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Der Kölner Künstler Hans Palm ® Bemerkungen zur Eroica Zu Beethoven's Musik anlässlich der heute Abend zur Aufführung gelangenden 3. Sinfonie, der sog. Eroica Ich möchte mit einem Zitat aus Richard Wagners Schrift "Beethoven", die mir in einer Ausgabe von 1905 vorliegt, beginnen: "Überblicken wir den musikgeschicht lichen Fortschritt, welchen die Tonkunst durch Beethoven getan hat, so können wir ihn bündig als den Gewinn einer Fähigkeit bezeichnen, welche man ihr vorher absprechen zu müssen vermeinte: Sie ist durch das Genie Beethovens weit über das Gebiet des ästhetisch Schönen in die Sphäre des durchaus Erhabenen getreten, in welcher sie von jeder Beengung durch konventionelle oder traditionelle Formen ver möge vollster Durchdringung und Belebung dieser Formen mit dem ureigensten , Geiste der Musik befreit ist.....Die Musik ist durch Beethoven von dem Einfluss der Mode und des wechselnden Geschmacks emanzipiert zum ewig gültigen, rein menschlichen Typus erhoben worden...Seine Musik wird zu jeder Zeit verstanden werden." Wagner wird im weiteren Verlauf seiner Schrift von 1870 (sic!) zum hun dertsten Geburtsjahr Beethovens sehr deutschtümelnd, aber seinem Hinweis auf die Sprengung aller bis dato gültigen musikalischen Konventionen ist wohl noch heute nicht zu widersprechen. Um es ganz persönlich zu sagen, mich hat schon als noch sehr junger Mensch seine Musik derart gründlich, von Grund her leidenschaftlich ergriffen, dass mir der Satz Schopenhauers, Musik sei unmittelbar tönender Welt wille, sei klingendes Philosophieren, immer einleuchtete. Nun aber: Ein gehörloser Musiker! Ist ein erblindeter Maler zu denken? Nein! Um wieviel unbegreiflicher ist Beethovens Genie, wenn man sich vergegenwärtigt, dass er als einziger seine Musik nie adäquat gehört hat. Auf Seite 12 sehen Sie vier seiner ihm verordneten Gehör hilfen, mit denen, an sein Ohr gehalten, er in der Gesellschaft herumlief, um über haupt einigermaßen an ihr teilnehmen zu können, wodurch er aber immer einsamer und merkwürdiger, melancholischer wurde, wie Wagner in seiner Schrift ausführt. Zum Bild: Ich wollte die im wahrsten Sinne unerhörte Musik Beethovens, seine dra- matisch-tragisch-formsprengende Passion, seine unmittelbar seelenüberwältigende Musik, in Farbe sich widerspiegeln lassen; der Goldbalken über dem aus den Farb bahnen auftauchenden Portrait soll bewusst an die mittelalterliche Aureole oder Glo riole erinnern, Notenzeichen und die kleine Radierung in der Mitte stellen weiteren Weltbezug her ( alles ist Musik- Schopenhauer),begleitet und umrahmt von der Wucht der nach oben strebenden Farbblöcke, als erklänge Beethovens Musik optisch. Zur Technik: Dies ist eine Mischtechnik aus Collage, Malerei, Federzeichnung, Radie rung und der sog. "Reservetechnik", bei der in diesem Fall eisenhaltige Tinte ( die schwarzen Flecken auf den Farbbahnen ) auffetthaltiger Kreide aufgebracht wird und so unvorhersehbar abperlt. Ich wollte mit allen mir zu Verfügung stehenden Mitteln Beethovens Musik optisch werden lassen, als ob man sie sähe, wenn man sie hört. 10 Kontrapunkt-Konzerte