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Vokalwerke i> DRESDNER PHILHARMONIE Sofia Gubaidulina Brief an die Dichterin Rimma Dalos Meine Seele, Meine Sphinx, Meine Seele, Mein Phönix ... Zwei Lieder nach deutschen Volksdichtungen 1. Streitlied von Leben und Tod So spricht das Leben: Die Welt ist mein, mich preisen die Blumen und Vögelein, ich bin der Tag und der Sonnenschein. So spricht das Leben: Die Welt ist mein. So spricht der Tod: Die Welt ist mein Dein Leuchten ist nur eitel Pracht, sinkt Stern und Mond in ew'ge Nacht. So spricht der Tod: Die Welt ist mein. So spricht das Leben: Die Welt ist mein, und machst du Särge aus Marmorstein, kannst doch nicht sargen die Liebe ein. So spricht das Leben: Die Welt ist mein. So spricht der Tod: Die Welt ist mein, ich habe ein großes Grab gemacht, ich habe die Pest und den Krieg gebracht. So spricht der Tod: Die Welt ist mein. So spricht das Leben: Die Welt ist mein. Ein jedes Grab muß ein Acker sein, mein ewiger Samen fällt hinein. So spricht das Leben: Die Welt ist mein. 2. Wenn der Pott aber nu ... „Wenn der Pott aber nu en Loch hat, mein lieber Heinrich, mein lieber Heinrich?“ „Stopp’s zu, meine liebe Liese, stopp's zu." „Womit aber soll ich’s zustoppen, mein lieber Heinrich?“ „Mit Stroh, meine Liese, mit Stroh.“ „Wenn’s Stroh nun zu lang ist?" „Hau’s ab, meine Liese, hau’s ab.“ „Womit soll ich’s aber abhaue?“ „Mit’m Beil, meine Liese, mit'm Beil.“ „Wenn’s Beil aber nun zu stumpf ist? Mein lieber Heinrich.“ „Mach’s scharf, meine Liese, mach’s scharf.“ „Womit aber soll ich’s scharf machen?“ „Mit’m Stein, meine Liese, mit’m Stein.“ „Wenn der Stein aber nun zu trocken ist?“ „Mach’n naß, meine Liese, mach's naß." „Womit soll ich’n aber naß mache?“ „Mit Wasser, meine Liese, mit Wasser.“ „Womit soll ich Wasser schöpfe?“ „Mit’n Pott, meine Liese, mit'n Pott.“ „Wenn der Pott aber nu en Loch hat? Lieber Heinrich, mein lieber Heinrich, mein lieber Heinrich ...” „Laß es sein, zum Teufel mit dem Loch. Meine Liese.“