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Der Weltkrieg. Friedensvorschläge, die gut gemeint, zur Zeit indessen aussichtslos sind, werden in Washington ausgearbeitet, von wo bekanntlich auch, mit Hilfe des deutschen Kaisers, der russisch-japanische Friedensschluß in die Wege geleitet wurde. Die allgemein vertretene Ansicht, daß einstweilen kein Friede ohne die Zusicherung aller Kriegführenden, die Rüstungen einzuschränken oder ganz abzurüsten, möglich sei, zeigt zur Genüge, daß man auch in Amerika einen baldigen Friedensschluß vor der vollen kriegerischen Entscheidung für unmöglich hält. Auf Zusicherungen seiner Feinde kann Deutschland sich ohnehin nicht einlassen. Trotz der feier lichen Beteuerungen des Zaren, daß Rußland den Frieden wolle, wurde durch russische Gefangene erwiesen, daß die Militärverwaltung des Zarenreiches nicht nur die euro päischen Korps und deren ebenso starken Reserveformationen vorzeitig mobilisiert hat, sondern daß dies noch viel früher, vielleicht schon im Mai, bei den asiatischen Korps geschehen ist. Frankreich und England verdienen nicht mehr Ver trauen als Rußland, die drei sind einander durchaus eben» Anker deutscher Verwaltung. Gleich Belgien be findet sich auch das bisherige russische Gouvernement Su- walki recht wohl unter deutscher Verwaltung. Obwohl das an Flächeninhalt etwa dem Königreich Sachsen gleichkom- menöe Gebiet in feiner gegenwärtigen Verfassung nicht gerade das begehrenswerteste Stück Europas ist, so kann es doch zur Verproviantierung unserer Truppen beitragen. Die an dem östlichsten Zipfel unserer Provinz Ostpreußen und damit scharf in Feindesland vorstoßende Besitzergreifung be rechtigt auch zu der Hoffnung, daß wir später bei der Ab rundung ganz gut adschneiden werden. Das Gouvernement zählt zur Zeit 600000 Einwohner, unter denen sich etwa 30000 Deutsche befinden, der Mehrzahl nach besteht die Be völkerung aus Polen und Litauern und zählt im Ganzen nur 68000 Ruffen. Oie Kriegslage in Galizien biekel keinen Anlatz zu Besorgnissen, sondern ist im Gegenteil für unsere Ver bündeten vollauf befriedigend. Die Hauptverbindungen der österreichisch-ungarischen Armeen laufen in westlicher und südwestlicher Richtung. Diese Verbindungen dürfen nicht bedroht werden. Daher wäre es ein schwerer Fehler ge wesen, den schönen Erfolgen im Zentrum und am rechten Flügel blindlings nachzulaufen und hierdurch nicht nur die Heldenarmee Auffenbergs im Stiche zu lassen, sondern auch selbst den Gegner in den Rücken zu bekommen. Der Erfolg der Siege bei Krasnik und Mokarow besteht ungeachtet des vorübergehenden Rückzuges fort in der genügend langen Fernhaltung des übermächtigen Stoßes der immer mehr von Osten nach Norden verschobenen russstchen Hauptkraft. Dieser Stoß richtete sich aber gegen die Hauptverbindungen der Österreicher und war daher der gefährlichste. Während die Russen in den dreiwöchigen Kämpfen 50SOO Ge fangene und gegen 300 Geschütze verloren, geriet kein einziger Mann unseres Verbündeten unverwundet in russische Gefangenschaft. Der Kriegsberichterstatter der „Franks. Ztg." stellt ausdrücklich fest, baß auch keine einzige der bisherigen rückgängigen Bewegungen eine verschleierte Niederlage ge wesen ist, da die Truppen unseres Verbündeten trotz aller Verluste volle drei Wochen hindurch fast unablässig kämpften und zwar stets in erneuten Angriffen. Die riesigen Verluste haben die Stoßkraft der Russen aufgezehrt, so daß auf dem unseren Freunden günstigen Terrain eine baldige und er freuliche Entscheidung bevorsteht. Die Kämpfe in Oskpreuhen vom 9. und 10. September sind von den deutschen Truppen mit einer Erbitterung ohne gleichen geführt worden, denn auf Schritt und Tritt zeigte sich den braven Landwehrmännern die entsetzlichen Spuren der Zerstörungswut der Rennenkamp'schen Armee. Wenn unsere Soldaten, fast durchweg selbst Familienväter, an den zerstörten Anwesen vorüberkamen, wo die Gruppen länd licher Frauen, Männer und Kinder stumm und starr vor den rauchenden Trümmern ihrer Häuser standen, packte sie jedesmal eine heillose Wut. Nicht mal unsere .Trauringe haben sie uns gelassen, erzählte ein weißhaariger Greis, zwanzig Jahre haben wir sie getragen, aber als die Russen sie bei mir und meiner Frau entdeckten, machten sie eine Bewegung, als wollten sie uns die Hand abhacken, sie zogen die Säbel, da Gott sei Dank bekamen wir sie noch schnell von den Fingern! Das gW Wut bei den Soldaten , und Mt zusaniMngebisseneN Zähnen wird weiter marschiert, Infanterie, Kavallerie, Artillerie in langer Reihe. Drei Batterien haben endlich den Feind gefaßt. Un unterbrochen sausen die Granaten, die Kanoniere stehen mit den die Granaten enthaltenden Flechtkörben zum neuen Schuß bereit. Da rast der Hauptmann heran. Da stehen die Hallunken! Front nach rechts mit geladenen Geschützen l Im Galopp preschen die Pferde mit den Protzen heran, im Augenblick sind die Geschütze befestigt, wird eingeschwenkt. Dem Feldwebel geht es immer noch nicht schnell genug: Rascher, zum Himmeldonnerwetter! Wollt Ihr denn die Schufte entwischen lassen?! Und mit wiehernden schnau benden Pferden jagt die Batterie über den Sturzacker, wo es stockt, greifen Hände in die Näderspeichen, heben und fragen beinahe das schwere Geschütz. Die Erbitterung der Heute sck st alles! Mik der Aufnahme englischer Marineoffiziere zur Reorganisation der Kriegsflotte hat die jungtürkische Regie rung Schlangen an sich gezogen. Das durch den Exsultan Abdul Hamid repräsentierte Alttürkentum hat die türkische Marine vernachlässigt, hätte sie aber niemals den Engländern ausgeliefert. Als das Jungtürkentum im April 1909 nach dem Sturze Abdul Hamids ans Ruder gelangte, verschrieb es sich alsbald englische Marineinstrukteure. Die Engländer rissen die Verwaltung des gesamten türkischen Flottenwesend an sich und üben jetzt, da die Türkei sich weigert, den Feinden Deutschlands beizutreten, trotz ihrer bereits erfolgten Kaltstellung den schändlichsten Verrat. So erhalten die Iungtürken den Lohn für die Verkennung Deutschlands zur Zeit der großen innerpolitischen Umwälzung der Türkei im Jahre 1909 und für die Bevorzugung Englands. Dis feige englische Flotte. Die englische Kriegsflotte wagt trotz ihrer numerischen Überlegenheit keinen Angriff auf die deutschen Kriegsschiffe und glaubt bereits Erstaun liches zu leisten, wenn sie den Gegner von der Hochsee fernhält. Die ganze Feigheit und Erbärmlichkeit der eng lischen Krämerseelen kommt in der Begründung dieses Ver haltens zum Ausdruck: Wir würden wohl siegen, aber der Preis könnte so hoch sein, daß wir eine Zeitlang aufhören würden, die größte Seemacht zu sein. Rußland und Frank reich, die für den von ihnen angestrebten Sieg schwere Opfer bringen, können stolz sein auf ihren Verbündeten, der auch aus diesem Weltkriege ohne Einsatz den höchsten Ge winn sich durch andere ziehen lassen möchte. Die paar Tausend Männeken, die England nach Frankreich schickte, fallen doch nicht ins Gewicht. Von Rußland aber wissen wir, daß es gerade durch die Zusicherung des englischen Beistandes zur See auf den Krieg einging. Aber gemach, wir fordern die Feiglinge schon noch vor unsere Schiffsgeschütze. Wegen mangelnder Talkrasl wurde der Oberbefehls haber des englischen Mittelmeergeschwaders seines Postens enthoben und durch den bisherigen Kommandierenden Ad miral der englischen Kriegsschiffe in den türkischen Gewässern ersetzt. Dem Chef des englischen Mittelmeergeschwaders hatten unsere Kreuzer „Soeben" und „Breslau" manchen üblen Streich gespielt und, ohne daß er es verhindern konnte, vor Algier Schaden zugefügt, eine Kette englischer Linienschiffe durchbrochen und viele feindliche Kriegssahr zeuge, die in Alexandrien und Port Said zerschossen und zerbeult einirafen, schlachtunfähig gemacht. Unsere wackeren blauen Jungen wird auch ein neuer Geschwader-Komman dant nicht beikommen. Guls Aussichlen an der Marne. Eine Entscheidung in dem gewaltigen Ringen an der Marne und vor Paris ist nach den Erklärungen militärischer Sachverständiger viel leicht erst in einigen Tagen zu erwarten. Die Kriegsge schichte hat zahlreiche Beispiele für tage- und wochenlanges Ringen in großen Entscheidungsschlachten. So groß wie die auf französischem Boden ausgefochtene war noch keine, sowohl was die Ausdehnung des Schlachtfeldes wie die Stärke der kämpfenden Armeen angeht. Daher heißt es Geduld und Nerven behalten. Die Lügenmeldungen unserer Feinde von Siegen über die deutschen Truppen in Frank reich können unser Vertrauen umso weniger erschüttern, als die amtlichen Berichte, von denen wir wissen, daß sie die volle Wahrheit sagen, von schweren und unentschiedenen Kämpfen sprechen, jedoch hinzufügen, daß ein französischer Durchbruchsversuch siegreich zurückgeschlagen wurde. Die siegreiche Vereitelung des Durchbruchsoersuches ist, Osr LaokrLaber. Kriminal-Roman von R. Phke. !20 Dieselbe las eifrig einen langen Brief, den sie dann in lauter kleine Stücke zerriß und dem Wasser übergab. Uns interessiren nur folgende Stellen aus demselben: „Entdeckung ist gewiß; mir bleibt nur die Flucht: denn ich kann es nicht über mich gewinnen, den Folgen mei ner Torheit ins Gesicht zu sehen. So wahr mir Gott helfe, ich will ein neues Leben beginnen. Karten, Spe kulationen, Wetten entsage ich, das Ziel meines Lebens soll darin bestehen, das gestohlene Geld durch ehrliche Ar beit der Versicherungsgesellschaft zurück zu erstatten. Willst Du mir folgen und helfen? Verläßt Du mich, dann weiß der Himmel allein, wie tief ich noch sinke. Verstoße mich nicht; Du solst es nie bereuen I Ich habe die Absicht, mich irgendwo im Norden, in der Nähe von Carlysle, wo mein Vater herstammte, niederzulassen, und hoffe, dort ei nen neuen Lebesruf zu finden. Sobald ich in Southamp ton gelandet bin, schreibe ich Dir unter dem Namen Mrs. Brand nach Rokferry Hotel—Liverpool — wohne dort und frage nach Briefen! Es ist sicherer, du verläßt New Bork heimlich unter falschem Namen — ich nenne mich Geoge Brand, und es wäre am besten, Du nähmest den selben Namen an. Vernichte den Brief gänzlich und sei in Liverpool auf Deiner Hut: glaubst Du Dich beobachtet, so gehe nicht direkt in das genannte Hotel, sondern auf Umwegen. Der Dich erwartende Brief wird Dir mittei len, wo Du mich triffst; fällt er in die Hände der Poli zei, dann bin ich verloren. Findest Du keine Nachricht, dann bleibe ruhig in Rokferry Hotel, damit ich wenigstens weiß, wo du zu treffen bist.. .. Dein Dich liebender und bereuender George." Der Brief war unmittelbar vor der Flucht, ehe Vent dss GM bestiegen, geschrieben. Mrs- Brand, war eine große, schlanke junge Frau, deren Züge Verstand, Mnt und Selbstbeherrschung verrieten: wie notwendig waren auch jetzt biese Eigenschaften für sie! Auf der einen Seite mußte sie ein freies, unbefangenes Wesen zeigen, auf der anderen dagegen jedes Wort, jeden Schritt abwägen. Das Glück war ihr günstig. Keiner der Hafenbeam ten schenkte ihr irgend welche Aufmerksamkeit. Trotzdem - hielt sie es für besser, ihr Gepäck vorläufig am Hafen zu lassen und das Hotel erst nach verschiedenen Umwegen zu betreten. »Ist Mr. George Brand hier?" fragte sie den Por tier. „Nein." „So!" Sie überlegte einen Augenblick und sagte dann leichthin: „Aber vielleicht sind Briese für mich Mrs Brand hier?" „Ich werde nachsehen," sagte der Portier gleichgiltig, nahm ein Paket Briefe und prüfte sie. „Ist dies der Ihre?" „Ja," sie nahm ihn in Empfang. Der Brief trug die Handschrift ihres Mannes und den Poststempel Southamp ton, 4. Dezember. Sie erbrach den Brief, doch tanzten die Buchstaben vor ihren Augen. Sie faltete deshalb das Schreiben zusammen und erklärte dann dem Portier: „Ich komme aus Amerika und wollte mich hier mit meinem Mane treffen; nun schreibt er, daß Geschäfte ihn hindern herzukommen. Ich bin sehr ermüdet und bitte um ein Zimmer." Kaum allein, holte sie den Brief wieder hervor und las fliegenden Pulses: „So weit ist alles gut gegangen. Ich landete heute Nachmittag; meine Furcht, festgenommen zu werden, war grundlos, denn niemand achtete auf mich. Morgen früh reise ich nach London; dort lasse ich das Gepäck; in einer so großen Stadt scheint es mir vor Nachforschungen am sichersten. Ich selbst gehe direkt nach Carlysle und werde mich dort einige Tage vermutlich im wie öon militärischer Seite hervorgehoben wird, sür dis deutsche Heeresleitung außerordentlich wichtig, da die Fran zosen nun voraussichtlich über keine frischen Kräfte mehr ver< fügen. Die deut che Taktik bevorzugt im Gegensatz zu der französischen den umfassenden Flügelangriff. Wird dieser jetzt angesetzt, so wird es den Franzosen an genügenden Kräften fehlen, um ihm entgegentreten zu können. Deshalb kann die Abweisung des Durchbruchsversuches als Vor stufe sür den schließlichen siegreichen Ausgang der ganzen Schlacht betrachtet werden. Daß auch die Unserigen mit äußerster Kraftanspannung zu ringen haben, ist nach ihrem bisherigen schnellen Vordringen selbstverständlich. Unsere schnelle und tief in das Innere Frankreichs ausge führte Offensive, so sagt der militärische Mitarbeiter - der „Berl. Ztg.", hat einen gewissen Kräfteausgleich herbeige führt, da die Franzosen beim Zurückgehen sich verstärkt haben. Jedes siegreiche Heer schwächt sich durch die unver meidlichen Abgaben zur Deckung der Verbindungslinie, Be lagerung der Festungen, Flankensicherungen usw., während Ler zurückgegange Gegner alle Hilfskräfte des Landes heran- ziehcn kann. Dafür sind aber bei den bisher stets siegreich gewesenen deutschen Armeen die moralischen Kräfte viel höher einzusetzen. Und diese sind am Schluß diejenigen, die die Entscheidung bringen. Ein amerikanischer Siegesprophek. Der bekannte amerikanische Sprengstofftechniker Maxim hat, noch bevor die Nachricht von dem Siege der Deutschen bei Metz am 22. August über den Ozean gelangt war, bemerkenswerteWorieüber die Siegesaussichten der deutschen Heere geäußert. Er ver tritt die Ansicht, daß derjenige Schlachten gewinnen wird, der an einem gegebenen Punkte stärker ist als der Feind. Deshalb hat Frankreich einen groben Fehler begangen, als es seine Kräfte keilte, um die Deutschen in Elsaß- Lothringen zu schlagen. Wenn alle Kräfte sich den Deutschen an einem Punkte entgegengestellt hätten, so wäre der deutsche Vormarsch aufgehalten worden. Es darf ferner nicht ver gessen werden, daß nicht die Größe der Heere Kriege ent- jcheidet, sondern die Kraft, mit welcher der bewegte Keil von Menschen und Geschützen auf einen bestimmten Punkt der feindlichen Linie vorgestoßen wird, denn Heere werden nie als Masse geschlagen, sondern stückweise. Der Sieg bet Metz und die darauffolgenden haben inzwischen dem amerikanischen Siegespropheten recht gegeben, und da auch weiterhin unsere Armeen sich zu dieser Kriegstaktik bekennen werden, dürfen wir unbesorgt um das Ende sein. Oie Tragik des Krieges. Nach Meldungen aus der Schweiz wohnt in Zofingen eine Frau, die von Geburt Schweizerin ist. Sie heiratete einen Deutschen und gebar ihm zwei Söhne. Nach dem Tode ihres Mannes heiratete sie einen Franzosen, dem sie ebenfalls zwei Söhne schenkte. Als der Krieg ausbrach, mußten bis beiden älteren Brüder in die deutsche, die jüngeren Brüder in die französische Armee eintreten. Die Brüder wurden so „Feinde" und sind jetzt alle vier im Kampf gefallen. Seltsame Tragik! Das geheimnisvolle Panzer-Aukomobil. Die Angst vor den Deutschen ist ganz fürchterlich, wo sie mal aufge taucht sind, da wirkt der Schrecken noch lange nach. Als dieser Tage der Berichterstatter einer italienischen Zeitung von Paris mit dem Motorrad einen Orientierunasausflug n die Pariser Umgebung unternahm, wurde er plötzlich von einem französischen Leutnant angehalten. Der tapfere Soldat hatte aber mehr Angst vor dem harmlosen Rad fahrer als dieser vor dem Mann mit dem Säbel, er ries schleunigst einen Soldaten herbei und befahl ihm, dauernd das geladene Gewehr auf ihn anzulegen. Als der Rad fahrer sich bücken wollte, um an seiner Maschine etwas in Ordnung zu bringen, sprangen der Offizier und der Soldat mit dem geladenen Gewehr erschreckt bet Seile und suchten Zuflucht hinter einem Baum. Nach vielem Hin und Her erfuhr der Radfahrer auch den Grund für das furchtsame Benehmen der beiden Soldaten. Am frühen Morgen hatte sich nämlich ein deutsches Panzerautomobil gezeigt, war bis auf wenige Meter an die Franzosen herangesahren und hatte ein Feuer aus die Soldaten eröffnet. Dann war es unter dem Kugelregen der Franzosen unbeschädigt wieder zurück gefahren. Seitdem witterten die aufgeregten Soldaten in jedem Rad ein Hölleninstrument und auch der harmlose Radfahrer mußte darunter leiden. Silberne und goldene Kugeln. Vor einer Abord nung von englischen Städtevertretern sagte nach englischen Leitunasmeldungen der tznglijche Schatzkanzler Lloyd George, Albion-Hotel, aufhalten. Sobald ich etwas klarer sehe, telegraphiere ich Dir nach Liverpool. Bleibe nur ruhig in dem Hotel, hoffentlich sind wir bald wieder vereint." Seitdem Mrs. Brand das Schiff verlassen, hatte sie nichts genossen. Nun aber war durch die eben erhaltenen Zeilen ihre Angst einem Gefühl der Ruhe gewichen und sie verspürte jetzt tüchtigen Hunger. Als sie das Speise- zimmer betrat, schlug es gerade 7 Uhr; sie nahm an einem Tische Plaß, bestellte etwas zu essen und griff, utn die Zeit zu verkürzen, nach einer Zeitung. Aus der ersten Seite stand das Eisenbahnunglück bei Gulby, sie las ben Bericht und gerade, als der Kellner den ersten Gang reichte, fiel ihr Blick auf die Totenlifte und da — da stand George I. Bent aus New-Bork. Kreidebleich lehnte sie sich zurück; es wurde dunkel vor ihren Augen. Hatte ihr Mann, — ihr George — den Ozean nur durchquert, um in einer kleinen englischen Stadt zu verderben? Nein, das konnte nicht sein, eine andere Zeitung mußte es widerrufen; aber in allen ande ren stand dieselbe schreckliche Kunde und drang wie eia kalter Stahl in ihr Herz! Der Kellner fragte ob er dm zweiten Gang bringen dürfe; mechanisch nickte sie, ohne zu bemerken, daß die erste Speise noch unberührt war. Da schoß ihr der Gedanke durch den Kopf, sie müsse durch ihr verändertes Benehmen Aufmerksamkeit erregen; sie erhob sich deshalb und fragte den herbeieilenden Kell ner: „Die Reise hat mich mehr angegriffen, als ich gedacht, ich kann nichts essen und werde mich auf mein Zimmer zurückziehen. Kann ich wohl eine Zeitung mitnehmen?" Mit zitternden Knien schwankte sie in ihr Zimmer, verriegelte die Tür und gab sich dann ohne Rückhalt der ganzen Heftigkeit dieses so plötzlich über sie gekommenen Schmerzes hin. Nachdem sie wieder etwas Fassung ge wonnen, nahm sie die Zeitung nochmals zur Hand, um sie zu lesen.