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Gelegentlich aber hat Beethoven dem Hörer doch Hilfestellungen geben wollen, z. B. durch poetische Satz bezeichnungen in seiner „Pastorale" oder der so genannten „Lebewohl- Sonate" für Klavier op. 81a mit den Satz titeln „Das Lebewohl“, „Abwesenheit" und „Das Wiedersehen". Und um ganz sicher zu sein, daß man ihn verstand, daß sein Anliegen auch wirklich aufgenommen werden konnte, bezog er das gesungene Wort in seine letzte Sinfonie ein, die Neunte mit der „Ode an die Freude" auf Schillers Gedicht. dichterische Idee, um Reflexionen der eigenen Gedankenwelt, um ein „sinfonisches Drama“. Der hörende Mensch sollte „angerührt“ werden, sich berühren lassen, nachdenklich gemacht und geläutert werden. Der instrumentale Ausdruck wird bei Beethoven zum Träger einer geistigen Erkenntnis, zur Spiegelung eines tief greifenden seelischen Erlebens, der Instrumen talklang zum Reflektor einer geistigen, einer wünschenswerten Welt. So steht bei Beethoven ein „Programm“ dahin ter, eine außermusikalische Idee. In den frühen Werken „absoluter“ Musik war der Komponist versucht, durch verbale Zutaten sein Programm, seine dahinterstehende Idee zu erläutern, weil die .jetzige Zeit so arm an Phantasie sei“ - wie er sich später einmal seinem ersten Biographen Anton Schindler gegenüber geäußert hatte. Daß er es schließlich doch lieber dem Hörer überließ, sich eigene Gedanken über die „Inhalte" seiner Musik zu machen, entsprang einer gewonnenen Denkhaltung. Er forderte geistige Mitarbeit, nicht puren Genuß. Für ihn selbst war Musik hören ein Erleben, und komponieren galt ihm in seiner Sprache dasselbe wie dichten. Beet hoven behauptete, beim Komponieren stets irgendein Bild vor Augen zu haben und nach diesem zu arbeiten. Seine Werke wurden „an geregt durch Stimmungen, die sich bei dem Dichter in Worte, bei mir in Töne umsetzen, brausen, stürmen, bis sie endlich in Noten vor mir stehen“. Auf den Titel seiner Namensfeier- Ouvertüre schrieb er voll naiven Selbstgefühls nicht „komponiert“, sondern „gedichtet von Ludwig van Beethoven". Im Jahre 1803, die „Eroica“, Beethovens dritte Sinfonie, war gerade fertig, aber noch nicht aufgeführt, begann der Komponist bereits mit der Arbeit an einer neuen Sinfonie. Jetzt hatte er endlich seine Sprache gefunden, die er lange Zeit gesucht hat, war neuartig erscheinende Wege gegangen, hatte sich von seinen Vorbil-