Karlheinz Stockhausen, 1952/53 Student bei Messiaen in Paris, berichtete: „Vieles kannte ich schon vom Studium in Köln, Aber ich kannte das meiste, ohne daß es mich etwas anging; es war tot. Messiaen weckt Totes auf. Neumen der grego rianischen Notation interpretierte er so, daß er ein Klavierstück .Neuntes rythmiques' daraus machen konnte ... Indische Rhythmen: er verwandelte sie zu Elementen seiner eige nen Musik. Auf den Feuerinseln hatte er Rhythmen und einige melodische Formeln aufgeschrieben; daraus machte er zwei Klavier stücke. Modi aller Zei ten und Völker, Vogel gesänge: Überallhin nimmt Messiaen sein kleines Notizbuch mit und notiert, was er hört. Dann geht er heim und ordnet, verwandelt, komponiert seine .Ob jektive'. Messiaen ist ein glühender Schmelz tiegel. Er nimmt klin gende Formen in sich auf und spiegelt sie in der Form seines musika lischen Verstandes." regelmäßig pulsierende Taktschema, überkom men aus langer Tradition im europäischen Musikdenken, wollte er außer Kraft setzen. Messiaen suchte nach Möglichkeiten, rhythmi sche Grundmodelle „mathematisch“ zu erfas sen, ihnen eigene Charakteristika (Zahlenmystik) zu entlocken und sie durch Vergrößerungen und Verkleinerungen, proportional verändert, einzusetzen. Genauso aber untersuchte er für seine melodischen Erfindungen die Intervall schritte, d.h. die Beziehungen der einzelnen Töne zueinander, damit zugleich die verschie denen Tonfolgen, wie sie in der Musik der Völker ausgeprägt sind. Er konstruierte eigene Tonreihen („Modes“), Tonleitern, die eine Ok tave derart in gleichgebaute Gruppen von 2 bis 6 Tönen unterteilen, daß die Endpunkte zwei er Gruppen jeweils in demselben Ton Zusam mentreffen. Übereinander gestellt ergeben die se Töne ihrerseits eine eigene Harmonik. (Schon 1928 hatte Messiaen seine „Modes“ in den „Acht Preludes“ für Klavier verwendet und sie mit bestimmten Farben des optischen Spek trums identifiziert.) Dies alles, seine harmoni schen und rhythmischen Innovationen, schrieb er 1944 nieder in seinem, späterhin einfluß reichen Hauptwerk „Technique de mon langa- ge musical“ (Technik meiner musikalischen Sprache). Eine Konstante in Messiaens Werk bildet die Verarbeitung von Vogelstimmen. Davon sind fast alle Stücke durchzogen. Und bezeichnen derweise beruht seine einzige Oper „Saint Franqois d'Assise“ (1983) auf Szenen aus dem Leben des Heiligen, der der Legende nach den Vögeln gepredigt hat. Die aufgeschriebenen Vogelrufe hatte der Komponist in eine, ihm möglich erscheinende rhythmische Notations form gebracht und seiner Musik damit ein un verwechselbares musikalisches Idiom gegeben. Aus all diesen (theoretischen) Überlegungen und Versuchen mag herausklingen, daß die mu-