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schrieb Mozart noch Musik, als sei’s für ihn selbst, Concerte „von ganz besonderer Art" (Mit teilung an den Vater), also Konzerte und nicht Sinfonien, denn schon mit seinen Klavierkon zerten begab er sich ins Sinfonische. Diese Art zu komponieren war neu, bisher noch nicht dage wesen. Das hat er sicherlich selbst als Erwei terung seines Könnens gesehen, als einen Quali tätssprung erkannt. So verwirklichte er erstmals seine eigene, dramatische Konzeption, die das Klavier als Individuum begreift, ähnlich den Schauspielern, die auf der Bühne in unterschied licher Weise agieren und dem Zuschauer ständig überraschende Einsichten vermitteln. Mozart Blick auf Wien, der Stadt, von der Mozart schon lange träumte, bevor sich sein Schick sal erfüllte und er dort als freier Komponist leben durfte; Radierung von Piringer nach einer Zeichnung von Lorenz Janscha aus dem 18. Jh. hatte das Klavier gleichsam sprechen gelehrt. I „Der Solist deklamiert, fleht, klagt oder trium phiert, das Orchester spielt bedauernd oder ! belächelnd mit, antwortet, führt weiter, ergänzt" (Matthias Walz). i Was aber ist diese besondere Art? Rein äußerlich | wurde sein Orchester bald schon reicher durch 1 Einfügung weiterer Bläser, Trompeten z. B. und Pauken (die gehörten zum Bläsersatz), Klarinet- j ten hingegen finden wir erst später und dann ■ auch nur in drei Konzerten 1785/86. Früher be setzte er meist nur zwei Oboen und zwei Hörner, I gelegentlich noch zwei Fagotte. Aber hauptsäch- | lieh ging es ihm wohl um das Innere, die musi kalische Faktur. War es vordem durchaus üblich, , daß das Soloinstrument gewissermaßen vom Or- 16 i> DRESDNER O; PHILHARMONIE ehester begleitet wurde, das „begleitende“ Instru mentarium bestenfalls in Vor- und Zwischen spielen selbständig auftreten durfte noch ganz im Sinne der barocken „Ritornell-Praxis“, so versuchte Mozart jetzt eine wirkliche Dialogform zu finden, gelegentlich sogar auf engstem Raum: Frage- Antwort-Spiele zwischen Solo und Tutti, gegen seitiges Zuwerfen der Gedanken, aufnehmen, um formen, weiterleiten, motivisches Wechselspiel, auch der verschiedenen Instrumente untereinan der (die Bläser wurden selbständig, redeten mit). Es kam zum Wettstreit aller Beteiligten im wahrsten Sinne des Konzertbegriffs (concertare = | Wettstreiten). Eine Verschmelzung des Konzertan ten mit dem Sinfonischen entstand so. Eine uner hörte, d.h. bis dahin nicht gehörte Farbigkeit | ging daraus hervor und stellte größere Ansprüche an die Zuhörer. Das waren sie nicht gewohnt, nahmen aber seine Kunstfertigkeit vorerst noch i begeistert auf. Doch dann, vor allem nach seinem „Figaro“ (1786), meldeten sich Stimmen gegen den entschiedenen „Hang für das Schwere und Ungewöhnliche“, und das Publikum blieb aus. Diese letzten Klavierkonzerte sind kühner und noch persönlicher im Ton, kümmern sich kaum noch um die Erwartungen und das Unterhal- In einer Periode des „Schaffensrausches" - zwischen Februar und April 1784 - waren gleich vier Konzerte (KV 449 - 451 und 453) entstanden, im Herbst und Winter des Jahres nochmals zwei (KV 456 und 459), 1785 und 1786 jeweils drei (KV 466, 467, 482 und 488, 491, 503). Eine reiche Ernte! Zwei „Nachzügler", die aber in höchster Mo- zartscher Qualität - die Wiener hatten sich von Mozart schon innerlich abgewandt -, stammen aus den Jahren 1788 („Krönungskonzert", KV 537) und 1791 (KV 595) - das lichte in B-Dur mit dem sehn suchtsvollen Gedanken an den FrühOling: „Komm lieber Mai und mache". 17