Ende die geistige Wiedergeburt, die kosmische Erneuerung der Menschheit gestanden hätte. (Das Werk blieb im Stadium von Skizzen stecken, der Autor verstarb 1915 in Moskau). Das symphonische Werk ist reich an selbst noch in ihrer Unbestimmtheit faszinierenden musikalischen Gedanken und Erfindungen und ein in sich geschlos senes Ganzes, dessen Entwicklung sich folgerichtig vollzieht vom frühen Geniestreich des Klavierkonzerts bis zur Symphonischen Dichtung „Prometheus". Zur Zweiten Symphonie aus dem Jahre 1901 hatte Scriabin nach dem Mißer folg seines Erstlings kampfbereit geäußert „Ich werde ihnen zeigen, daß ich noch einiges zu sagen habe". Er hatte einiges zu sagen: Die Heroik wird wuchtiger, die Dramatik intensiver, die formale Entwicklung straffer und zwingender. Die fünf Sätze rücken bei näherer Betrachtung enger zusammen: die beiden ersten und letzten Sätze folgen attacca aufeinander, lassen den Eindruck einer großräumigen Dreiteiligkeit aufkom men. Das im Zentrum stehende Andante bean sprucht schon durch seine Dimensionen besonderes Gewicht, hier malt der Komponist ein von Vogelstim- men-lmitationen durchzogenes pastorales Idyll. Die zyklische Wiederkehr eines einzigen Leitthemas in allen Sätzen übernahm er von Liszt, wie es zu Beginn des Jahrhunderts Allgemeingut geworden war. Harmonisch dagegen finden sich auffällige Modifikatio nen des traditionellen Dur-Moll-Rahmen. Liadow, Dirigent und nicht unbedeutender Komponist, der in Petersburg die Uraufführung der Symphonie geleitet hatte, beurteilte das Werk deshalb als „Scriabins zweite Kakophonie" und meinte, sonst eher verständ nisvoll, Scriabin sei „um den Verstand gekommen".