.J* DRESDNER (J PHILHARMONIE der gefürchtete Kritiker Eduard Hanslick kon statierte, „daß wir seine gigantische Symphonie nicht verstanden haben". Hanslicks vernichten des Bonmot, daß in Bruckners Musik „Beet- hoven's .Neunte - mit Wagner’s .Walküre' Freundschaft schließt und endlich unter die Hufe ihrer Pferde gerät“, machte allerdings bald die Runde und kam einem absoluten Verriß gleich. Tatsächlich ist wohl die entscheidende Ursache für das eklatante Unverständnis der Zeitgenossen darin zu suchen, daß Größe und Kühnheit von Bruckners Konzeption, mit der er einen Boden betrat, auf dem er sich selbst noch höchst unsicher bewegte, nicht erkannt werden konnte. So verwundert es nicht, wenn ihm vor erst nur wenige zu folgen bereit waren. Auch als Ernst von Schuch im Dezember 1885 diese Sinfonie in Dresden aufführte, reagierte die Kritik, wie in vielen anderen Städten, mit nega tivem Urteil („Wir haben von dem Componisten bis jetzt noch nichts gehört ..., fügen aber gleich hinzu, daß uns das ... Werk nicht nach weiteren Tondichtungen von ihm begierig macht.“). Diese Haltung änderte sich erst all mählich, nicht zuletzt durch den nachhaltig be eindruckenden Mozart-Bruckner-Zyklus der Dresdner Philharmonie. 1935/36 führte Paul van Kempen alle Sinfonien Bruckners, meist in ihrer Urfassung (ausgenommen die „Dritte"), auf und machte Dresden urplötzlich zu einer Hauptpflegestätte des Brucknerschen CEuvres. Und wieder blieb das Werk liegen. 1888/89 ver kürzte Bruckner auf Anraten seiner Schüler das Finale so stark, daß es einer Verstümmelung gleichkam. Er wollte endlich eine erfolgreiche Aufführung dieser Sinfonie erleben. Die kam am 21. Dezember 1890 unter Hans Richters Leitung zustande und wurde ein wahrer Triumph für Bruckner, den Dirigenten und die Philharmo niker. „Ich bin noch sehr ergriffen von der Aufnahme des philharmonischen Publikums, welches mich zwölfmal gerufen hat, und wie!!“ In einem Bericht über das Konzert, der nicht von Hanslick stammt, lesen wir: „Es war ein unvergeßlich ergreifen der Augenblick, als Bruckner am Schlüsse des Konzertes, ganz allein inmitten des Podiums stehend - denn auch die Orche stermusiker hatten so schnell als möglich das Weite gesucht - seine Noten zusammenraffte, unter den Arm nahm und, den großen Schlapphut auf dem Kopf, einen langen, wehmutsvollen Blick auf den völlig leeren Saal warf."