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Rabenauer Anzeiger : 02.04.1914
- Erscheinungsdatum
- 1914-04-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id178001192X-191404021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id178001192X-19140402
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-178001192X-19140402
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände des Deutschen Stuhlbaumuseums Rabenau
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Rabenauer Anzeiger
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-04
- Tag 1914-04-02
-
Monat
1914-04
-
Jahr
1914
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Politische Rundschau. Die Kolonialreise des Kronprinzen. Der „Magd. Ztg." wird von gut unterrichteter Seite mitgeteilt, daß es unrichtig sei, das Unterbleiben der Kolonialreise des Kron prinzen auf eine momentane Verstimmung deS Kaisers zu rückzuführen. Ebenso unzutreffend ist die Angabe, daß die Reise des Kronprinzen überhaupt aufgegeben sei. Wir er fahren, so schreibt daS genannte Blatt, daß die Möglichkeit besteht, daß der Kronprinz im Spätsommer d. Js. zum Be such der Ausstellung in Dar es Salaam nach Deutsch-Ost- asrika reist. — Das würde, wie schon vermutet wurde, den Antritt der Reise nach Absoloieruna des Generalstabskursus und nach Beendigung der Kaisermanöoer bedeuten. Zur inneren Kolonisation wird in der „Dtsch. Tages zeitung" der Vorschlag gemacht, der Ansiedlung der Milttär- anwärter näher zu treten. Der Mangel ausreichenden Be triebskapitals sei als die einzige Ursache anzuseken, wenn die ausgedienten Unteroffiziere von der Möglichkeit und den gebotenen Erleichterungen der Ansiedlung bisher keinen all gemein sichtbaren Gebrauch gemacht haben. Die Mehrzahl der Unteroffiziere entstammt ländlichen Kreisen, und in fast allen ist wohl die Sehnsucht nach der eigenen Scholle wach geblieben. Der Deutsche Reichstag, der in den Osterferien weilt, nachdem er noch in einer ganz kurzen Sitzung einige Peti tionen erledigt und die Beschlußfassung über den Konkur renzklauselentwurf wegen Meinungsverschiedenheiten über Einzelheiten der Vorlage vertagt hatte, hat den größeren Teil seiner gesetzgeberischen Aufgaben nach den am 28. April endigenden Ferien zu lösen. Da schon am 12. Mai die große Sommerpause beginnen soll, so werden die wichtigen Vorlagen über die Jugendgerichte, Petroleummonopol und vieles, vieles andere, die schon aus dem vorigen Sessions- abschnitt mit herübergenommen wurden, erst im nächsten Winter zur endgültigen Beratung kommen. Schön ist diese Art der schleppenden Geschäftsabwickelung nicht. Soldakenreiche Familien erhalten laut Bundesrats- beschluß an Aufwandsentschädigungen, wenn ihre Söhne im Reichsheer, in der Marine oder in den Schutztruppen als Unteroffiziere oder Gemeine eine Dienstzeit von sechs Jahren zurückgelegt haben, auf Verlangen 240 Mark jährlich für jede« weitere Dienstjahr eines jeden seiner gesetzlichen Dienstpflicht genügenden Sohnes in denselben Dienstgraden. Einjährig-Freiwillige sind natürlich ausgeschlossen. Die Aufwandsentschädigung ist zum ersten Male für die Zeit vom 1. Oktober 1913 bis 31. März 1914 zu zahlen. Ein Hilferuf Albaniens. Die albanische Regierung führte in einer Zirkularnote an die Großmächte Beschwerde darüber, daß Griechenland seine regulären Truppen zwar aus dem nördlichen Epirus zurückgezogen habe, daß eS aber irrreguläre Banden organisiere und mit Waffen versehe. Die Lage in den zu räumenden Gebieten wird täglich drohender. Dir albanische Regierung bittet daher die Groß mächte, auf die griechische Regierung dahin einzuwirken, baß diese der bedauerlichen Lage im nördlichen EpiruS ein Ende macht. Die Regierung in Durazzo würde für eine derartige Vermittelung umso dankbarer sein, als sie dann von der Ergreifung von Maßnahmen absehen könnte, die möglicherweise den Balkanfrieden bedrohen würden. Hoffent lich verhelfen die Korfu-Besprechungen dem bedrängten Al banien zu seinem Recht. Amerikas Angst vor dem deutschen Petroleum- Monopol kommt darin zum Ausdruck, daß der Botschafter in Berlin, Herr Gerard, von Washington aus angewiesen wurde, die Petroleummonopol-Vorlage genau zu studieren und Einspruch zu erheben, wenn sie eine Ungerechtigkeit gegenüber den amerikanischen Interessen heroeizuführen scheine. Die Reichsregierung ist danach mit dem Monopol entwurf auf dem rechten Wege. viel Lärm um nichts. Die heftigen Debatten im eng lischen Unterhause sowie die Rücktrittsgesuche deS Feld marschalls French und deS Kriegsministers Seely mußten den Eindruck erwecken, als stände irt England wer weiß was auf dem Spiele. In Wirklichkeit sind die Ursachen der zutage getretenen Erscheinungen jedoch denkbar gering fügigster Natur. Ein bißchen Bramarbasieren ist alles, was die Ulsterleute und ihre nationalistischen Gegner in der nördlichsten Provinz Irlands sich bisher leisteten. Und daß gegen diese Kinderspiele die englische Regierung nicht schwere Geschütze auffahren würde, war selbstoerltändlich. Dir Lon doner Blätter hatten aber aus der Mücke einen Elefanten gemacht. Auch die Behauptung, daß die Ulsterleute in Deutschland Waffen bestellt hätten, die Londoner Regierung jedoch auf amtlichem Wege von Berlin aus von dieser Be stellung, die nicht ausgeführt wurde, Kenntnis erhielt, beruht auf Erfindung. Wahr an sämtlichen Alarm meldungen ist nur das eine, daß die Offiziere englischer Eliteregimenter Irlands sich weigerten, mit ihren Truppen nötigenfalls gegen Ulster einzuschreiten, daß der Kriegsminister Seely diesen Offizieren übereilte Konzessionen machte und daher wahrscheinlich einen Nach folger erhalten wird. Von ver wirtlichen Lage im Alsterland entwirft ein Korrespondent der „Voss. Ztg." ein ebenso getreues wie belusttgenoeS Bild. Er schildert, wie in dem Städtchen ! Newry bet Belfast, dem Äarnisonsort des „konzentrierten" ! englischen Bataillons, die protestantischen Homerulegegner j und die katholischen Anhänger des Selbständigkeitgesetzes für Irland friedlich ihre Truppen exerzieren. Waffen trägt ! niemand, besitzt auch niemand. Während die Soldaten der englischen Regierung an ihrer Khaki-Uniform kenntlich find, ! führen die Ulsterleute einen länglichen, die Nationalisten einen runden Knopf im Knopfloch. Man kennt sich persön lich, begrüßt sich und plaudert freundschaftlich mit einander. Die militärischen Übungen, an denen etwa je 600 Mann im Alter von 1V dis 60 Jahren teilneymen, bestehen lediglich n Freiübungen; man exerziert, läuft, wirft sich ins Gras, steht wieder auf und geht schließlich im stolzen Gefühl vater- ändischer Pflichterfüllung nach HauS. Argen Mißmut er regte eS bet beiden, als dieser Tage einmal die Übungen gerade zu der Zeit abgehalten wurden, in der die Re gierungssoldaten Fußball spielten. Die vielen Zuschauer waren ganz verärgert, daß man eS ihnen unmöglich gemacht hatte, beide Vergnügungen zu genießen — das Fußballspiel und das Manöver. Daß man mit solchen Soldaten keinen Krieg führt, ist selbstverständlich. Die schwedischen Reichstagswahlen fanden unter wesentlich stärkerer Beteiligung als sonst statt und ergaben ein« dem Rüstungsgedanken zustimmende Kammermehrheit. Die pariser Rochettekommissiou, aus der infolge von Meinungsverschiedenheiten der Abgeordnete Delahaye aus schied, hat einen sehr langen und umfassenden Schlußbericht ausgearbeitet. Maßregeln gegen die bloßgestellten Minister, die durch ihr regelwidriges Eingreifen den Gang der Rechts- pflege aufgehalten und gestört haben, werden der Kammer nicht empfohlen. Herr Jaures begnügt sich damit, den Aus schuß das Bedauern über das Eingreifen der Minister i ausdrücken zu lassen. Alle Mitglieder der Kammer sind damit nicht zufrieden. Ein Mitglied rief: Sie wollen den Schwamm arbeiten lassen, worauf ihm erwidert wurde: Sie wollen die Guillotine arbeiten lassen. — Die Echtheit des Briefes Rochettes an den Kommissions vorsitzenden Jaures ist festgestellt. Der geflüchtete Spitzbube war dieser Tage in Frankreich und wurde in unmittelbarer Nähe von Paris gesehen und erkannt, entkam jedoch unbe helligt nach England. — Die Kammer will sich am Diens- tag mit den Ergebnissen der Prüfung der Rochette-Kommission beschäftigen. Vie französische veputtertenkammer geht auseinander, ohne daß es ihr möglich war, den Etat zu erledigen. Der amtliche Erlaß, der die Neuwahlen auf den 26. April ande- raumt, ist soeben erschienen. In China treiben die unter dem Namen „Weißer Wolf" berüchtigten Räuberbanden nach wie vor ihr Un wesen. Ihre jüngste Untat war die Einäscherung der Stadt Schangtschau. Mexiko siegen jetzt beide Parteien gleichmäßig. Es hat lange gedauert, bis die Herren sich dort diese moderne Art der ausgleichenden Kriegsberichterstattung an eigneten. Jetzt funktioniert sie. Präsident Huerta nahm nach Meldungen seiner Regierung mit Torreon den Schlüssel Mexikos. Nach Meldungen aus dem Lager der Rebellen zogen diese unter Führung ihres Generals Villa siegreich in hie aenannte Stadt ein. Paris. Dreimal ist im verflossenen Jahrhunderts, französische Hauptstadt von siegreichen Gegnern eingenommen worden: am 3l. März 1814, am 7. Juli 1815, am 1 März 1871, zogen fremde Krieger in ihre Mauern ein. Jedes Mal- daden dk« Pariser behauptet, baß nicht van ihnen der^krteL' der zu diesem Ergebnis führte, gewollt worden sei, steÄ aber haben sie vergessen, daß ihr Übermut gegenüber byr von Frankreich besiegten Völkern grenzenlos gewesen ist. Die stolze Stadt an der Seine ist bet allen Eroberungen über ihr Verdienst gut fortgekommen. Nach der ersten Ein nahme wurden die Pariser in einer Weise behandelt, als ' ob sie für die Jahre napoleonischer Herrschaft entschädigt werden müßten. 181S wollte Blücher, der allein die Stadt s erobert hatte, ihr eine gesalzene Lektion erteilen, als sich die verbündeten Monarchen inS Mttel legten. Und 1871 ; wurde freilich der Einzug eines Teils der deutschen Truppen trotz aller Proteste durchgesetzt, aber nur ein kleiner Teil ward okkupiert und nach wenigen Tagen schon wieder ge räumt. Kaiser Wilhelm nahm die Parade über die ein- ziehenden Truppen vor den Wällen von Parts, auf dem Rennplätze von LongchampS ab. Gerade hundert Jahre sind am 31. März verstrichen, seitdem Kaiser Alexander von Rußland, König Friedrich Wilhelm von Preußen und Feldmarschall Fürst Schwarzen berg als Vertreter deS Kaiser- Franz von Österreich, di« Sieger im Freiheitskriege, zum ersten Mal in Paris ein». : zogen. Man muß sich vorstellen, welche Rolle Paris als unbedingt anerkannte erste Stabt der Welt schon seit vielen Jahrzehnten gespielt hatte, um zu verstehen, mit welchem Jubel die Sieger die eroberte Stadt betrachteten. Leider ist den wackeren Kämpfern ihr gerechter Stolz sehr verkümmert worden, sie haben sich recht, recht viel von den eitlen und anmaßenden Bewohnern der „Lichtstadt" gefallen lassen müssen. Schon an dieser ersten Eroberung von Paris haben Soldaten aus dem ganzen Deutschen Reiche teilgenommen, i der Kronprinz von Württemberg gehörte neben Russen und Preußen zu denjenigen Generalen, welche in den dem Ein züge vorangehenden letzten Gefechten kommandierten. Und mit ganz besonderen Augen haben diese deutschen Soldaten die französische Hauptstadt betrachtet, aus der ihrem Bater- lande schon seit mehreren Jahrhunderten nur Krieg und arge Not bereitet worden war. Davon hatten alle anderen Kriegsteilnehmer, Österreicher, Russen, Engländer und Schweden, nichts gemerkt. Schon der dreißigjährige Krieg (1618—1648), der Deutschland arm gemacht hatte, wäre ohne die französische Politik nicht möglich gewesen, und von den späteren Raubkriegen im deutschen Westen zeugen noch heute die Ruinen von Heidelberg. Trotzdem damals Straß- f bürg dem Deutschen Reiche verloren ging, zogen deutsche Fürstensöhne lange Jahrzehnte nach Paris, um dort i französische Bildung zu lernen, unter deren Einfluß auch >er Große Friedrich von Preußen stand, obwohl er im iebenjährigen Knege den Marschall Soubise bei Roßbach weidlich verklapste. Es war Hunger nach Genugtuung, unter dem die deutschen Krieger vor hundert Jahren wieder und immer wieder nach Paris verlangten, sie wollten als Sieger in die Stadt einziehen, von der ihrer Heimat so viel Demütigungen erteilt worden waren. Kein kleinliches Rachegefühl, Las keinen Stein auf dem andern läßt, wohnte ihnen inne, es ist den Parisern nichts geschehen, während doch die Fran zosen in Deut chland wie die Raben gestohlen hatten, sie wollten nur zeigen, was sie wert waren, durch ihr Erscheinen vor künftigen Herausforderungen warnen. Diese Warnung ! verhallte freilich tm Winde, und selbst heute noch trübt Ler Chauvinismus gerade der Lichtstadt Paris die wünschenswerte - Besonnenheit. Wer im Buche der Geschichte des letzten Jahrhunderts zurückblättert bis zu dieser ersten Einnahme von Paris, wird immer wieder die alte Tatsache bestätigt finden, daß der j Franzose nicht vorurteilsfrei genug ist, um den Deutschen j nach seinem vollen Werte einzuschätzen. Weil eS darnach unmöglich ist, zu einem vertrauensvollen Nebeneinander wohnen zu kommen, so bleibt nur die harte Zur-Schau stellung der realen Macht für die Sicherung des Friedens übrig.^^ ,... Aus aller Welt. Eine «ekle Submisstonsblüte war in Fürth in Bayern zu verzeichnen. Für die Erdbewegungsarbeiien aus dem Gelände der neuen Kasernements liefen 14 Angebote ein. DaS niedrigste verlangte 40 760, das höchste 169 170 Mark. ver Aba. Abresch aus der Haft entlasten. Der in Im Samis Ser Salmis. Roman von Egon Rotenfels. 17 Ungefähr eine Stunde vor Beginn des Balles, der nicht mehr hatte abgesagt werden können, war Baron, Körting in seinem Zimmer bei der Toilette : Neumann war ihm bei derselben behilflich. Die beabsichtigte Fahrt nach Willingen hatte er infolge der plötzlichen Abreise Hohlfelds unterlassen, und so war auch Neumann in Hohenau geblieben. „Nichts konnte mir gelegener kommen, als diese plötz liche Depesche," sagte Körting mit einem zufriedenen Blick halblaut vor sich hin. Neumann, welcher die Worte an sich gerichtet glaubte, nickte zustimmend und setzte hinzu: „Das Spiel, Herr Baron, ist nun in ihrer Hand, und ich denke, Sie werden alle Chancen, die sich Ihnen bieten, benutzen: Wie konnte Herr von Hohlfeld aber auch so töricht sein, zu glauben, eine so reizende Dame wie Fräulein Walberg werde nicht noch andere Verehrer finden?" „Es ist doch ein böser Handel," meinte Körting nach denkend, „ich wollte, Hohlfeld wäre nicht so vertrauens selig abgereist." „Aber ich bitte Sie, Herr Baron," rief Neumann in fast allzu vertraulichem Tone, „ist es Ihre Schuld, wenn Fräulein Walberg Sie dem Rittmeister ansängt vorzuzie hen?" „Aber sie wird nie einwilligen l" warf Körting erregt ein. „Dann läge die Schuld an Ihnen! Aber ich kann mir nicht denken, daß, die junge Dame doch nicht lieber Baronin Körting werden . . ." „Ist aber die Sache auch sicher und ohne jede Ge fahr?" unterbrach der Baron seinen Diener. „Vollständig sicher und ungefährlich, Herr Baron," beruhigte dieser, „ich bitte Sie, das Arrangement ganz mir zu überlassen. Hier sind Ihre Handschuhe, Herr Ba ron." Körting nahm dieselben und verließ das Zimmer um sich nach den Ballsaal zu begeben, der von den geschick ten Händen des Schoßgärtners in einen Garten verwan delt war. Im Vorsaal begrüßte er die Kommerzienrätin, welche in ihrem mit echten Spitzen reich garnierten Sam metkleide eine imponierende Erscheinung war, und die ihn um seinen bewährten Rat in Bezug auf das Pro gramm und die Auswahl der Tänze bat. Da rauschte schwere Seide und, ein herrliches Rosen- bouqet in der Hand, trat Lisbeth in prachtvoller Balltoi lette von der entgegengesetzten Seite ein. Der Baron ging l ihr entgegen, um ihr einige Artigkeiten über ihr Ausse hen zu sagen: Lisbeth jedoch, vielleicht, aus Revanche für die ihr von Körting in den letzten Tagen gezeigte Gleichgiltigkeit, schritt stolz an ihm vorüber an die Seite ihrer Mutter. Körting verfolgte sie mit erstaunten Blicken und be merkte, daß das in Lisbeths Hand befindliche Bouquet nicht das war, welches er im Laufe des Nachmittags durch Neumann hatte überreichen lassen. „Darf ich fragen, mein gnädige« Fräulein was meine armen Bliunen verbrochen haben, daß ich dieselben heute nicht in ihrer Hand sehr?" Lisbeth schien mit der Antwort zu zögern: endlich je doch erwiderte sie scharf pointiert: „Interessiert Sie das wirklich so, Herr Baron? Ich sollte doch meinen, nach dem Sie auch Gertrud Blumen gesandt . . ." Körting stutzte: sollte man im Hause etwas von sei ner Leidenschaft für Gertrud gemerkt haben? „Sie sind ungerecht, Fräulein Lisbeth," begann er in scheinbar leich tem Tone, ich will nicht leugnen, daß ich mich für Fräu lein Walberg interessiere, doch gilt dies Interesse nur der j Braut meines Freundes," widerholte er, fast ängstlich den i Eindruck seiner Worte beobachtend. „Darf ich also nun nach meinen Blumen senden?" „Wenn Ihnen wirklich so viel daran liegt," lenkte Lisbeth geschickt ein, „nun denn meinetwegen!" und la chend bat sie ihn, ihr den Handschuh zuzuknöpfen. Während Körting damit beschäftigt war, erschien Ger- trud im Vorsaal. Ihre Toilette, ganz weiß, war tm Ge gensätze zu der ihrer Cousine von fast gesuchter Einfach heit: ohne jeden Schmuck trug sie nur einen prächtigen mit Brüsseler Spitzen garnierten Elsenbeinfächer, ein Ge schenk ihres Bräutigams, in der Hand, im Haar eine frische Rose. Körting stand in Bewunderung verloren bei ihrem Anblick, so lieblich hatte er sie noch nie gesehen, als heute. Der Kummer um Arthurs Abreise gab ihren Augen ei nen entzückend schwermütigen Ausdruck, und a»s Körting ihr in diese Augen sah, war es vorbei mit je dem Wi derstande gegen die Versuchung, die ihn mit übernatür licher Macht dazu zu treiben schien, das zu tun, woran ihn sein besseres Ich noch immer zurückhalten wollte, Ver rat zu üben an der Freundschaft. „Gertrud scheint sich schon in den Brautstaat gewor fen zu haben," bemerkte Lisbeth spitz ohne deren Erröten zu beachten, während Körting bei ihren Worten betroffen auf die Lippen biß. Zum Glück für Gertrud, für welche die Situation eine mehr als peinliche zu werden drohte, mußte Lisbeth weitere Bemerkungen unterdrücken, da die ersten Ball- gäste erschienen. Bald füllten sich die eleganten Räume mit fröhlischen Menschen, welche ihre Tanzlust kaum zu zügeln vermochten. Lange sollte ihre Ungeduld nicht auf die Probe gestellt werden, denn das Orchester, hinter ei ner Wand von hohen Blattpflanzen versteckt, begann seine heiteren Weisen und eine rauschende Polonaise eröffnete den Ball. Es war Gertrud Walbergs erster Ball. Anne Gertrud!" (Fortsetzung folgt.-
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