pentatonik auch in russischen Liedern verbreitet ist und ein Klischee chinesischer Musik ist. Darauf spielt Dvorak aber in keiner Weise an. Was man al lerdings findet, sind Anklänge an tschechische Folklore, insbesondere im Scherzo. Die große künstlerische Leistung Dvoraks be steht darin, dass es ihm gelungen ist, für sein Material, für all die eingängigen Melodien, eine angemessene sinfonische Gestaltung zu finden. Weder reiht er sie bloß aneinander, was für eine Rhapsodie oder eine Suite ausreichend wäre, nicht aber für eine Sinfonie, noch versucht er,