Steht uns Heutigen so nahe durch seine musikalische Ausdruckskraft, seine schlichte, tief menschliche Denkart Johannes Brahms geb. 7.5.1833 in Hamburg; gest. 3.4.1897 in Wien Kompositionsunterricht bei E. Marxen 1853 lernte er J. Joachim und beide Schumanns kennen 1855 Konzerttournee mit C. Schumann und J. Joachim nach Danzig 1857 Leiter des Hofchores in Detmold 1859 Gründung eines Frauen chores in Hamburg 1863 Chormeister der Wiener Singakademie 1872 artistischer Direktor der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien 1878 verlegte er seinen Wohnsitz ganz nach Wien 1879 Ehrendoktorwürde der Universität Breslau 1886 Ehrenpräsident des Wiener Tonkünstlervereins J ohannes Brahms war das Gegenteil einer schillernden Gestalt. Vergebens sucht man bei ihm das Außergewöhnliche, Aufsehen- | erregende seines Lebens. „Sein CEuvre ist über schaubar - sowohl hinsichtlich der Werkgat tungen als auch der Menge des Komponierten. Brahms hat nicht philosophiert, er hat keine Schriften verfaßt, keine Revolutionen ausgeru fen, keiner Partei angehört, keine Affären ge habt. Ihn plagten keine Krankheiten, er wurde weder geistesgestört noch taub. Ein Einzel gänger war er, aber kein Asket. Er konnte ge nießen und zugleich Maß halten. Im Umgang mit Menschen war er oft schwierig, in seinen Briefen nicht redselig, eher wortkarg. Er konn te rauh sein und gütig. Er haßte den Dünkel und liebte Kinder. Die Eigenart seines Humors konnte verletzen. Freunde hatte er viele, | Vertraute nur wenige. Er liebte die Geselligkeit und zog sich zurück, wenn er komponierte.“ So beschreibt Johannes Forner, ein profunder Kenner von Leben und Werk des Komponisten, die Persönlichkeit eines der größten Ton schöpfer des 19. Jahrhunderts (Johannes Brahms - Ein Sommerkomponist, Frankfurt/M., | Leipzig 1997). Warum aber steht uns dieser Komponist so na- j he, was läßt ihn uns in seinem Werk so gegen wärtig erscheinen? Wohl ist es die Kraft seiner Musik, das Unverwechselbare seiner Tonsprache, seine musikalische Ausdrucksfähigkeit, aber ebenso wohl auch seine schlichte, tiefmenschli che Denkart, die er in seinen Werken zum Schwingen bringt und die uns Heutigen, in i Zeiten von zahllosen Unmenschlichkeiten, zum Mitschwingen hinübeneicht. | Als Brahms in das musikalische Leben seiner Zeit eintrat, begleitete ihn Robert Schumanns euphorischer Aufsatz „Neue Bahnen“ (1853), in welchem er ihn einen nannte, „der den höch sten Ausdruck der Zeit in idealer Weise auszu sprechen berufen wäre ..., wenn er seinen