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Rabemner Weiger Erscheint Dienstag, Donnerstag u. Sonnabend. Abonnementspreis ein schließlich zwei illustrierter achtseitigen Beilagen sowie eines illustrierten Witzblattes 1,50 Mk. Zeitung fie ViarlUldt, Seiseesdues, Akin- u. tzevPlsu Inserate kosten die Spaltenzeile oder deren Raum 10 Pf., sür ans- . wärtige Inserenten 15 Ps. Reklamen ? 20 Ps. Annahme von An zeigen für alle Zeitungen. Obernaundorf, Hainsberg, Somsdorf, Coßmannsdorf, Lübau, Borlas, Spechtritz re. Dienstag, den 28. Juli 1914. 9!nnliner 88. Kernsprecher: «mt Deuben 2120 Aus Nab unü fern. Rabenau, den 27. Juli 1914. — Mit dein üblichen Zapfenstreich, unter Fackelbeglei- tung von der Dippoldiswaldes Stadtkapelle in schneidiger Weise ansgeführt, wurde am Sonnabend dasVogel- schießen der hiesigen Schützengesellschaft eingeleitet. Die sich anschließende Bierprobe auf der König Albert-Höhe fand zahlreiche Beteiligung und verlief in Gemütlichkeit und guter Laune. In früher Morgenstunde des Sonntags wurden die Schläfer durch Trommel- und Trompctenschall aus ihren süßen Träumen geweckt. In der elften Stunde versammelten sich über 40 Personen auf der Albert-Höhe, um im Saale an einladend geschmückten Tafeln das Schützenfrühstück ein- zuuehmen, während die Musik lebhaft konzertierte, nur hätte etwas gedämpfter gespielt werden können, um die Unter haltung nicht zu beeinträchtigen. Die Reihe der Ansprachen eröffnete der Vorstand, Herr Kaufmann Eisler, um über die zahlreiche Beteiligung Freude und Dank auszusprechen und begrüßte besonders herzlich Herrn Bürgermeister Wittig, der eben frisch und munter von seiner Erholungsreise heim gekehrt war. Darauf gab Herr Bürgermeister Wittig eine kurze Beschreibung von den Herrlichkeiten des Bades Ems, wo er zur Kur einige Wochen weilte, zugleich der historischen Erinne rungen v. 1870 gedenkend, um schließlich zu ermahnen, der Vor züge unseres überall geschützten Sachsenlandes nicht zu ver gessen. Ein Hoch auf unseren beliebten König und die Sachsenhhmne wurden begeistert ausgebracht. Herr Künstner, auf die Abwesenheit eines Schützenkönigs hinweisend, erkannte an, daß Vorstand und Marschälle trotzdem ihre Pflichten treu erfüllten, ihnen gelte ein kräftiges Hoch! Herr Eisler erwiderte, man lebe jetzt in einer Zeit, wo alles zum Streiken geneigt sei, da dürft es nicht Wunder nehmen, daß auch einem Schützen könig es einfiele, zu streiken. Aber wir hätten doch noch eine Königin, die Frau Künstner, die im vorigen Jahre durch Veranstaltung eines solennen Kaffeeschmauses sich bei allen Schützen und ihren Frauen sehr gut eiugeführt habe, ihr sei ein dreifach Hoch gebracht. Herr März wies darauf hin, daß bis jetzt alle Feste nur unter erschwerenden Umständen gefeiert werden konnten, erst am Sonnabend noch habe ein Kunstsalon wegen des hohen Berges abgelehnt zu kommen, es sei dagegen erfreulich, daß die Ehrengäste uns treu blieben, darum ihnen ein Hoch. Herr Eisler erkannte rühmend an, daß auf dem Platzmeister Herrn März eine große Arbeits last läge, die ihm jetzt erleichtert würde, da er doch in Herrn Bischoff einen Platzmeistersozius gewonnen habe, auf beide erklang ein heiteres Hoch. Freudig nahm man Kenntnis von 2 beglückwünschenden Telegrammen aus weiter Ferne, von den Herren Anton Hamann aus Oybin und Kurt Fuhr mann ans Cuxhaven. Herr März gab bekannt, 2 schwarze Schützen hätten sich jetzt entschlossen, uniformierte Schützen zu werden, die Herren Photograph Winzer und Stickerei fabrikant Hahn sen. Herr Pfarrvikar Phenn ergriff jetzt das Wort, um für freundliche Einladung zn danken, bemerkend, ein sanfter Rippenstoß des Platzmeisters dränge ihn dazu; er habe Herrn März von Kitt sprechen hören, ohne die Bedeu- Umq verstanden zu haben, doch wünsche er der Gesellschaft ein ferneres Wachstum und Gedeihen und er trinke daher auf das Wohl des neuen Königs und seines Stabes. Herr Eisler erinnert daran, es sei jetzt Zeit, sich dem Dienste zu widmen und wünscht allen einen fröhlichen Verlauf des Festes. In höchster Befriedigung über alles, was Küche und Keller geboten hatten, verließ man der Saal. Um 3 Uhr setzte sich vom Marktplatze ans ein stattlicher Festzug in Bewegung, es waren 4 Fahnen und eine Standarte zu bemerken, die den beiden hiesigen Turnvereinen, dem Dramatischen Verein und der Schützengcsellschaft von Polschappel voran flatterten. Trotz der sehr kühlen Witterung herrschte auf dem Festplatze ein munteres Treiben und wen fror, konnte sich im Saale leicht erwärmen, er war ohne Aufhören zum Erdrücken voll. Der hrute Montag stattfindende historische Umzug wird viele schaulustige aus Nah und Fern herbcilocken. - TU Herr Alfred Otto, Sohn des Herrn Friedensrichters ""ödster, lM die 2, Staatsprüfung bestanden und wurde zum .^e g r e r ungsba u IN eister befördert. "O "er Talsperre Malter ertrank am Sonn tag nacyuu tag ein Dresdner Schüler. Er hatte mit einem Kameraden gegondelt, war dann vom Sprungbrett am Ufer ins Hoaper lftlprnngen eine Strecke geschwommen. Plötz lich schienen ihn die Kräfte zu verlassen, sein Kamerad wollte ihm Hufe bringen, kam aber selbst in Gefahr und konnte sich nur mit -iU)e retten. Der Leichnam des Verunglückten wurde später geborgen. — Die in Aussicht genommene B a h n ve r b r e i t e r- ung und HochlegNNg im unteren Plauenschen Grund wird uichl spurlos cui den noch Ooichondenen spüAlchen Meilen des Plauenschen Grundes vorübergchen. Besonders dürste das Forsthansvicrtel Einbuße erleiden, weil geplant ist, zur- teilweisen Gewinnung des Platzes für die nencu Gleise die Felsen unterhalb des Bicnertparkes wesentlich abznarbeiten. Diese Maßnahme ist im Interesse des Landschaftsbildes höchstlichst zu bedauern, besonders an dem malerisch schönen Felsabhange vor der jetzigen Eisenbahnbrücke. Und dort ge rate ist, gutem Vernehmen nach, beabsichtigt, umfängliche Abtreibungen vorzunehmen. Ohne weiteres wird man zugeben müssen, daß dort die Bahnstrecke stark eingeengt wird, weil die Straßenbrücke dicht an die Straße herankommt. Nach Wegfall derselben infolge Verlegung der Tharandter Straße auf die andere Flußseite fällt aber doch dieses Hindernis fort! Die Bahn hätte genügend Spielraum, nach dieser Seite drei nene Gleise anzufügen. Man hat das auch von jeher ange nommen, seit das Forsthaus für die Streckenverbreiterung vom Fiskus angekauft worden ist. Der Grund hat ohnehin schon durch die glatten, kahlen Felswände im Ratssteinbruche stark an Natürlichkeit eingebüßt. — Vor etwa 8 Jahren kam auf Station Heidenau ein Geldbriebeutel mit 15 000 Mk. abhanden. Jetzt ist der Dieb ermittelt. Es ist ein damaliger Bahnschaffner, der den Beutel fand. Er mußte wieder freigelasfen werden, da die Tat verjährt ist. Die Postbehörde kann sich aber schadlos halten, denn der Mann ist mit einem Grundstückskauf zu Vermögen gekommen. Zwei Beamte, die man seinerzeit haft bar machte und denen das Geld ratenweise abgezogen wurde, kommen jetzt wieder zu ihrem Gelds. Die Entdeckung er- erfolgte nach Zerwürfnis des Täters mit seiner Frau, die von der Sache plauderte. — Freitag früh in zeitiger Morgenstunde war die Po lizei in Potschappel verständigt worden, daß sich in der Gegend von Roßthal ein verdächtiger Mensch herumtreibe. Auf diese Anzeige hin machte sich ein Gendarmeriewacht meister mit einem Gendarmen verkleidet ans den Weg und überraschten gar bald den Mörder Himmel auf der Straße vom Juchhöh nach Dölzschen, in einem Straßengraben sitzend. Sie sprachen ihn mit den Worten an: „Guten Tag, Himmel". Er erwiderte sofort den Gruß, als er aber merkte, wem er gegenüberstand, versuchte er sich freizumachen und Widerstand zn leisten. Er wurde überwältigt und gefesselt nach der Ortszelle in Niedcrgorbitz gebracht. In seiner Tasche fand mau ein scharfgeschiiffenes Küchenmeffer, dessen Spitze abgebrochen war, vor. Er räumte ein, daß er mit diesem Messer seine Frau getötet habe. Der Mörder wurde in einer Automobildroschke von der Ortszelle nach der Leichen halle gebracht und dort vor die Leiche gestellt. Hier zeigte der Mörder weder Ergriffenheit noch Reue, gestand aber dem Staatsanwalt die Tat ein. — Der Gattenmörder Johann Himmel aus Niede r- gorbitz hat, wie er dem Staatsanwalt noch eingeräumt hat, nach seiner blutigen Tat seine siebenjährige Tochter aus der Wohnung mit hinaus in die dunkle Nacht genommen, um sie als Zeugin der grausigen Mordtat zu beseitigen; doch habe er davon abgelassen, als das Kind über Müdigkeit ge klagt und in sein Bett zurückgewollt habe. — Unweit der. Tännigtmüh'e bei Opitz wurden am Freitag zwei Kinder in einem Kornfelde t o t aufgefunden, die zirka 6 Wochen dort gelegen haben können. Das ältere zweijährige wurde wahrscheinlich erdrosselt, das jüngere ein Jahr alte Kind zeigte einen gespaltenen Schädel. Die Kinder waren in Kissen gehüllt und teilweise von Füchsen angefressen. Die Staatsanwaltschaft nahm den Befund am Tatort auf. Ueber die Täter herrscht noch völliges Dunkel — Schon seit Jahren ist die Errichtung eines Aus- sichtsturmcs auf dem W i l i s ch bei K reischa geplant, lieber 4l00 Mar! weist der Turmbaufonds zur Zeit auf. Um am 100. Geburtstage des Altreichskanzlers Bismarck den Grundstein zu dem Turme legeu zu können, hat der Ans- schußvorsitzende, Gemeindevorstand Kubenke-Kreischa die Ge nehmigung zu einer Geldsammlung innerhalb des Regierungs bezirkes Dresden bewilligt erhalten. — Der Turnverein Borlas beschloß in seiner letzten Versammlung den Bau einer Turnhalle. Der Bau soll noch diesen Monat beginnen. Das erforderliche Bauland hat Herr Gutsbesitzer Körner zu einem sehr annehmbaren Preise zur Verfügung gestellt. — In Zandam, dem größten Holzhandlungsplatz der Niederlande, herrscht seit einigen Wochen ein Streik der Arbeiter des Holzhafens. Die Ausständischen verlangen eine Lohnerhöhung sowie Anerkennung ihrer Organisation. Dresden. — Auf dem Hauptbahnhofe fuhr Sonntag nachmittag der um 5 Uhr einlaufende Schnellzug aus Reichen bach auf den Prellbock, so daß dieser stark beschädigt wurde. Zu Schaden ist niemand gekommen. -- Die Kriminalpolizei stellte fest, daß die wegen Ver dachts des Mordes an der Witwe Lehmann auf der Holbein straße in Dresden verhaftete Frau Müller auch eineu anderen Mord verübt habe und zwar an der 86jährigen Privata Müller, die am 6. Mai tot in ihrer Wohnung am Terrassenufer aufgefunden wurde. Man nahm damals Herz schlag an. Kleine Notizen. — Einem dreisten Schwindler ist der Hausbesitzer Fröbe in Dittersbach bei Frauenstein in die Hände gefallen. Bei ihm erschien abends ein Unbe kannter, der sich für den Rechenberger Brauer ausgab. Er Fernsprecher: Nmt Deuben 2120 JllAglUtg. stellte verschiedene Fragen und bat schließlich, ihm, da er viel einzelnes Geld habe, 2 Dreimark und 2 Zweimarkstücke, gegen ein Zehnmarkstück einznwechseln. Bereitwilligst kam Fröbel diesem Verlangen nach, mußte aber, als der Unbe kannte sein Haus verlassen hatte, bemerken, daß er das Opfer eines Betrugs geworden war. Die Münzen waren Geldstücke wie sie die Kinder zum Spielen benutzen. Dem Alter Fröbes — er steht im 80. Lebensjahre — ist es zuzuschreiben, daß er den Betrug nicht gewahr wurde. — Der vierzehn jährige Schulknabe Albin Wenzel rettete mit Mut und Entschlossenheit ein in Dittersbach bei Frauenstein zur Som merfrische weilendes 9 jähriges Mädchen aus Dresden, das beim Spielen in einen Teich gefallen war, vom Ertrinken. — Seit Sonnabend abend 6 Uhr befinden sich Oester reich-Ungarn und Serbien im Kriegszustände, Beide Teile haben die Mobili sierung ihrer Armeen — wie wir bereits durch Extrablätter am Sonnabend und Sonntag ge meldet — angeordnet. In Serbien arbeitet man fieberhaft an der letzten Ausrüstung zur Verteidigung. In Oesterreich- Ungarn ist der Einberufungsbefehl an alle Wehrpflichtigen ergangen, 8 Armeekorps werden zunächst auf Kriegsfuß ge setzt. Die Mobilisierung nimmt einen raschen Fortgang. Nun die Würfel gefallen sind, wird keine Macht der Welt den tatsächlichen Beginn desKrieges zwischen beiden Län dern mehr aufhalten. Vielleicht ist schon ein Teil der öster reichischen Truppen im Anmarsch gegen Belgrad. — Auf die A nfrage der serbischen Regierung, welche Haltung Bulgarien im Konflikt mit Oesterreich-Ung. einnehmen würde, antwortete der Ministerpräsident, daß Bul garien sich neutral verhalten werde. Bulgarien soll dafür entschädigt werden. Griechenland erklärte ebenfalls, das; es sich in den Kampf nicht einmischen wolle. — Kundgebungen. Sonntag gegen Mitternacht sammelte sich in Dresden eine große Menschenmenge, die zunächst nach dem serbischen und dem ruff. Konsulat mar schierte, nm alsdann zu dem Bismarck-Denkmal zu ziehen. Dort wurden mehrere Ansprachen gehalten und Hochrufe auf Oesterreich, Bismarck und Vaterland ausgebracht. Unter Absingnng der „Wacht am Rhein" marschierten die Teil nehmer nach dem Siegesdenkmal und dem österr, Konsulat, wo es zu bedeutenden Kundgebungen kam. — Aus Leip- z i g wird gemeldet: Als Sonntag Vorm, die neuesten Tele gramme mitgetcilt wurden, setzte sich eine Menge von meh reren tausend Personen in Bewegung u. zog unter Absingen von „Deutschland über alles" zum Marktplatz. Am Sieges- deukmal wurden Hochrufe auf Oesterreich uud Deutschland ausgebracht und patriotische Lieder gesungen. Als im Cafee Corso au Leipzig das Publikum die „Wacht am Rhein" sang, blieben 3 anwesende Russen sitzen; sie wurden vom Publi kum aus dem Lokal befördert. — In W i c n sammelten sich Sonnabend abend die Massen zn einem imposanten Manifestationszuge, der, immer neuen Zuzug erhaltend, über die Ringstraße zum Deutsch meister-Denkmal führte. Patriotische Lieder wurden gesungen und Hochrufe auf den Kaiser, ans Kaiser Wilhelm und auf die Armee ausgebracht. Wo man einen Soldaten oder Of fizier erblickte, wurde er umringt, und mit begeisterten Rufen begrüßt. Anch aus der Provinz werden begeisterte Ovationen gemeldet. — An der österreichischen Donangrenze wurden alle Mühlen und Nahrungsmittelniederlagen von der Armee niit Beschlag belegt. Die österr, Donaukanonenbote sind kampf bereit. — Kaiser Wilhelm traf Sonntag abend von seiner unterbrochenen Nordlandreise in Berlin ein. — Der Kronprinz von Serbien erteilte im Namen des Königs den Befehl zur Mobil m a ch u n g. — Der s e r- bische Generalstabschef Putnik weilte in einem un garischen Bade zur Kur und wollte Sonnabend nach Belgrad zurück. Er wurde von den ungarischen Militärbehörden auf der Station Keleuföld, 15 Minuten von Budapest entfernt, verhaftet. Der General wurde iu das Budapester Mili tärkasino geleitet und dort mit aller Courtoisie empfangen. Inzwischen wurde, da die österreichisch-ungarische Armee von viel zu ritterlicher Gesinnung erfüllt ist, um die serbische Armee ihres Oberkommandanten berauben zn wollen, Ver fügung getroffen, daß dem General Putnik die Möglichkeit geboten werde, die Reise in die Heimat fortzusetzen. Zu diesem Zwecke wurde ihm eiu Extrazug mit Salonwagen zur Verfügung gestellt. — Bei den Kundgebungen in Berlin sind nachts be dauerlicherweise taktlose Rufe vor dem Gebäude der Berliner Kaiserlichen Russischen Botschaft ansgestoßen worden. Die Polizei ist sofort eiugeschritten. Einer der Manifestanten ist fcstgenvmmen worden. Auch sind gegen die Wiederholung derartigerVorkomnisfe nach Möglichkeit Vorkehrungen getroffen. — In Ristowatz in Serbien verweigerten bei der Mobilisation der Wardadivisiou 160 mazedonische Reservisten den Gehorsa m. 17 wurden auf Befehl des Generals Vojuwits standrechtlich erschossen. Gleichfalls bei der Warda- division sind mehr als 400 Fahnenflüchtige gezählt, die alle nach Bulgarien flüchteten.