Jean Sibelius DRESDNER O PHILHARMONIE bis seine Produktivität 30 Jahre vor seinem Tod erlosch. Doch Sibelius war in keiner Phase sei nes Schaffens der „verträumte Hinterwäldler von der finnischen Seenplatte“, wie ihn Adorno zu charakterisieren pflegte. Die „Weise“ des Landes in seinem Werk zu entdecken, bedeutet keineswegs, mit vordergründigen Zitaten von Volksliedmelodien zu rechnen. Im Gegenteil re flektiert Sibelius Strömungen seiner Zeit, na tionale wie auch allgemein europäisch-musika lische Richtungen der Spätromantik, des Neoklassizismus und der Atonalität, und ent wickelt aus ihnen eine eigene Sprache. Nur mit telbar - über rhythmische Eigenheiten oder volksmusikähnliche Melodieanklänge - läßt sich das „finnische“ Moment in Sibelius’ Opus erkennen. Im Bürgertum Finnlands wurde - Relikt der schwedischen Besatzung vom 16. Jahrhundert bis 1809 - schwedisch gesprochen. Sibelius, der erst als Elfjähriger überhaupt die finnische Sprache erlernte, war wie kaum ein anderer Komponist durch seine Musik unmittelbar mit den nationalen Belangen seines Volkes ver quickt. Durch die Bekanntschaft mit Familie Järnefeldt, aus der seine spätere Ehefrau Aino stammte, kam er erst im Jahr 1890 mit der na tionalen Bewegung des seit 1809 durch Ruß land okkupierten Landes in Berührung. Unter diesem Eindruck entstanden beispielsweise mit „Kullervo“ op. 7 (1892) - angeregt durch das finnische Nationalepos „Kalevala“ - und meh reren Bühnenmusiken (1899) zu patriotischen Veranstaltungen Werke, die im Land voller Be geisterung aufgenommen wurden. „Finlandia“ op. 26, das sechste der Bühnenstücke, hatte als inoffizielle Nationalhymne besonderen Anteil an der Bildung des finnischen Selbstbewußt seins und begründete die Stellung des Kom ponisten als nationale Integrationsfigur. Im unmittelbaren Gefühlsreichtum und in melo discher Weiträumigkeit seiner gesamten ersten Autorin dieses Artikels ist Janne Stolte. geb. 8.12.1865 in Tavastehus (heute Hämeenlinna) bei Helsinki; gest. 20.9.1957 in Järvenpää bei Helsinki studierte Violine und Komposition am Konservatorium Helsinki 1889 - 1891 Kompositionsstudien in Berlin und Wien 1892 Chorsinfonie „Kullervo“; Lehrer für Musiktheorie in Helsinki seit Ende der 1890er Jahre Staatsstipendium, das ihn unabhängig von sonstigen Einkünften machte lebte ab 1904 in Järvenpää ganz sei nem kompositorischen Werk, unterbrochen von einigen Konzertreisen ins Ausland (bis 1924) veröffentlichte seit 1929 keine Kompositionen ' mehr