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Politische Rundschau. Ein Üalserworl über England. Gelegentlich der Einweihung der englischen Kirche in München teilte der Vorkämpfer einer deutsch-englischen Verständigung, Professor Sieper, unter großem Beifall folgendes verbürgte Wort deS Deutschen Kaisers über Deutschland und England mit: „Wir sind zu groß, um Feind zu sein, so müssen wir groß genug sein, um Freunde sein zu können." Besteuerung ausländischer Weine. Ein Gesetzent wurf, der die kommunale Steuerfreiheit ausländischer Weine aufhebt, ist laut „Tägl. Rdsch." ausgearbeitet worden und wird dem Reichstage im Herbst zugehen. Der Gesetzentwurf, der auf Anregung der süddeutschen Bundesstaaten ausge arbeitet wurde, räumt mit einer sinnwidrigen Vorzugsstellung auf, die ausländische Weine bisher in Deutschland gegen über deutschen Weinen genossen. In den Ländern, die hohe Weineinfuhr nach Deutschland haben, insbesondere in Frankreich, ist man natürlich über die Maßnahme verstimmt und betrachtet sie als Unfreundlichkeit. Ein Einspruch da gegen ist jedoch ausgeschlossen, da es sich um eine innere Angelegenheit der Reichsgesetzgebung handelt. Längerer Urlaub ves Reichskanzlers. Die Gerüchte von einem in kurzer Zeit zu erwartenden Rücktritt des Reichskanzlers sind falsch. Herrn o. Bethmann nahestehende Kreise versichern, daß der Kanzler noch lange nicht amts müde ist und auf seinem Posten verharren wird. Es ist aber zu erwarten, daß der Kanzler gelegentlich der Kieler Woche einen längeren Urlaub erbitten und auch erhalten wird. Während der Urlaubszeit wird Staatssekretär Del brück und Staatssekretär v. Jagow mit der Leitung der inneren bezw. auswärtigen Politik betraut werden, übrigens beabsichtigt Herr v. Bethmann Hollweg, falls noch eine Tagung des Reichstags nach Pfingsten zustande kommt, persönlich im Reichstage zu erscheinen und sich an der Vertretung wichtiger Bundesratsvorlagen zu beteiligen. Die erste Etappe des Prinz Heinrich-Fluges 1914 am Sonntag führte von Darmstadt über Mannheim, Pforz heim, Straßburg, Speyer und Worms nach Frankfurt a. M. Der interessantere Teil des diesjährigen Prinz Heinrich- Fluges, an dem u. a. auch das von dem Prinzen Sigismund von Preußen konstruierte Flugzeug unter Führung des Fliegers Stiefvater tetlnimmt, beginnt Ende der Woche; es findet dann die große militärische Aufklärungsübung statt, für die der Chef deS Generalstabs der Armee die Aufgaben gestellt hat. Mit einem Wehrbettrag von 73 Millionen Mark steht der Regierungsbezirk Düsseldorf an der Spitze aller preußischen Regierungsbezirke. — Der Erzbischof von Hartmann in Köln hat die Reise nach Rom angetreten, um dort aus den Händen des Papstes den Sarbinalhut zu empfangen. Au dem Kompromihantrag zur Veamtenbesol- Vungsnovclle im Reichstage, der die Regierungsvorlage mit dem Zusatz wieder Herstellen will, daß die gehobenen Unterbeamten bis zum 1. Januar 1916 eine Aufbesserung erfahren, schreibt die „Rordv. ANg. Alg." amtlich: Wenn die verbündeten Regierungen sich bereit finden sollten, dem zuzustimmen, so würde dies im Interesse der in der Novelle bedachten Beamten geschehen, die bei Nichtzustandekommen der Vorlage auf nicht absehbare Zeit hinaus auf die ihnen zugedachten Etnkommensverbesserungen verzichten müßten. Andererseits ergibt sich allerdings aus der Sachlage, daß die in dem Anträge gewählte Fassung des Entwurfs auch das äußerste Maß dessen darstellen würde, was die Ge nehmigung der verbündeten Negierungen finden könnte, da diese den von ihnen bisher eingenommenen, in der Budget- kommisfion wie in der Vollversammlung des Reichstags wiederholt und bestimmt dargelegten Standpunkt nicht ver lassen können. Ablösung französischer Gesellschaften in Kamerun. Die Kolonialverwaltung hat dem Reichstag eine Denkschrift über die Ablösung von vier französischen Konzessionsgesell schaften in Neukamerun zugehen lassen. Eine Artlgteik gegenüber Deutschland bedeutet der Erlaß des englischen Kriegministeriums an die Offiziere des englischen Heeres, bei Reisen durch Elsaß-Lothringen oder bei einem Aufenthalt dort den Straßburger Behörden vor her genaue Mitteilung zu machen. Zuwiderhandlungen gegen diese Bestimmuna disziplinarisch bestraft. va» braunschweigische tzerzogspaar »m „zeppelin". j Auf dem Braunschweiger Exerzierplatz unternahmen Herzog Ernst August und Herzogin Viktoria Luise von Braunschweig einen Aufstieg mit dem Heeresluftschiff „Z. 6". Beide Fürstlichkeiten unternahmen zum ersten Mal eine Fahrt im Luftschiff und äußerten sich hochbefriedigt über deren Verlauf. An der Reichstagsrede des Staatssekretärs von Jagow über die allgemeine Lage haben die russischen Blätter, wie man sich denken konnte, wenig Freude gehabt. Sie versuchen fast ausnahmslos, den Spieß umzukehcen, und den ihnen mit Recht gemachten Vorwurf auf die deutsche Presse abzuwälzen. Dabei verfallen sie in den Fehler, ihre alten Hetzereien durch neue zu verschärfen, und behaupten frisch darauf los, die Alldeutschen arbeiteten darauf hin, einen Teil Österreichs, die russischen Ostsee provinzen, die Rheinmündung und Teile Dänemarks für das Deutsche Reich zu gewinnen. Nur ganz vereinzelte Petersburger Blätter schwingen sich zu einer einigermaßen objektiven Beurteilung auf. Reichstagspräsident kämpf erfuhr in der vergangenen Woche wegen seiner Geschäftslettnng mannigfache Kritiken und mußte den von Konservativen und Zentrum beifällig aufgenommenen Sehnsuchtsruf seines früheren Kollegen im Präsidium, des sozialdemokratischen Abg. Scheidemann, nach der Rückkehr eines Ballestrem oder Levetzow mitanhören. Man würde Herrn Präsident Kämpf schweres Unrecht tun, wollte man ihn der Parteilichkeit und Ungerechtigkeit be schuldigen. Sein Fehler ist im Gegenteil ein übertriebenes Bestreben, gerecht zu sein. Er prüft viel zu ängstlich, wie die Ausführungen eines Redners von dessen politischen Gegnern aufgefaßt werden könnten, und greift ein, um sich gegen den Vorwurf zu schützen, die Zügel am Boden schleifen zu lassen und zu weitgehende Redefreiheit zu ge währen. Die mexikanisch-amerikanische Friedenskonferenz tritt am heutigen Montag in Niagara-Falls zusammen. Auf Ihren Ausgang gestattet der Verlauf des feierlich abge schlossenen Waffenstillstandes einen Schluß, während dessen mit tatkräftiger amerikanischer Hilfe die Rebellen Tampico eroberten, das grausigste Blutbad in dem ganzen langen Kriege veranstalteten und die Vorbereitungen zur Ein schließung und Beseitigung Huertas in der Hauptstadt Mexiko wesentlich förderten. Lord Kitchener, der „diplomatische Agent" von Ägyp ten, trifft dieser Tage in England ein, um laut „Voss. Ztg." mit dem Staatssekretär des Auswärtigen wichtige Fragen zu besprechen, die auf die Verwaltung Ägyptens Bezug haben. Die zur Sprache kommenden Dinge sollen sowohl finanzieller als auch politischer Natur sein und nicht nur Ägypten, sondern auch den Sudan berühren. In Albanien werden friedliche Zustände für die nächste Zeit erwartet, da die Verhandlungen zwischen den Mitgliedern der Internationalen Kontrollkommission und dem Epirotenführer Zographos eine grundsätzliche Einigung er zielt haben. Einige Meldungen besagen, daß die Türkei und Bulgarien sich um den Abschluß eines gegen Rußland gerichteten Bündnisses mit Rumänien bemühen, andere, daß der Ausbruch von Feindseligkeiten der Türkei gegen Griechen land unausbleiblich sei und bald erfolgen werde. In Mexiko arbeiten die Amerikaner anscheinend mit den Rebellen gemeinsam am Sturze Huertas, der allgemein als bevorstehend bezeichnet wird, zumal an der Tatsache, daß die Truppen des energischen Präsidenten in einem umfassenderen Maße meutern und zu den Aufständischen übergehen, nicht mehr zu zweifeln ist. — In Washington fand ein Kabinettsrat statt, in dem nach Meldungen Lon doner Blätter eine kriegerische Expedition in großem Um fange gegen Huerta beschlossen worden sein soll. Es sollen, wie es heißt, 22000 Mann mobilisiert werden, um den ersten Vorstoß gegen die Hauptstadt Mexiko zu unternehmen. Der Staatssekretär des Auswärtigen Bryan setzte sich mit Carranza in Verbindung, um dessen gleichzeitige Mit wirkung von Norden her zu sichern. Der Banditengeneral Villa ist mit seinen Horden in Tampico eingezogen und raubt dort unter der Zusicherung, daß das Privateigentum von ihm und seinen ehrenwerten Leuten respektiert wird, alles, was nicht niet- und nagelfest ist. Die Rebellen haben nach Meldungen aus Veracruz die pelroleumstadt Tuxpan an der mexikanischen Ostküste erobert. Die 500 Mann Suerta-Truppen konnten die Stadt ' I der 2000 Mann starken Streitmacht der Rebellen gegenüber nicht behaupten und flüchteten in die Berge. Sie wurden verfolgt und, soweit sie eingeholt wurden, in bestialischer Weise niedergemetzelt. Das alles geschieht zwischen Ange hörigen ein und desselben Volkes! Auch der Ort Monclova wurde von den Rebellen genommen. Es war dies die letzte Stadt, wo Truppen Huertas die Eisenbahn nach der Haupt- stadt besetzt hielten. — Die Meldungen über die Meuterei von Huerta-Truppen in der Hauptstadt Mexiko haben sich im vollen Umfange bestätigt. Diejenigen Offiziere, die sich weigerten, zu dem Rebellenführer Zapata überzugehen, wurden kurzerhand erschossen. Zapata soll in unmittelbarer Nähe der Stadt Mexiko stehen und mit den Vorposten Huertas bereits Gefechte gehabt haben. Huerta persönlich befindet sich in wachsender Gefahr, ermordet zu werden, da der Ausbruch der Anarchie in der Hauptstadt jeden Augenblick erfolgen kann. Klus «len Parlamenten. Der Deutsche Rerrystag, der vorher nach dem Rede duell zwischen Lem sozialdem. Abg. Scheidemann und dem Präsidenten Kämpf den Spezialetat des Auswärtigen Amts und den Etat des Reichskanzlers in zweiter Lesung erledigt und dabet viel olle Kamellen ausgekramt hatte, beschäftigte sich am Sonnabend zunächst mit dem Etat des Reichstags. Dabei wurde von den Abgg. Ledebour (Soz.) und Thoma (nU.) Beschwerde über eine Überlastung des Reichstags mit gesetzgeberischen Arbeiten erhoben und bemerkt, daß auch die Parlamentsjournalisten unter der Überanstrengung zufammen- drächen. Präsident Kämpf erwiderte, daß ihm Beschwerden von den Stenographen nicht zugegangen seien, daß er aber die Verhältnisse erneut prüfen würde. Abg. List (natlib.) empfahl Einschränkung des Redebedürfnisses und besseres Essen in den Erfrischungsräumen. Auch trat er für den Antrag Bassermann auf freie Eisenbahnfahrt der Abge ordneten für die ganze Legislaturperiode ein. Abg. Gröber (Ztr.) unterstützte diesen Antrag gleichfalls und em pfahl für minder wichtige Gegenstände eine nur einmalige Beratung. Abg. Müller-Meiningen (Vp.) nannte eS eine blödsinnige Bestimmung, daß nur die im Saale anwesenden Abgeordneten Diäten erhielten, ein Abge ordneter, der, vielleicht infolge von Überanstrengung in Berlin krank liege, tagegen nicht. Abg. Frommer (kons.) erklärte, daß seine Freunde in der Frage der freien Fahrt geteilter Meinung sein». Ein Antrag auf Einsetzung einer besonderen Kommission für Handel und Gewerbe wurde darauf ange nommen. Bei einer im Hammelsprung vorgenommen Ab stimmung über einen Antrag Behrens auf Einsetzung einer Kommission für Arbeiterangelegenheiten wurden 75 Stimmen für, 112 gegen den Antrag abgegeben. Das Haus war also beschlußunfähig. In einer neuen, auf eine halbe Stunde später anberaumten Sitzung wurde die Resolution wegen der Freifahrkarten mit allen gegen eine Stimme ange- nommen und der Etat des Reichstags erledigt. Ohne irgendwelche bemerkenswerte Debatte wurden eine Reihe kleiner Etats und Etatsnachträge genehmigt. Der Postetat wurde nach Zurückweisung unbegründeter sozialdemokratischer Angriffe auf Postbeamte erledigt. Beim Etat der allge meinen Finanzverwaltung betonte der Schatzsekretär sein be sonderes warmes Interesse für die Zuckerindustrie. Abg. Siebenbürger (kons.) führte Beschwerde über Miß stände durch die zollfreie Einfuhr von Kleie. Ein Regie rungsoertreter bestritt solche Mißstände. Abg. Fegter (Vp.) betonte, daß ein Kleiezoll die kleinen Handwerker schädigen würbe. Schatzsekretär Kühn sagte eine Prüfung des Kleie zolles zu. Abg. Zimmermann (nl.) beklagte den geringen Goldstand des Reichsschatzamts. Schatzsekretär Kühn erklärte, daß ein Anlaß zur Verbesserung der Matrikularbeitrage nicht vorläge. Zum Etatsnotgesetz begründete Abg. Graf Westarp (ks.) einen Antrag zur Schuldentilgung, etwaige Überschüsse aus 1918 nur zu verwenden, soweit nicht die Einnahmen auS dem Wehrbeitrag in größerem Umfange, als in der ursprünglichen Vorlage vorgesehen war, zur Deckung der Aufwendungen bis 1916 herangezogen werden müßten. Schatzsekretär Kuhn führte aus, daß aus dem Ergebnis des Wehrbeitrags 1200 Millionen Mark entnommen werden könnten. Abg. Erz berger (Ztr.) bezeichnete Len Antrag als praktisch undurch- führbar. Abg. Liesching (Vp.) stimmte dem Vorredner zu. Abg. Graf Westarp (ks.) erklärte, der Antrag solle das Wehrbeitragsgesetz nur durchzuführen erleichtern.. Nach Im Lanas cker LelilllÄ. Roman von Egon Rotenfels. 46 Körting lauschte auf das höchste gespannt, auf die Worte seines Dieners: Sollte ihm dieser mitteilen, was von der zunächst Beteiligten, seiner Frau, zu erfahren ihm aller Mühe ungeachtet nicht möglich gewesen war? Nur schlecht konnte er seine Bewegung bemeistern, jetzt endlich sollte der Schleier von dem quälenden Geheimnis gelüstet werden; mit einer Handbewegung lud er den Diener ein, sortzufahren. „Ich, war," so berichtete jener, jetzt im richtigen Fahr wasser, „ich war, wie Sie wissen, am Fuße des Stolzen fels zurückgeblieben, um die Kutscher zu beaufsichtigen und nach Pferden und Wagen zu sehen, und machte mich, nachdem alles gut untergebracht war, der erhaltenen Wei sung gemäß auf den Weg nach dem Schlosse, wohin ich den Damen Shalws und Tücher bringen sollte. Die Last der letzteren war nicht gering und die Sonne brannte auch nicht wenig auf den Weg herab. Ich zog es daher vor, einen wenig betretenen Waldpfad, der eben falls nach oben zu führen schien, einzuschlagen, um im Schatten wandern zu können. So kam ich, des Weges freilich nicht kundig, immer tiefer in den Wald hinein, der wie ausgestorben dalag. Plötzlich hörte ich ziemlich nahe vor mir Stimmen. Ich ging natürlich in der Mei nung es seien Waldarbeiter, welche mir die inzwischen verlorene Richtung nach dem Ziele meiner Wanderung angeben sollten, auf diese Stimmen los und gelangte so in die Nähe einer kleinen Lichtung, denselben Ort, an welchem Sie gestern die Frau Baronin, in Ohnmacht lie gend, gefunden haben müssen." Wie absichtslos hatte er seine Erzählung unterbrochen and machte sich wieder an dem Sockel einer Statuette zu schaffen. - „Weiter, weiter," keuchte Baron Körting, der seiner Bewegung kaum mehr Herr zu werden vermochte. „Ich stand also so ziemlich hart am Rande der Lich tung," fuhr Neumann mit einem höhnischen Blick auf den fassungslosen Baron fort, „und muß gestehen, daß ich über den Anblick, der sich hier so unerwartet darbot, im höchsten Grade erstaunt, ja bestürzt war. Dieser Anblick bewog mich auch, meinen Weg nicht sortzusetzen, sondern mich hinter dem dort befindlichen dichten Gebüsch zu ver bergen." „Und wen sahen Sie dort?" fragte Baron Körting fast tonlos. „Der Anblick war so eigentümlicher Art," fuhr Neu mann in seinem umständlichen Bericht fort, „daß ich kaum meinen Augen traute. Ich befühlte mir Arm und Beine, um zu ermitteln, daß ich nicht träume; denn von den zwei Personen, die im eifrigsten Gespräch dort zusammen stan den, war die eine Ihre Gemahlin und die andere ein fremder, elegant gekleider Herr, dessen Gesicht ich anfangs nicht sehen konnte, in welchem ich aber, nachdem ich ihn eine Zeitlang ungestört beobachtet hatte, mit aller Bestimmt heit einen alten Bekannten wiedererkannt habe." „Bei meiner Frau? Wer wars?" stöhnte Körting, jetzt nicht mehr von Argwohn, nein, von der fürchterlich sten Eifersucht gefoltert. „Wer war's?" „Der Fremde war der frühere Rittmeister von Hohl feld; ich irre mich dabei nicht, denn ich hatte, wie schon bemerkt, Gelegenheit, ihn genau und ungestört zu beobach ten, er . . ." Neumann konnte nicht weiter sprechen; mit einem un artikulierten Schrei war Körting in einen Sessel gesun ken und wandte sich mit verzerrtem Gesicht wie in kon vulsivischen Zuckungen. Eine solche Wirkung mochte Neumann wohl doch nicht von seinen Eröffnungen erwar tet haben; schleunigst sprang er zu und benetzte die Stirn des Barons mit kaltem Wasser, um ihn nachher in sein Schlafzimmer zu geleiten, wo ec ihn dann auf den Divan bettete. Drei Wochen mußten ungefähr seit Hohlfelds Eintref fen auf Schönberg verflossen sein; der Rittmeister hatte sich in dieser Zeit ganz häuslich auf dem Gute seines Freundes Oswald, der im Veeein mit seiner Gattin dem schwer geprüften Manne mit der größten Herzlichkeit ent gegenkam, eingerichtet. Emma namentlich, die in den er sten Stunden nach des Rittmeisters Ankunft sich immer nicht von ihrem Erstaunen über das zufällige Wieder sinden erholen konnte, wußte mit feinem Takt all die Klippen zu vermeiden, die sich ja nur so oft in der Unterhaltung boten. Viel mußte der Rittmeister von sei nen Reisen und Abenteuern in fernen Ländern und Welt teilen erzählen, und er tat es gern; gelangte er doch jetzt in dem trauten Kreise ihm werter Menschen erst recht zum Genuß der Erinnerung an die letzten in so trüber Stim mung durchlebten Jahre und der eigentlich doch nur zu seiner Betäubung unternommenen Reisen. Der Verkehr mit Willingen war in der Zeit nach je nem Ausfluge aus den „Stolzenfels" und des damit ver knüpften Ereignisses ein sehr schwacher, und Oswald und Emma taten jetzt natürlich nichts, denselben lebhafter zu machen. In den ersten Tagen nach jenem Vorfall war Emma einige Male hinübergefahren um nach Gertrud zu sehen, war aber jedesmal verstimmtt zurückgekommen. Als sich der anfangs wirklich bedenkliche Zustand Ger truds besserte, hatte Emma ihre Besuche ganz eingestellt, nachdem sie besonders durch Körtings, namentlich in letz ter Zeit, mürrisches, verschlossenes Wesen, wie überhaupt durch den in Willingen herrschenden Ton mehr als je abgestoßen worden war. Ilnd in der Tat. war dieser Ton ein fast unerträglicher. ! Nachdem sich Körting von dem Anfälle einigermaßen er- j holt hatte, kam eine zweifelte Stimmung über ihn, der l Herr zu werden ihm nicht gelingen wsM