Sergej Rachmaninow DRESDNER O PHILHARMONIE I ch empfinde keine Sympathie gegenüber Komponisten, die nach vorgefaßten Formeln oder vorgefaßten Theorien schreiben. Oder gegenüber Komponisten, die in einem gewissen Stil schreiben, weil es modisch ist. Große Musik ist niemals auf diese Weise produziert worden - und ich wage zu sagen, wird es auch nie. Die Musik eines Komponisten sollte sein Geburts land ausdrücken, seine Liebesaffären, seine Religion, die Bücher, welche ihn beeinflußt haben, die Bilder, die er liebt. Sie sollten das ge samte Produkt der Erfahrungen des Komponi sten sein.“ So beschreibt rückschauend der Kom ponist und Weltbürger Sergej Rachmaninow seine eigene Haltung, gleichsam ein künstleri sches Glaubensbekenntnis, dem er mehr oder weniger zeitlebens gefolgt ist. Und so rettete er die Klangwelt Chopins und bisweilen Tschai kowskis über die Zeit der künstlerischen Umbrüche - Schönbergs Zwölftonphilosophie hatte zu Beginn des neuen Jahrhunderts die Gemüter nicht nur erhitzt, sondern schließlich völlig neue kompositorische Wege aufgezeigt -, also über eine Zeit der zunehmenden Abkehr von einer romantischen Tonsprache und einer eher emotionslosen konstruktivistischen Hal tung vieler Komponistenkollegen weit in unser Jahrhundert hinüber. Das mußte provozieren. Diese unverhohlene Emotionalität seiner Werke war den Kritikern sehr verdächtig. Sie beurteil ten sein kompositorisches Schaffen recht zwie spältig, oftmals barsch abwertend. Das Be kenntnis zum intakten Gefühl, zu Emotion, Schönheit und Leidenschaft - all das, was vor schnell als Kitsch und Trivialität gilt, brachte nämlich der Komponist vollendet zum Ausdruck. „Beim Niederschreiben meiner Musik versuche ich ständig, so einfach und direkt das zu sagen, was mir am Herzen liegt. Sei es Liebe, Bitterkeit, Trauer oder Religion; diese Gefühle werden Teil meiner Musik, und sie wird ent weder schön, bitter, traurig oder religiös.“ | geb. 20.3. (1.4.) 1873 in Oneg (Gouvernement Nowgorod); gest. 28.3.1943 in Beverly Hills (Kalifornien) 1885 Schüler am Moskauer Konservatorium 1890/91 1. Klavierkonzert 1897 Dirigent bei der priva ten Oper in Moskau 1904- 1906 Dirigent am Bolschoi- Theater in Moskau 1906- 1909 Dresden 1910 | Moskau ; 1917 Paris | 1918/19 | Tournee durch USA 1935 USA Sergej Rachmaninow am Klavier; Zeichnung von Leonid Pasternak