DRESDNER O PHILHARMONIE Daß er quasi bis zuletzt tonal komponierte, als habe es in unserem Jahrhundert keine gerade zu umstürzlerischen Musikauffassungen gege ben, heißt keineswegs, daß er in einer veralte ten Musiksprache stehengeblieben sei. Er stellte die Ton- und Harmoniebezogenheit auf eine völlig eigenständige Weise in Frage, verfremde- | te sie z. B. mit chromatischen Eintrübungen, zerlegte seine melodisch gebundenen Motive in kleinste Partikel, rhythmisierte sie neu und ent wickelte sowohl hart schlagende als auch weich klingende Episoden, die, in einen Kontext ge bracht, die Besonderheit, die Individualität sei ner Musik ausmachen. Oft zeigte sich der Komponist in seinen Werken ironisch-satirisch, | nahezu sarkastisch und mit einem bis zur Groteske reichenden Humor, dann wiederum ly risch-empfindsam oder heiter-vergnügt, immer aber so maßvoll gebändigt, daß seine eigene | humanistisch-ethische Haltung gewahrt blieb. Schostakowitsch kam aus der musikalischen Tradition Mussorgskis, dessen Realismus vor al lem die Körperhaftigkeit der Musik aufgezeigt hatte und wollte den „Ton“ Gustav Mahlers treffen, modern sein, ohne modernistisch zu j wirken. Diese Haltung prägt seine Musik bis [ zum letzten Ton. Er gehörte zu den Kompo nisten, die alle Genres bedienen können. Und so liebte er auch die kleine, kammermusikalische Form und bedachte sie reich. Er komponierte exzellente Klaviersachen - u. a. auch für Kinder. Ebenso war er auch in den großen sinfonischen, vokalsinfonischen und theatralischen Formen I mit großer Sicherheit und absolutem Selbst verständnis tätig. So sind allein 15 Sinfonien entstanden, ein CEuvre ohnegleichen. Unter seinen Sinfonien befinden sich einige, die - aus unterschiedlichen Gründen - das gesun gene Wort einbeziehen und in denen die menschliche Stimme ihren Platz gefunden hat, j wie die der Oktober-Revolution geweihte | Zweite von 1927 oder die dem 1. Mai gewid-