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Politische Rundschau. An der «onoplschker Begegnung am Freitag dieser Woche zwischen dem Deutschen Kaiser und dem Erzherzog- Thronfolger Franz Ferdinand nimmt König Gustav von Schweden, entgegen der ursprünglichen Absicht, nicht teil. Das Befinden des Königs, der am Sonntag Karlsbad ver läßt, in Baden-Baden seinen 56. Geburtstag feiert und am 20. d. M. mit der Königin wieder in Stockholm eintrifft, hat fich erfreulicherweise bedeutend gebessert. Die Kaiserin im vaterländischen Frauenverein. Auf der Delegiertenversammlung des Vaterländischen Frauen vereins, die im Abgeordnetenhause zu Berlin zusammentrat, erschien, wie alljährlich, die Kaiserin. Prinzessin Heinrich von Preußen begleitete sie. Nach einer Begrüßungsansprache des Staatsministers v. Möller sprach Frau Käthe Frömberg über den Ausbau und die Wirksamkeit der Genreindekranken- pflegerstaiionen des Vaterländischen Frauenvereins. Den zweiten Vortrag hielt Geheimer Medizinalrat Professor Dr. His über Körperpflege bei der schulentlassenen weib lichen Jugend. Das „Vive la France" im Deutschen Reichstag aus dem Munde des sozialdemokratischen Abgeordneten Wendel, hat einen französischen Gutsbesitzer, der alle Staa ten Europas bereist und gründlich kennen gelernt hat, zu einer bemerkenswerten Entgegnung veranlaßt. Der Franzose, der nun allerdings als vorbildlicher Patriot nicht gelten kann, schreibt dem Abg. Wendel: Wissen Sie auch, was Sie mit Ihrem Hoch auf Frankreich taten? Ich sage Ihnen, Sie haben niemals Ihren Fuß auf diefen von Ihnen ge priesenen Boden gesetzt. Sie haben niemals die Städte, Dörfer und Landstriche Fankrelchs gesehen, die sich durch den höchsten Grad von Unsauberkeit auszeichnen. Sie haben nie erfahren, was alles in Frankreich erlaubt und verboten ist, und niemals empfunden, daß man in Frankreich einge klemmt ist, wie ein Nagel im Holz. Nach langjährigen Studien war ich durch einfache Überlegung und durch den zwingenden Beweis des Augenscheins überzeugt, daß Deutsch land das bestregierte Land ist. Daß Deutschland ein Staat ist, unter einer weisen und starken Leitung, die nicht so oft ihren Standpunkt ändert, wie unsre Regierung. Es ist leicht, diese Hand zu spüren. Ich hab's kennen gelernt, daß Deutsch land das sauberste Land ist, das Land, in dem man nicht soviel Plackereien hat, uni von einem Ort zum anderen zu kommen; hab's erfahren, daß do-t nicht jedermann ein Schuft ist, ein Land, wo noch Ehrbarkeit herrscht, wo man nicht mit Worten, sondern durch die Tat wirkt. Die Sozialdemokratie und das Kaiserhoch. All mählich wird nun den Obergenossen doch klar, daß sie sich mit dem Beschluß, beim Kaiserhoch in den Parlamenten sitzenzubleiben, eine böse Suppe eingebiockt haben. Der für die sächsische Sozialdemokratie maßgebende Dr. Gradnauer erklärte in Übereinstimmung mit den Revisionisten Haase und Fischer, daß der Beschluß von der Fraktion nur mit ganz winziger Mehrheit gefaßt worden sei. In der Fraktion ist denn dex Ärger über den Beschluß auch sehr groß. Man könnte ja nun sagen, wer die neueste Taktik der Unentwegten nicht billigt, möge sich doch am Kaiserhoch beteiligen, die Süddeutschen tun es ja zum Teil auch. Aber das würde die Parteidisziplin nicht zugeben. Immerhin können aus der Kaiserhoch-Frage für die Sozialdemokratie sich allerlei Folgen ergeben, die den Obergenofsen schließlich sehr un erwünscht wären, wenn es zu einer schroffen Gegenüber stellung des radikalen und revisionistischen Flügels käme. Vie deutschen Anlerseeboote. Am 1. Juli wird die Bildung der zweiten deutschen Unterseebootsflottille erfolgen, die aus 11 Unterseebooten besteht. Da Deutschland den Bau von Unterseebooten erst vor 6 Jahren begann, so ist der Bestand von über 20 Unterseebooten, die eine wichtige Angriffswaffe darstellen, recht stattlich zu nennen. Unterseeboote oder Dreadnoughts? Daß der Ad miral Scott sich in einem Zeitungsartikel mit Entschiedenheit gegen den Bau von Dreadnoughts und für den Bau von Unterseebooten, denen die Zukunft gehöre, ausgesprochen hat, hat in der englischen Presse viel Aufregung verursacht. Die meisten Blätter fordern eine gründliche Prüfung der Frage und wünschen, daß die diesjährigen englischen Flottenmanö ver zur Klärung des Problems beitragen möchten. Vielfach wird darauf btngewiesen, daß der Ba-, van Unterieeboteü anstatt von Schlachtschiffen dem Budget eine ungleich hö here Belastung bringen würde. ReichtagsersatzwahlinLabiau-Wehlau. Fürden im 71 Lebensjahre verstorbenen koniervativen Abaeordneten v. Massow hat in dem ostpreußischcn Wahlkreise Labiau- Wehlau eine Ersatzwahl stattzufinden. Der Wahlkreis war bis auf zwei Ausnahmen immer konservativ vertreten, nur in der Hauptwahl 1878 entsandte er einen naiionallibcralen und in der Ersatzwahl 1S10 einen fortschrittlichen Abgeord neten in den Reichstag. Mit Sicherheit läßt sich das Wahl ergebnis gleichwohl nicht varaussagen. Bet der Hauptwahl 1912 hatten die Konservativen 8356 Stimmen, die Fort schrittlichen 5850 Stimmen und die Sozialdemokraten 2961 Stimmen erhalten. Obwohl in der Stichwahl die Sozial demokraten zu einem großen Teil für den fortschrittlichen Kandidaten ihre Stimmen abgaben, siegte Herr v. Masse w mit 9104 gegen 8694 Stimmen, die sich auf den fortschritt- lichen, 1910 gewählten Abgeordneten Wagner vereinigten. Der verstorbene Abgeordnete v. Massow war im Januar 1844 in Stargard geboren worden, er wurde 1863 Leutnant beim 5. Kürassierregiment, als solcher nahm er an dem Feldzug von 1870-71 teil. 1878 aoanzierte er zum Ritt meister des Kürassier-Regiments Graf Wrangel und 1894 zum Kommandanten des Manen-Regiments Kaiser Alexander 3. von Ruhland; als er 1897 zum Oberst ernannt worden war, nahm er im Jahre darauf seinen Abschied und widmete sich der Bewirtschaftung seines Rittergutes Par- nehmen in Ostpreußen. In demselben Jahre wurde er auch von dem Kreise Labiau-Wehlau in den Reichstag gewählt, in dem er sich der deutsch-konservativen Partei anschioß. Er vertrat dort den Wahlkreis bis 1906, ließ sich 1907 nicht wieder aufstellen, und unterlag nach dem Tode des korstr- vativen Abg. Arendt im Herbst 1910 dem fortschrittlichen Gegenkandidaten, um erst 1912 wiedergewählt zu werden. Der Verstorbene widmete sich vornehmlich der Jugendfür sorge und kirchlichen Fragen. Der Zarenbesuch in Konstanza bet der rumänischen Königsfamilie findet am Sonnabend dieser Woche statt. Ihm gehen politische Besprechungen voran, die der russische Minister des Auswärtigen Sasonow sowohl in der genann ten Sommerresidenz des rumänischen Hofes am Schwarzen Meere wie in Bukarest haben wird. Am Tage der Ankunft der Zarenfamilie wird das gesamte russische Schwarze-Meer- Geschwader vor Konstanza eintreffen. Der Zarenbesuch hat nach alledem zweifellos politische Bedeutung, wenn man auch an der Erwartung festhält, daß er als erstes sichtbares Ergebnis die Verlobung des späteren rumänischen Thron folgers Prinzen Karl mit einer der Zarentöchter bringen wird Mexiko. Die Hamburg-Amerika-Linie hat durch ihren Vertreter in Washington beim dortigen Kriegsministerium Vor stellungen gegen die Verhängung hoher'Geldsirafen über ihre Transportschiffe Bavaria und Ipiranga erhoben und bei der bestehenden Rechtslage volle Aussicht auf Berücksichtigung ihres Einspruches. Die Strafverfügung erfolgte auf Grund mexikanischer Gesetze, wonach ein Schiff seine Ladung nur in dem Bestimmungshafen löschen darf. Das mexikanische Gesetz wurde jedoch im Mai durch eine Verfügung der Re gierung des Präsidenten Huerta ergänzt, wonach die Schiffe jeden offenen Hafen onlaufen dürfen, wenn der Bestim mungshafen besetzt ist. Da Deutschland Huerta als Präsi denten anerkannt hat, so hatte sür die deutschen Kapitäne die Zusatzbestimmmung gesetzliche Gültigkeit, so daß die Union keinen stichhaltigen Grund zu einer Strafverfügung besitzt. Mit dem Verhalten gegen die deutschen Dampfer ist die Reihe der «merikanische« Aebergriffe jedoch keines wegs erschöpft. Trotz des von ihr erlassenen Verbotes der Waffeneinfuhr nach Mexiko begünstigt die nordamerikanische Union ganz unverfroren und öffentlich die Waffenzufuhr an die mexikanischen Rebellen. Amerika hatte die Aufständischen bekanntlich von vornherein nach Kräften unterstützt, weil es den für die amerikanischen Petroleuminteressenten so unan genehmen Präsidenten Huerta möglichst schnell beseitigt zu ehen wünschte. Als die Washingtoner Regierung im Jn- eresse ihres Ansehens wohl oder übel zum Erlaß des Waffen- einfuhroerbotes genötigt war, wurde eine große Menge von KrieLsoorräten. die für Villa und Carranza bestimmt waren, in Galveston, an der mexikanischen Grenze, ausgespeicherk. Dieser Tage wurde nun, ohne daß die nordamerikanischen Behörden einen Finger rührten, die Waffen- und Muniiions- Vorräte auf den amerikanischen Dampfer „Sunshine" ver- laden und den Aufständischen in Tampico zugestellt. Dieser grobe Bruch des Waffenstillstandes hat der ohnehin nur schwächlichen Friedenskonferenz von Niagarafalls das Lebens licht gänzlich ausgeblasen. Aus aller Welt. Streng bestrafte viberläter. Der in Deutschland nur noch in wenigen Exemplaren vorhandene Biber genießt, um ihn vor dem 'Ausstcrben zu bewahren, weitgehenden Schutz. Drei junge Elbschiffer, die jetzt ihrer Militärpflicht genügen, hatten an der Elbe einen Biberbau entdeckt, den sie erbrachen, während sie den daraus flüchtenden Biber durch Schläge mit einer Hacke und Knüppeln töteten. Das Schöffengericht in Zerbst hielt eine exemplarische Strafe für angebracht und verurteilte die drei Missetäter zu je drei Monaten Gefängnis, wobei es ihre bisherige Unbescholten heit und ihre Jugend noch als strafmildernd ansah. Ein Bismarckdenkmal im Mittelpunt des Deutschen Reiches. Bekanntlich ist man auf Grund mehrfacher sorg- Miger Berechnungen zu dem Ergebnis gekommen, daß Krina im Kreise Bitterfeld der geographische Mittelpunkt des Deutschen Reiches ist. Und zwar befindet sich dieser Punkt auf dem freien Platz nördlich des Dorsteiches. Es wird nun geplant, an diesem Punkte ein Denkmal zu Ehren Bismarcks zu errichten. Die Ortsverwaltung Krina hat sich mit der Bitte um Unterstützung an die Öffentlichkeit ge wandt. Eine Dlsnstmagd als vrandstislerln. Auf dem Gut Mundloh (Westfalen) wütete ein großer Brand. Das Vieh- Haus brannte vollständig nieder, während die übrigen Ge bäude nur mit Milbe vor den Flammen geschützt wurden. Albanien. Ein sehr peinlicher Zwischenfall, die Verhaftung zweier Italiener in Durazzo, ist dazu angetan, das an sich schon gespannte Verhältnis der jungen Regierung des Fürsten Wilhelm mit Italien noch mehr zu verschärfen. In dem Hause des Direktors der italienischen Post in Durazzo wur den der italienische Oberst Mauricio und der italienische Professor Chinigo abends gegen 8 Uhr plötzlich unter der Anschuldigung verhaftet, mit den Aufständischen Licht- signale ausgetauscht zu haben. Um Mitternacht wurden die Verhafteten auf den Protest des Vertreters des italienischen Konsuls wieder freigelaffen. Weiter legte der amtliche Ver treter Protest dagegen ein, daß ihm von der Verhaftung seiner Landsleute nicht sofort Mitteilung gemacht worden war, sowie gegen die Verletzung des Hausrechts und endlich ließ -er die beschlagnahmten Papiere prüfen und versiegeln, unter denen der verhaftet gewesene Oberst Mauricio ein Notizbuch fand, das ihm garnicht gehörte, nach seiner Mei nung also untergeschoben worden war, um den Verdacht gegen ihn zu verstärken. In Italien hat die von dem holländischen Oberst Thom son veranlaßte Verhaftung um fo größere Erregung verur- facht, als man dort bekanntlich seiner Zeit auch die Ver haftung Essad Paschas, die gleichfalls von den holländischen Befehlshabern der albanischen Gendarmerie vorgenommen worden war, für recht- und grundlos erklärt hatte. Von österreichischer und holländischer Seite wurde damals allerdings übereinstimmend behauptet, daß die auffallend zahlreichen Italiener in Albanien sich verdächtig machten, den Aufstand gegen den Fürsten Wilhelm im Geheimen zu schüren. Die jetzige Anklage, daß die beiden verhaftet gewesenen Italiener dabei betroffen worden seien, wie sie Lichtsignale mit den Rebellen austauschten, kann nach Lage der Dinge freilich nicht aufrecht gehalten werden, da das betreffende Haus viel zu tief liegt, als daß mit Kerzen oder Petroleumlampen, und andere Lichtfignale hat man in Durazzo nicht, eine Verständigung mit den fast eine halbe Meile vor der Stadt Mtenden Aufständischen möglich gewesen wäre. Fürst Wilhelm tut jedenfalls wohl daran, daß er sich auf die holländische Offiziere verläßt und mit deren Hilse eine Streitmacht zur Unterdrückung des Aufstandes zu organisie ren sucht. toi »aooe üsr LedrM. Roman von Egon Rotenfels. 56 Oswald war gegangen, nm Rentier Germann auf- zusuchen, vielleicht war dieser irgendwie in der Lage ihm . Auskunft zu erteilen. Die Wallstraße ist eine derjenigen Straßen Berlins, ! in welcher sich noch viele alte Gebäude befinden; wenig stens war das vor mehreren Jahren und zu der Zeit, in der unsere Erzählung spielt, der Fall. Hohe, vom Alter und dem Rauche der in jener Gegend der Stadt nicht sel tenen Fabriken geschwärzte Häuser flankierten die schmale Straße, eine der ältesten der Residenz, und eine Anzahl von großen und kleinen Schildern, welche an der Außen seite der Häuser, rechts und links von den Türen, sowie über denselben und unter den Fenstern angebracht sind legen Zeugnis davon ab, daß jene Häuser von einer zahl reichen Bevölkerung bewohnt werden, größtenteils dem Kleingewerbestand angehörend Namentlich zeichnete sich hierin das Haus Nr. 203 aus, welches von ganz bedeutenderem Umfange, als die benachbarten, eine besonders starke Einwohnerzahl zu be herbergen schien, und dessen Parterrfront mit Firmenschil dern förmlich tapeziert war. Alle Arten von Handwerkern fand man hier vertreten; namentlich waren es Schuh macher und Schneider, die, in den oberen Etagen freilich, den Schauplatz ihrer emsigen Tätigkeit hier aufgeschlagen hatten. Einen um so befremdlicheren Eindruck mußte es vaher machen, unter den Blechschildern, die sich fast alle ! in grellen Farben präsentierten, auch ein zierliches weißes Porzellanschild zu eutdecken, auf den: mit einfachen Let tern stand: „Amalie Burow, Stellenvcrmittlerin für Gou- »ernannten und Gesellschafterinnen." Frau Amalie Burow hatte hier schon seit langen Fah ren chr Bureau, sie hatte dasselbe zu einer Zeit eröffnet, in welcher Berlin noch nicht nach anderen Gegenden hin sich ausgedehnt hatte, damals lag die Wallstraße noch im Mittelpunkte der Stadt, und ihr Geschäft, welches sie mit großer Umsicht und Zuverlässigkeit, daher auch uiit Er folg führte, prosperierte sichtlich. Ihr Bureau wurde trotz der wachsenden Kokurrenz und seiner jetzt so wenig kom fortablen Lage doch noch von dem besten Publikum be nutzt, und fast täglich konnte man die Equipagen der Ari stokratie vor dem Hause halten und die elegantesten Da men zu Frau Burow hinaufsteigen sehen. Das Bureau befand sich in der ersten Etage, zu der man auf einer, selbst an den hellsten Tagen in einem ge wissen Halbdunkel liegenden Treppe gelangte, die, wie das in alten Häusern häufig der Fall ist, in mehreren Absätzen geteilt, auf ihren dadurch gebildeten Podesten älteren Personen häufiger Gelegenheit zum Ausruhe ge währt. An einem Vormittage im Juli stieg denn auch eine ganz in Schwarz gekleidete Dsme die Treppe hinan, und man wäre versucht gewesen, dieselbe für eine schon bejahrte Frau zu halten, so ost blieb sie auf den Absätzen stehen, so schwer keuchte sie bei jedem Schritt, den sie zögernd auswärts tat. Betrachtete man die zierliche Figur der Dame jedoch genauer, so konnte man nicht in Zweifel sein, daß man sich getäuscht habe, daß dieselbe vielmehr einer noch jun- gen Frau, wenn nicht gar einem Mädchen angehören müsse. Nach vielen Ruhepausen war die Dame endlich im ! ersten Stockwerk angelangt u.rd begab sich, immer zögernd, ; aber doch mit jener Sicherheit, die auf ein Bekanntsein ! mit der Oertlichkeit schließen ließ, nach einer der vielen auf den Borflur mündenden Türen, an welches ein dem unten ähnliches Schild mit dem Namen Amalie Burow angebracht war. Zögernd, wie immer noch überlegend, ! ob sie es tun sollte, klopfte sie an die Türe und stani der Inhaberin des Bureau, Frau Amalie Burow, gegen über. Diese, eine Dame von vielleicht vierzig bis fünsund- vierzig Jahren, befand sich allein in ihrem Bureau uni erhob sich beim Anblick der Eintretenden, um ihr entge genzugehen und sie in liebenswürdiger Weise zu bitten Platz zu nehmen. „Ah! Da sind Sie ja, mem liebes Fräulein Günther.' sagte sie in gewinnendster Weise, „das ist hübsch vor Ihnen, daß Sie sich auch wieder einmal bei mir jeher lassen. Sie kommen sicher, um mir mitzuteilen, daß Sv eine der Ihnen von mir vorgeschlagenen Stellen acceptier haben und daß Sie sich in dem Hause wohlbefinden?" Es war ein trübes Lächeln, mit welchem die Nnge- redete . . Fräulein Günther . . kopfschüttelnd erwiderte „Sie irren, verehrteste Frau, ich habe bis heute keine Stell« gefunden, ich . . „Aber ich bitte Sie," unterbrach sie Frau Burow mii dem Ausdrucke der Bewunderung in ihren freundliche, Zügen, „ich bitte Sie, wie kann denn das sein; von de» vielen Häusern, deren Adressen ich Ihnen gab, und dir Erzieherinnen für ihre Kruder suchen, nicht ein einziges? Das rst mehr als wunderbar!" „Ich glaube wohh daß Sie erstaunt darüber find," entgegnete Kraulern Gunther mit schmerzlichem Ausdruck „auch rmr wollte es anfangs kaum möglich erschemen und doch rst dem so, wie ich Ihnen sage. Der euren Dame war rch zu,ung, der anderen sah ich zu leidend aus, alle aber streßen sich daran, daß ich keine Zeugnisst berzubrrngeu im stände sei, daß ich keine Reverenzen, wü sie es nannten, hatte. O, ich bin recht übel daran, uni - ? unglücklich!" Ein Strom von Tränen drang aus den schwermütigen Augen der jungen Dame, und es schien, als wäre dieselbe hierher gekommen, um bei Frau Burow Schutz zu suchen.