Werkeinführung Ludwig van Beethoven Klavierkonzert Nr. 5 Es-Dur op. 73 So emphatisch, so strahlkräftig hatte bis dahin kein Klavierkonzert begonnen wie Beethovens 1809 komponiertes Es-Dur-Konzert. Die Majestät, die sich in den ersten Takten des Konzerts mit seinen mächtigen orchestralen Klangsäulen und den rauschenden Solopassagen des Klaviers manifestiert, hat dem Werk in den englischsprachigen Län dern den Beinamen "The Emperor" eingetragen, und es ist eine merk würdige Koinzidenz, daß dieser Beiname "Kaiser-Konzert" nicht nur den klanglichen Eindruck des Werks trifft, sondern unverhofft auch zu seinen Entstehungsumständen Be zug hat. Diese Umstände waren jedoch eher widrig als triumphal. Als Beethoven mit der Komposition des Es-Dur- Konzerts beschäftigt war, herrschte ringsum Kriegsfurcht, denn die Truppen Napoleons, die eben bei Regensburg das österreichische Heer geschlagen hatten, marschierten be reits auf Wien zu. Die Lage zeigte sich mehr als bedrohlich. Am 4. Mai 1809 floh die kaiserliche Familie aus der Hauptstadt ins ungarische Buda, am 10. Mai war Wien von den Franzosen umzingelt, und zwei Tage später, am 12. Mai, kapitulierten die Verteidiger der Stadt. Am 26. Juli schrieb Beethoven in ei nem Brief an den Verlag Breitkopf und Härtel in Leipzig: "Meine Lieben Herren, sie irren sich, wenn Sie mich wohl glaubten, wir haben in diesem Zeitraum ein recht zusammenge drängtes Elend erlebt, wenn ich ih nen sage, daß ich seit dem 4ten May wenig zusammenhängendes auf die Welt gebracht, beynahe nur hier oder da ein Bruchstück, der ganze Hergang der Sachen hat bei mir auf Leib und Seele gewirkt, noch kann ich des Genusses, des mir so unentbehrlichen Landlebens, nicht theilhaftig werden... Welch zerstö rendes wüstes Leben um mich her, nichts als trommeln Kanonen, Men schenelend aller Art..." Obwohl die bedrängten Lebensver hältnisse Beethovens Arbeit er schwerten, blieben sie doch ohne je den Einfluß auf den Gehalt des ent stehenden Werks, das einen he roisch-optimistischen Grundcharak ter aufweist. Dem strahlenden Es- Dur des monumentalen Kopfsatzes setzt Beethoven allerdings ein über raschendes Kontrastelement entge gen: dem schwungvollen Hauptthe ma wird als Seitensatz eine ins Piano zurückgenommene, und beim ers ten Mal in eigenartig abgerissenen Staccatonoten auftretende marsch artige Passage in es-moll gegen übergestellt. Der von Mozarts Klavierkonzerten her bekannte Typ des "Marsch”-Konzertsatzes wird in einer eigenwilligen Variante aufge griffen. Der großzügig-weiträumigen Anlage des Kopfsatzes im Es-Dur-Konzert entspricht eine virtuose Anlage des Soloparts. Doch haben Beethovens