Die Komponisten und ihre Werke » Die 1. Sinfonie von Gustav Mahler Briefwechsel mit dieser neuen Angebe teten lässt sich die wachsende Bereit schaft Mahlers erkennen, über die Ar beit als Herausgeber und Rekon- strukteur hinaus nicht nur seinen Ruf als viel versprechende musikalische Persönlichkeit zu manifestieren, son dern selbst zum sinfonischen Kompo nieren zu schreiten. In sechs Wochen legte er seine über einen Zeitraum von vier Jahren gesammelten Skizzen und Ideen entschlossen als Partitur nieder. Doch ergaben sich nun für den Kom ponisten neue Probleme hinsichtlich Form und Titel seines Werkes. Sollte er es als ein Sinfonisches Gedicht, ein Sinfonisches Gedicht in zwei Teilen, eine Sinfonie in fünf Sätzen, eine Sinfonie in D-Dur oder als „Titan, eine Tondichtung in Sinfonieform“ bezeich nen, oder nur als Titan - all diese Titel erfand Mahler für sein Werk. Die Herausgabe der endgültigen Fassung der Ersten verzichtete sogar auf einen ganzen Satz, der heute nur selten musi zierten Blumine. Am 20.11.1889 wurde die Sinfonie in Budapest als „Sinfonie Nr. 1 in D-Dur“ uraufgeführt. Programm, wenn not wendig, angereicht vom Komponisten: I. Teil: Aus den Tagen der Jugend, Jugend-, Furcht- und Dornenstücke 1. Satz: Frühling und kein Ende (lang sam, schleppend). Die Einleitung schil dert das Erwachen der Natur am Morgen. 2. Satz: Mit vollen Segeln (Scherzo) 16 -d- Kontrapunkt-Konzerte Die Komponisten und ihre Werke "■ Die 1. Sinfonie von Gustav Mahler II. Teil: Commedia umana 3. Satz: Ge strandet (feierlich und gemessen). Ein Totenmarsch in Callots Manier. Zur Erklärung diene, wenn notwendig, fol gendes: die äußere Anregung zu die sem Musikstück erhielt der Autor durch das in Süddeutschland allen Kindern wohlbekannte parodistische Bild „Des Jägers Leichenbegängnis“ aus einem alten Kindermärchenbuch: die Tiere des Waldes geleiten den Sarg des ver storbenen Försters zu Grabe; Hasen tragen Fähnlein, voran eine Kapelle von böhmischen Musikanten, begleitet von musizierenden Katzen, Unken, Krähen usw., und Hirsche, Rehe, Füch se und andere vierbeinige und gefie derte Tiere des Waldes geleiten in pos sierlichen Stellungen den Zug. An die ser Stelle ist dieses Stück als Ausdruck einer bald ironisch lustigen, bald un heimlich brütenden Stimmung gedacht, auf welche dann sogleich 4. Satz: DaU'inferno al Paradiso (stürmisch bewegt) folgt, als Ausdruck eines im Tiefsten verwundeten Herzens. Verschiedene Volkslieder fließen in diese Komposition ein. Im ersten Satz strömt die Melodie Ging heut' morgen übers Feld. Das Thema des zweiten Satzes entwickelt sich aus dem in Kassel entstandenen Lied Hans und Grete. Auf der Straße stand ein Linden baum, das letzte der Gesellenlieder, und der Trauermarsch des nach Moll gedeuteten Kanons Frere Jacques prä- J Kontrapunkt-Konzert«? | y