Grüblerisches Werk von harmonischer Kühnheit - im Kern ein viertöniges Motiv - Abkehr von traditionellen tonalen Zusammenhängen 1966 bereits hatte Horst Förster, seinerzeit Chefdirigent der Dresdner Philharmonie und direkter Nachfolger von Heinz Bongartz, das Werk erstmals ins Programm gesetzt. Anlaß war der 100. Geburtstag von Jean Sibelius, an den zu denken man sich vorgenommen hatte. Und erst 1991, zum Gedenken an den 125. Geburtstag von Sibelius, erklang die Sinfonie erneut in einem Konzert der Dresdner Philharmonie, dirigiert von Aldo Ceccato. erst aus Splittern, einer motivischen Keimzelle wachsen zu lassen, ein Gebäude erst aus ein zelnen Steinen zusammenzubauen, das war j neu. In dieser Sinfonie tat er noch ein übriges: Er benutzte als den eigentlichen Baustein für sein sinfonisches Werk ein viertöniges Motiv, das aus dem recht begrenzten Tonumfang einer übermäßigen Quarte - das ist der sogenannte Tritonus (c-fis) - eine ungeheure Spannung be zog. Die meisten Komponisten machten einen riesigen Bogen um dieses Intervall, das bereits von den alten Theoretikern als der „Diabolus in musica“ bezeichnet wurde. Es läßt sich keiner Tonart und keiner tonalen Beziehung nachbar schaftlich-harmonischer Strukturen zuordnen. Schon dies deutet auf die harmonischen Kühn heiten des Werkes hin, auf eine Abkehr tradi tioneller Zusammenhänge. Tendierte die Dritte noch zum Klassizismus, so stößt die Vierte in die Moderne vor. Die Bedeutung dieses schwer blütig-grüblerischen Werkes wurde lange Zeit verkannt, doch in den letzten Jahrzehnten ha ben sich namhafte Dirigenten verstärkt wieder dem gesamten sinfonischen Werk des nordi schen Meisters zugewendet und somit auch der 4. Sinfonie einen ihr gebührenden Platz einge räumt. Sinfonie Nr. 4 a-Moll Zum Werk 1. Satz Tempo molto moderato quasi adagio - Adagio 4/4-Takt, a-Moll Gleich zu Beginn müht sich eine synkopierte Baßlinie empor, deren erste vier Töne in der Spanne einer übermäßigen Quarte als Keimzelle der gesamten Sinfonie zu betrachten sind, selbst aber starr und indifferent erscheint. Und auch die nachfolgende Passage des Solocellos - keine Kantilene, keine Melodieentfaltung - muß sich erst aus einem dissonanten Funda ment losreißen. Die Tonalität bleibt gefährdet,