Volltext Seite (XML)
Memum Alyeiger Erscheint Dienstag, Donnerstag u. Sonnabend. Abonnementspreis ein schließlich zwei illustrierter achtseitigen Beilagen sowie eines illustrierten Witzblattes 1,50 Mk. Zeitung fik ThlU'lUldt, Skiseesdüks, ülkill- ll. WMll Inserare kosten die Spaltenzeile oder deren Raum 10 Ps., für aus- . wärtigs Inserenten 1b Ps. Reklamen 1 20 Ps. Annahme von An zeigen sür alle Zeitungen. Obernaundorf, Hainsberg, Somsdorf, Coßmannsdorf, Lüban, Borlas, Spechtritz re. .'N--..-, - > - — — ' / ' , - . .. -777T!.,. Nummer 94. Kernsprecher: Amt Deuben 2120 Dienstag, den 11. Angust 1914 Fernsprecher: Amt Deuben 2120 27, Jahrgang. — Norlin, den 9. August. Der Grenzschutz von Zielka. 10 Kilometer östlich von Johannisburg, Hot den Angriff einer rnssischen Kavalleri e-Brigade zurückgeschlagen. Acht Geschütze und mehrere Mu niti o n s wag e n sind in unsere Hände gefallen. — Berlin, den 9.August. Freitag abend sind 3 Kom pagnien Landwehr in Schmaleningken, 3 Meilen östlich von Tilsit, von 2 russischen Infanterie-Kompagnien u. einer Maschinengewehr-Kompagnie angegriffen morden. Die Landlvehr zwang die Russen zum Rückzug auf Jnrborg. Hus Nab una fern. Rabenau, den 10. August 1914. — Am vergangeuen Sonutag war unser ehrwürdiges Kirchlein wiederum bis auf den letzten Platz besetzt, um der zweiten Gast predigt des Herrn Pfarrers Lehmann aus Neudorf i. E. zu lauschen. Unter zu Gcundeleguug des Bibelwortes 1. Kor. 10 „Wer sich lasset dünken, erstehe, mag wohl zusehen, daß er nicht falle", wies der Herr Redner auf die ernste Zeit hin, in der wir jetzt leben. An Hand von aus dem Leben gegriffenen Beispielen ermahnte er die andächtige Gemeinde zu Gottes Wort zu halten und für unsere Söhne, die für unsere gerechte Sache in das Feld ziehen, zu beten. Als treffliches Beispiel dafür, daß der Deutsche jetzt keinen Standesunterschied mehr kennt und welcher edle Sinn alle Einberufenen beseelt, sei aus der Predigt noch folgendes wahre Geschichtchen erwähnt: Ein Reserveoffizier ritt mit seinem Burschen dem erzgebirgischen Städtchen Schlettau zu. Der Offizier beobachtete den Burschen und bemerkte, daß dieser recht nachdenkend war. Auf die Frage des Offiziers, wo feine Heimat sei, antwortete dcr Bursche, daß er aus Schlettau stamme. Der Offizier ritt nun nach dem Elternhause des Burschen und während dem er seinen Eltern ein letztes Lebewohl zurief, hielt der Offizier das Pferd seines Burschen. — Der Deutsche, in Kriegsuöten sucht er nicht durch überspannte Phrasen oder durch rohe Wutausbrüche das Herz über etwa aufsteigende Bangigkeit hinwegzutäuschen, sondern er folgt der Aufforderung seines Kaisers, er geht in die Kirche und betet. So waren denn auch in unserer Pa- rvchie zum Buß- und Bettag am Freitag mehr denn sonst dem Drange des Herzens zum Gottesdienste gefolgt. Gott ergebenheit und Goltvertraneu erklang hoffnungsfreudig so wohl aus deu Choräleu, als auch aus dem Chorgesang: „Wir treten zum Beten". Dieselbe feste Zuversicht wußte Herr Pfarrvikar Phenn in seiner Predigt in den Herzen der zahlreichen Kirchenbesucher zu erzeugen. Es waren ge waltige Worte, die er der Gemeinde zurief. Zunächst schil derte er ungeschminkt die Treibereien und Winkelzüge unserer Feinde, durch die am letzten Ende die ganze germanische Kultur gefährdet ist. Wir wollen der Gefahr fest entgegen sehen. Mit Entsetzen sähe;: wir, wie sich Lüge und Heuchelei gegen uns verbündeten. Aber unser Auge wollen wir haupt sächlich auf uns selbst richten. Sind wir auch immer für Golt gewesen? Gebet gibt die Kraft zum Siegen. Ernst und still, doch ohne Klagen und Zagen sind unsere Krieger ausgezogcn. Unsere Gebete machen die Arme unserer Brüser stark und siegreich. Darum laßt uns nicht müde werden im Beten. Seine ergreifende Predigt klang aus in die Worte: ,/Dcr Gott Zebaoth ist mit uns, der Gott Jacobs ist unser Schutz". Nach der allgemeinen Beichte sprach dcr Geistliche das Batcr unser, worauf das alte Lutherlied von dem bösen Feinde und dem starken Gotte, der das Feld behalten muß, erbrauste. Mit ernsten Mienen, aber innerlich gefestigt und gestärkt, verließ man das Gotteshaus. — Das erste Opfer des Krieges von Söhnen dcr cngercu Heimat, wenn auch nicht ein solches des Schlacht feldes, ist der Schwiegersohn des Mi^ des Kultus und öffentlichen Unterrichts -staatsministcrs D. Dr. Dr.-Jng. Beck geworden. Stabsarzt Dr. med. Hermann Paulßcn im mobilen 5. Fcldartillcricrcgiment Nr. 64 in Pirna ist im Dienste vom Pferde gestürzt und hat eine so schwere Gehirnerschütter ung erlrttcn, daß er alsbald verstorben ist. — Der Schmiedenleister Kirsten in Meißen hat sechs Söhne zum Militär gestellt nnd alle sechs sind nun zn den Waffen einberusen. Die Schwester folgt den Brüdern als freiwillige Krankenpflegerin ins Feld. — Der Vorstand der Dresdner Kaufma n u s chaft erläßt folgende Bekanntmachung: „Die durch die Mobilmachung des Heeres hervorgerufene übermäßige Anschaffung von Lebe /s mitteln durch das kaufende Publikum hat die Händler mit Nahrungsmitteln vorübergehend in große Verlegenheit gebracht. — Es liegt zu einer solchen Bestürmung dcr Nahrungsmittelgeschästc, wie sie in den letzten Tagen vorgckommen ist, durchaus kein Grund vor. Dcr Lebensmittelhandel wird sich schon in wenigen Tagen wieder in ruhigeren Bahnen bewegen, da in kurzem, nach beendeter Mobilmachung, der Güterverkehr wieder aufgenommen werden wird und die Nenznfuhr von Lebens mitteln dann sichergestellt ist. Eine unnötige Acngstlichkcit der Bevölkerung zeigt sich auch in der übermäßigen Versor gung mit Kleingeld. Dasselbe wird vom Publikum unbegründeterweise vielfach innebehalten und dadurch ein augenblicklicher Mangel hervorgerufen. Es wird dringend geraten, das Kleingeld wieder in Umlauf zu setzen, — der gegenwärtige Uebelstand dürfte sich dann von selbst beheben." Es ist ini Interesse der Allgemeinheit nur zu wünschen, daß dcr Mahnung in allen Kreisen entsprochen wird. — Noch kein Moratorium in Deutschland. Der Bundesrat hat zwei gesetzliche Anordnungen getroffen, wodurch einem allgemeinen Moratorium vorgebeugt werden soll. Ein allgemeines Moratorium wird nicht erlassen wer den. Erstens soll das Gericht dem Schuldner einer vor dem 31. Juli entstandenen Forderung eine Zahlungsfrist von längstens drei Monaten, nötigenfalls unter Auflage einer Sicherheit, bewilligen können, soweit dies mit den Rücksichten auf den Gläubiger vereinbar ist. Der Antrag soll nicht nur im Prozeß oder während der Zwangsvollstreckung, sondern schon vorher zulässig sein. Die Gerichtskostcu werden mög lichst gering bemessen. Zioeitens soll insbesondere mit Rück sicht auf auswärtige Moratorien einstweilen verhindert werden, daß Forderungen auf Wechsel auch aus dem Auslaude, die vor dem 31. Juli entstanden sind, im Jnlande gerichtlich geltend gemacht werden. — Gegen das allgemeine Moratorium hat sich die Handelskammer zu Chemnitz in einer außerordentl, Sitzung ausgesprochen. Sie fügte weiter hinzu, daß sie die bundesrätliche Verordnung vom 4. August sür vollständig ausreichend erachte. Dresden. — Der Rat stellte fest, daß keine Gefahr für die Versorgung der Stadt Dresden mit Lebensmitteln besteht. — Die deutsch-tschechischen Verbrüderungen in Prag haben sich wiederholt. — Die deutschen Waffenerfolge haben in R o m den tiefsten Eindruck gemacht. — Frank reich weist auch Rumänen aus und geht gegen sie in bar barischer Weise vor. — Lüttich ist fest in unseren Händen. Die Verluste des Feindes waren groß. Unsere Verluste werden sofort mitgetcut werden, sobald sie zuverlässig bekannt sind. Der Abtransport von 3—4000 kriegsgefangenen Belgiern nach Deutschland hat bereits begonnen. Nach den vorliegenden Berichten hatte man in Lüttich ein Viertel der gesamten belgischen Armee vor sich. » — Vor der Hauptstadt von Togo, , Lome, ist eine starke englische Truppeu-Expeditiou erschienen. In Ab wesenheit der kleinen Polizeitrnppe und sämtlicher wehrfähiger Weißen, die sich mit dem stellvertretenden Gouverneur zum Schutze wichtiger Stationen ins Hinterland begeben hatten, nahmen die Engländer von der Hauptstadt Besitz unter feierlicher Zusage, die Ordnung zu wahren und das Eigen tum zn schützen. — Die serbischen Douauschiffe „Famadia Deligrad" und „Kraina", die große Weizen und Kohlenladungen hatten, wurden bei Moldowa von ungarischen Gendarmen und Wachtposten beschlagnahmt. — Berlin, 8. August 1914. Lüttich wurde vou sechs deutschen Brigaden Freitag früh 8 Uhr im Sturm genommen. Die Festung hatte 20000 Mann Besatzung. General v. Emmich, der den Sturm dirigierte, erhielt den Orden koui Io mvrits, Belgien hat stets geglaubt, in Lüttich eine besonders starke Festung zu haben. Das Maars- thal bildete die direkte Verbindung Paris—Berlin und war stets eine große VerkchrSstraße. — Daß in der Umgebung dcr belgischen Festung Lüttich gekämpft wurde, ging schon aus der Meldung hervor, wonach deutsche Reiter in alter Kühnheit in die Festung eindrangeu und sich beinahe des Kommandanten bemächtigt hätten. Der verwegene Streich ist den Tapferen nicht geglückt, dafür haben aber kurz darauf die deutschen Truppen die ganze Feste mit stürmender Hand genommen. Um die Bedeutung dieses Erfolges zu erfassen, muß man sich vergegenwärtigen, daß Lüttich, neben dem näher an der französischen Grenze liegenden Namur, die stärkste Festung ist, durch die der Einmarsch unserer Truppen nach Frankreich aufgehalten werden sollte. Sie ist im ersten An sturm von unseren braven Soldaten überrannt worden, — das erste Hindernis wurde glatt überwunden. — Der von der Kaiserlichen Marine übernommene Bäder-Dampfer „Königin Luise" ist beim Legen von Minen vor dem Kriegshafen an der Themse-Mündung von einer englischen Torpedobootsflottille unter Führung des Kleinen Kreuzers „A m p h i o u" angegriffen und zum Sinken gerächt worden. „Amphion" selbst ist auf eine von der „Königin Luise" geworfene Mine gelaufen und gesunken. Von der englischen Besatzung sind dem Vernehmen nach 130 Mann ertrunken, 150 gerettet. Bon der sechs Offiziere nnd 114 Mann zählenden Besatzung dcr „Königin Luise" ist ebenfalls ein Teil gerettet. — Die türkische Regierung gibt amtlich bekannt, daß England die dort im Bau befindlichen, dcr Türkei gehörigen Großiinienschiffe „Sultan Osman" nnd „Nescha- dich", sowie zwei sür China im Bau begriffene, von der Türkei angekaufte Torpedoboötzerstörer von 1850 Tonnen in die englische Flotte eingereiht hat. Die neuen Namen der Linienschiffe sind „Acincourt" nnd „Erin". Die Handlungs weise Englands erregt in der Türkei lebhaftes Erstaunen u. Proteste von allen Seiten. — Ueber die durch den Kriegsausbruch geschaffene politische Lage erklärte Graf Andrassy einem Zeitungsbericht erstatter gegenüber, daß er die höchste Verehrung und das höchste Vertrauen für die militärische Entschlossenheit hege, die der Deutsche Kaiser bewiesen. Die Energie seines Auftretens und die imponierende Tapferkeit bildeten an und für sich einen entscheidenden Faktor des Erfolges. — Die Montenegriner beschossen den Abschnitt Teodo und Bocche di Cattaro. Sie stellten das Feuer, das von den Oesterreichern erwidert wurde, um 6 Uhr abends wieder ein. Das Feuer der Montenegriner war völlig wir kungslos. Die Oesterreicher hatten keine Verluste. Ihre Stellung wurde nicht beschädigt. — Die große Berliner italienische Kolonie, die meist ans Arbeitern besteht, hat in einer sehr zahlreichen Versammlung beschlossen, unter den hiesigen Italienern eine Kollekte zu Gunsten des deutschen Roten Kreuzes zu veran stalten und hat unter lebhaften Sympathiekundgebungen einen ersten Betrag von 1500 Mark gezeichnet. — In Polen sind nach einem amtlichen deutschen Telegramm, das in Rom einging, weitere Fortschritte zu verzeichnen. Es erschien ein deutsch - österr. Aufruf an die Polen, in dem es heißt, daß die deutsch-österr. Armeen den Polen die Freiheit bringen wollen. Der Aufruf sagt: „Begrüßt unsere Fahnen mit Vertrauen, die auch Gewähr sür Gerechtigkeit bringen. Die wichtigste Forderung dieses Feldzuges ist, die Schranken zn sprengen, die euren Verkehr mit der westländischen Kultur verhindern, nm euch den Weg zum geistigen u. wirtschaftlichen Aufschwung zu erschließen." — Milliardär Vanderbilt hatte dieser Tage kein Geld mehr. Die ital. Regierung borgte ihm 2 einhalb Mill. Lire. — Sven Hedyn, der bekannte Forscher, reist in Schwe den umher, um sür Teilnahme Schwedens gegen Ruß land zu agitieren. — Die hannoversche G a s a n st a l t, die englischer Besitz ist, geht während des Krieges in städtischen Besitz über. — Auf einer Zeche der deutsch-luxemburgischen Koh lengesellschaft bei Essen sind durch Schlagwetter 4 Bergleute getötet worden. — Generalleutnant Edler von der Planitz in Bautzen veröffentlicht folgenden Abschiedsgruß: „An die Stadt Bautzen. Vor meiner Abfahrt nach den: Kriegsschauplätze danke ich im Namen der Truppen unserer lieben Garnison stadt Bautzen herzlich für die tatkräftige Hilfe vor allem während der Mobilmachung, die uns dadurch wesentlich er leichtert worden ist. Noch eine Bitte zum Abschied: Behüten Sic unsere Frauen nnd Kinder!" — Der gegenwärtig als Leutnant und Adjudant zur Fahne cinberufene Rechtsanwalt Joh. Lehmann in Dresden, der in dcr Prager Straße zusammen mit Justizrat Dr. Eibes sein Büro hat, ist bei einem Ausritt im großen Gar ten mit dem Pferde gestürzt oüd erlitt,eine!', schweren Schädelbruch, an dem er im Krankeuhansc verstarb. — Die Zeitungen euthaltenAnzeigcu über Eheschließungen und Todesanzeigen von Offizieren und Militärbeamten. Darin sind Trnppenteile, insonderheit Nescrveformationen, so gar unter Angabe des Ortes genannt. Dies steht in schroffem Widerspruch zu der Bekanntmachung des Reichskanzlers, wo nach jede Bezeichnung von Truppenteilen absolut zu unter bleiben hat. Die Annoncen sind durch die Zeitungen selb- ständig entsprechend zu ändern. Durch Aushang veröffentlicht. — Ein lleberfall durch feindliche belgische Civilisteu erfolgte bei Soiron. Von den Deutschen wurden 1 Hauptmann, 15 Mann getötet, 20 Mann verwundet. Der Bürgermeister von Soiron kommt vor das Standgericht. — Die Heilsarmee verwendet alle inDentsch - land gesammelten Gelder jetzt für Deutschland. — In Frankfurt trafen am Freitag 60 franzö sische Gefangene ein. — Den Krieg erklärt hat, nach Meldung aus Rom, Montenegro an Oesterreich. — Ein kühner Streich erfolgte am Freitag an der Drina, wo die Serben Befestigungen aufwcrfen. Ein Unteroffizier sprang von einem Donaumonitor mit Spreng- stosf ins Wasser, schlich sich in die Befestigungen, rief eine Explosion hervor nnd schwamm znm Schiff zurück. Die Serben hatten vier Tote und flohen. — Jan res hatte am Tage vor seinem Tode einen großen Auftritt für den Frieden in den Wandelgängen der franz. Kammer. Das Publikum drang in Jaures, be schwor die Minister, R n ß land ganz energisch zn verstehen zu geben, nicht gegen Deutschland in den Krieg zu ziehen. Die Menge hörte erschüttert zu. ll m s 0 n st waren alle Mahnungen. Jaures wurde am nächsten Tage ermordet.