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DRESDNER U PHILHARMONIE Dante Er stieg als Sterblicher vom Himmel. Er sah in der Hölle finstren Schlund hernieder, er stand vor Gottes Antlitz, kehrte wieder und brachte uns das Licht der Wahrheit her. Ein Stern, von dessen Glanz die Stadt verklärt, die ihn gebar und die auch mich geboren. Nichts hat er von der Welt als Dank erkoren, nur Dank von dir, du kanntest seinen Wert. Ich spreche hier von Dante, dessen Stern das Volk in seiner Dummheit so verkannte und dessen Größe schändlich wies zurück. Wär’ ich wie er! Sein Los ertrug' ich gern, das seiner Tugend wegen ihn verbannte: es wäre meines Daseins höchstes Glück! Dal ciel discese, e col mortal suo, poi Che visto ebbe I' inferno giusto e ’l pio, Ritornö vivo a cöntemplare Dio, Per dar di tutto il vero lume a noi: Lucente stella, ehe co’ raggi suoi Fe chiaro, a torto, el nido ove naqqu' io; Ne sare’ ’l premio tutto ’l mondo rio: Tu sol, ehe la creasti, esser quel puoi. Di Dante dico, ehe mal conosciute Für I’ opre suo da quel popolo ingrato, Che solo a’ iusti manca di salute. Fuss’ io pur lui! c' a tal fortuna nato, Per I’ aspro esilio suo, con la virtute, Dare’ del mondo il piü felice stato. An den Verbannten Wir ehren ihn, doch jedes Wort versagt. Sein starker Glanz hat unsern Blick geblendet. Den Pöbel tadeln? Solcher Eifer endet, wenn unser Lob so nichtig und verzagt. Er stieg hinab und drang zur Hölle vor, stieg auf zu Gott, der seine Weisheit mehrte: Doch was ihm selbst der Himmel nicht verwehrte, vor Dante schloß die Heimatstadt das Tor. 0 Stadt, so undankbar! Die Schmach bekenne, den Sohn gequält zu haben unverwandt. Muß denn, was groß ist, so erniedrigt werden! Ein Beispiel nur von tausend ich euch nenne: Nie ward ein Mann so ungerecht verbannt, nie hat ein größrer Mensch gelebt auf Erden! Quante dime si de' non sie puö dire, Che troppo agli orbi il suo splendor s' accese: Biasmar si puö piü ’l popol ehe 1’ offese, C’ al suo men pregio ogni maggior salire. Questo discese a' merti del fallire, Per I’ util nostro, e poi a Dio ascese: E le porte ehe ’l ciel non gli contese, La patria chiuse al suo giusto desire. Ingrata, dico, e della suo fortuna A suo danno nutrice; ond’ e ben segnio, C a’ piü perfetti abonda di piü guai. Fra mille altre ragion sol ha quest’ una: Se par non ebbe il suo esilio indegnio, Simil uom ne maggior non naqque mai. Diese beiden an Dante gerichteten Sonette beschreiben die Erregung des Dichters, als man 1529 in Florenz über ihn die Acht ausgesprochen hatte. Er, der sich in einer politisch heiklen Situation nur durch die Flucht nach Venedig retten konnte, fühlte sich mit dem verehrten Dichter, den Florenz gleichfalls vertrieben hatte, zutiefst verbunden. Dante war 1301 als Angehöriger der de mokratischen Bianchi-Partei von der dem Papst nahestehenden Opposition der Neri zuerst ver bannt, ein Jahr später sogar zum Tode verurteilt worden. Er hat - als Sechsunddreißigjähriger von seiner Familie getrennt - die geliebte Heimatstadt nie wieder betreten. Mittellos auf Mildtätigkeit anderer angewiesen, irrte er zwei Jahrzehnte durch Italien und schrieb seine „Göttliche Komödie", bevor er 1321 in Ravenna starb.