Die Komponisten und ihre Werke ® Die 3. Sinfonie von Ludwig van Beethoven der Revolution verraten hätte — indem er eine Vereinbarung mit dem Vatikan unterzeichnete, nach der der katholi sche Gottesdienst in Frankreich wieder eingeführt wurde - setzte er seine Wid mung ein Jahr später auf das Papier. Taktische und sehr weltliche Gründe könnten dies bewirkt haben, dachte Beethoven doch in dieser Zeit an einen Umzug nach Paris. Und erst jetzt setzt die oft zitierte Anekdote ein, wie sie Beethovens Schüler Ferdinand Ries überliefert hat. Angesichts der Nachricht, dass Napo leon sich zum Kaiser ausgerufen habe, soll der Komponist das Titelblatt der Partitur, worauf obenan „Bonaparte“ gestanden hätte, mit dem Ausruf abge rissen haben: „Ist der auch nicht andres wie ein gewöhnlicher Mensch! Nun wird er auch alle Menschenrechte mit Füßen treten, nur seinem Ehrgeize frö nen? er wird sich nun höher wie alle andern stellen, ein Tyrann werden!“ So bleibt letztlich der wahre Held und Eroberer doch der Komponist, der sei ner revolutionären Sinfonie eine „alles Vergleichbare sprengende komposito rische Struktur“ (Konoid) zugrunde legte. Diese führte beim Premieren publikum 1805 im Theater an der Wien verständlicher Weise zu Irritationen, die sich in den Rezensionen der ersten Aufführungsjahre auch positiv äußern: „Eine sehr weit ausgeführte, kühne und wilde Phantasie“ nennt sie ein Urauf- fuhrungsbesucher, die „größte, origi nellste, kunstvollste und zugleich inter essanteste aller Sinfonien“ hörte ein Zeitzeuge bei einer späteren Wieder aufführung. Konservative Stimmen nannten das Werk sogar „sittenverder bend“. Beethovens „Eroica“ ist als Angriff auf die bisherige Aufgabe der Musik zu werten, Konsumenten erfreu lich-bequem unterhalten zu dürfen. Die Dauer der Sinfonie, die Klangstärke und die Macht des musikalischen Appells forderten die Aufnahmebereit schaft der Zuhörer ein, was Beethoven durchaus bewusst war. Er selbst bat darum, diese Sinfonie am Anfang eines - damals noch unvorstellbar langen - Programms zu spielen, damit die Zuhö rer noch wach wären. Mathias Walz: „Kennzeichnend für den Stil der Eroica ist ein neuer Umgang mit dem themati schen Material. Der ganze erste Satz entwickelt sich dynamisch aus dem Gegensatz von Diatonik und Chro matik. Die musikalischen Elementar kräfte entfalten eine Sprengkraft, die in der Durchführung zu einer völligen Auflösung der Taktordnung fuhren.“ Sprengkraft besitzt auch das Klangbild, wie Paul Bekker schon 1912 feststellte: „Beethovens Orchester ist von jetzt an eine Summe von Einzelwesen, eine musikalische Republik.“ Es folgt ein „sinfonisierter Marsch“ (Konoid), ein tänzerisches Scherzo und ein Fi nale als Variation eines Themas aus „Die Geschöpfe des Prometheus“ - auch ein Aspirant für alles Heldische.