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Wie sehr Beethoven von sich überzeugt war, wie sehr er wußte, wer er war und was er darstellte, zeigt allein schon eine einzige Stelle aus dem Brief an Bettina von Arnim (August 1812), der er von seiner Begegnung mit Goethe in Teplitz berichtete: „Könige und Fürsten können wohl Professoren machen und Geheimräte und Titel und Ordensbänder umhängen, aber große Menschen können sie nicht machen, Geister, die über das Weltge schmeiß hervorragen, das müssen sie wohl bleiben lassen zu ma chen, und ... wenn so zwei zusammenkom men, wie ich und der Goethe, da müssen diese großen Herren merken, was bei unser- einem als groß gelten kann." beständigen Geldsorgen, später aber sieb durch aus seines Preises bewußt, den er durchzuset zen verstand. Doch unterordnen, vereinnahmen lassen wollte er sich niemals. So kämpfte er für sich und lernte schon bald, damit umzugehen, sich in seiner Welt zu behaupten, der er etwas geben wollte, seine Kunst. Und wirklich, er wollte geben. Seine Kunst war für Menschen erdacht, aber nicht allein, um ih nen zu gefallen, nicht für ein weichliches Genießen, ein gemächliches Ausruhen oder ein üppiges Sichgehenlassen. Für Beethoven galt ganz selbstverständlich das altgriechische Ideal der Läuterung. Er wollte die Menschen durch Gefühl und Vernunft einer höheren Bestim mung zuführen. Seine Musik sollte für innerlich freie Menschen sein, die sich selbst befreien wollen oder sich befreit haben. Aber für ihn gab es nicht die Freiheit um jeden Preis, keine schrankenlose Willkür, auch nicht für Herrscher. Wo der Einzelne seine natürlichen Machtgren zen überschreitet, fällt er der Vernichtung an heim. Coriolan mußte untergehen, weil sein Wille ihn zur Selbstüberschätzung getrieben hat. Napoleons Name wurde aus der Partitur seiner „Eroica“-Sinfonie gestrichen, weil der Konsul sich zum Tyrannen aufgeschwungen hatte. Beethovens Freiheitsbegriff ruhte auf streng sittlicher Basis. Das Gesetz des Handelns sollte zwar der Mensch aus eigener Kraft ge winnen, aus dem Bewußtsein selbstgewollter Pflichterfüllung in selbsterworbener Freiheit, doch „das moralische Gesetz in uns - der ge stirnte Himmel über uns: Kant“. So wurde es Beethovens Thema, seine „Helden“ durch Nacht zum Licht zu führen, dem Schicksal in den Rachen zu greifen und kraftvoll das eigene Leben zu bestimmen. Beethoven sah sich selbst, spiegelte sich in seinem eigenen Gottesbild, dem Wesen des Göttlichen, das im Menschen verankert ist. Die Natur war seine Gottheit. Sie hatte ihn gelehrt, jede Erscheinung als Spiegel