DRESDNER C* PHILHARMONIE sehen Mythologie. Aber Sibelius war weitaus eher ein Komponist, der sich nicht von außen beeinflussen lassen wollte. Seine Musik sollte von innen heraus wirken. Ein eigenständiges, unabhängiges künstlerisches Gebilde sollte es j sein, eben eine Sinfonie. Wenn er in seinen Sinfonien auch nicht illustrativer Programmatik oder Naturschilderung nachzustreben bemüht war, sprach er doch davon, daß er sie keines wegs als „Musik um der Musik willen“ verstan den wissen wollte, sondern sie als „Glaubens bekenntnisse mehr als meine übrigen Werke“ angesehen hat. So begann er, die Baupläne seiner Sinfonien mit einer kompromißlosen Strenge anzulegen, nach I Möglichkeiten zu suchen, mit denen sich das musikalische Material ohne jeden Pomp gestal ten lassen sollte. Alles knapp und konzentriert aufzubauen, war sein Ziel. Sparsamkeit der Aus- , drucksmittel, reife Selbstbeherrschung und sub tile Zurückhaltung, ja Askese könnten sein Schaffensprinzip kennzeichnen. Sibelius hatte sich bereits in seiner Dritten vom spätromanti schen Überschwang zu lösen begonnen, nach knappen Formulierungen gesucht und nach ei ner motivischen Konzentration. In seiner Vier ten hatte er endlich einen kompositionstechni- ; sehen Weg gefunden, wie es ihn dergestalt vor ihm nicht gab. Daß etwa zur gleichen Zeit Gustav Mahler ebenfalls im 1. Satz seiner Neun ten ähnliche Wege ging (1908 - 10), konnte Sibelius nicht ahnen, zumal die Uraufführung von Mahlers Werk erst 1912 erfolgen sollte. Sibelius benutzte in der Vierten Motivkeime, die sich erst im Laufe einer sinfonischen Entwick lung zu thematischen Gebilden verdichten | ließen. Das steht übrigens dem klassisch-roman tischen Entwicklungsschema völlig entgegen. Dort werden aus ganzen Themen und Themen komplexen motivische Teile herausgesprengt, I mit denen - meist erst in der sogenannten Durchführung - „gearbeitet“ wird. Ein Thema „Meine Sinfonien sind Musik - erdacht und ausgearbeitet als Ausdruck der Musik, ohne irgendwelche literarische Grundlage. Ich bin kein literarischer Musiker, für mich beginnt Musik da, wo das Wort aufhört. Eine Sinfonie soll zuerst und zuletzt Musik sein." (Jean Sibelius)