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schlossenheit, der Musik in unserer Zeit neue Kraft und neue geistige Gewalt zu geben. Messiaen schrieb und „predigte“ eine Neue Musik jenseits aller Moden und zwischen allen Stilen und Stühlen. Er fand auch ein wirklich aufgeschlossenes Publikum, eine Zuhörer-, eine Schülerschar - ein Phänomen in der Moderne - und zeigte Wege auf zum selbständigen Weiter führen. Seine Tätigkeit brachte die bisherigen Vorstel lungen von Musik, nicht nur die der „alten“, sondern auch die der „modernen“ Jahrhunderte, ins Wanken und auf einen Pfad, der wohl als die entscheidendste Neuerung angesehen werden kann, den der „Seriellen Musik“. Das war 1949, zu einem internationalen Ferienkurs für Neue Musik in Darmstadt, als der Komponist seine Klavieretüde „Mode de valeurs et d’intensites“ vorstellte, in der er sich intensiv mit Dauer und Intensität von Tönen und Klängen auseinander gesetzt hatte. Die Idee der Seriellen Musik be ruht auf einer rein rationalen, man kann sagen, mathematisch-logischen „Konstruktion“ von Mu sik durch reihenmäßige Gliederung des musika lischen Materials (z. B. der Bildung einer festen Reihenfolge von Intervallschritten, wie sie schon seit Schönbergs Zwölftontechnik existierte, die aber Messiaen auf andere Parameter übertragen | hat wie Tondauer, -Qualität, Klangfarbe, Laut stärke u.a.m.). Übrigens distanzierte Messiaen sich später von dieser, letztlich auch wieder ein- j seitigen Art der Musikauffassung, denn die ei gentliche Sprachhaftigkeit der Musik drohte verlorenzugehen, weil ihre Schöpfer peinlichst darauf bedacht waren, jeden traditionellen Rest , aus ihrem Vokabular zu tilgen. Das aber wollte gerade Messiaen nicht, er wollte Inhalte und die Göttlichkeit des Lebens ausdrücken. Doch hatte er zusehen müssen, wie sich in den 50er Jahren der Serialismus, ein „tönendes Faktum“, zu verselb ständigen begann und weite Kreise zog (Boulez, Stockhausen, Pousseur, Nono und viele andere).