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Rabenauer Anzeiger : 10.03.1914
- Erscheinungsdatum
- 1914-03-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id178001192X-191403100
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id178001192X-19140310
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-178001192X-19140310
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände des Deutschen Stuhlbaumuseums Rabenau
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Rabenauer Anzeiger
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-03
- Tag 1914-03-10
-
Monat
1914-03
-
Jahr
1914
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Politische Rundschau. Rücktritt de» preußischen canvwirtschafksminisler»f Obwohl von verschiedenen Seiten aufs bestimmteste v«» sichert wird, daß die Stellung des Freiherrn v. Schorlen« ernstlich erschüttert und der Rücktritt des Ministers nach Schluß der preußischen Landtagssesston mtt Sicherheit M erwarten sei, so begegnen diese Angaben doch berechtigt«! Zweifeln. Herr v. Schorlemer. der im Juni 1910 von o« Posten eines Oberprästdenten der Rheinprooinz zur Leitung deS Landwirtschaftsministeriums berufen wurde, galt MH als besondere Vertrauensperson unseres Kaisers, wenn «H auch nicht richtig sein soll, baß er für den Kanzlerposten »der den des Statthalters der Reichslande in Aussicht genommen zewesen ist. Die deutsche Landwirtschaft ist dem Minister ür dessen ihr stets bewiesene Fürsorge dankbar ergeben. Freiherr v. Schorlemer, Herr auf Liefer, der einzige d« atholischen Konfession angehörige preußische Minister, der in den Kreisen Bernkastel und Euskirchen sowie bet Ober» stein a. d. Nahe reich begütert ist, gelangte 1880 durch sei« Vermählung mit Maria, geb. Purizelli zu Trier, in den Besitz der berühmten früheren Kloster-Weingüter in Lieser, Zellingen, Winterich, Grach und Brauneberg und ist mit der Landwirtschaft von Kindhell an aufs innigste verwachse» ver neue Totalisator-Gesetzentwurf, der die Un kosten der neuen Beamtenbesoldungsnovelle und die der Aufbesserung der Altpenfionäre decken soll, wird dem Bundesrat laut „Tägl. Rundsch." bereits in der neuen Woche zugehen. Das Gesetz bringt die Zulassung von kon zessionierten Buchmachern nach österreichischem Muster, den mit diesen Buchmachern abgeschlossenen Wettvertrügen wird Rechtsfähigkeit verliehen. Man erwartet von den kon zessionierten Buchmachern die wirksamste Bekämpfung der Winkelbuchmacherei und der von dieser betriebenen wilden Wetten. Rußlands Rüstungen. Während Petersburger Blätter behaupten, der bekannte Artikel der „Köln. Ztg." über deutsch feindliche Rüstungen Rußlands habe nur den Zweck gehabt, Rußland zu zwingen, seine militärischen Maßnahmen an der Westgrenze in Berlin zu erklären, heißt esin Berliner amtlichen Kreisen, die russische Regierung werde den Artikel zum Gegen stand einer diplomatischen Anfrage bei der deutschen Reichs- regierung machen. Die selbstverständliche Antwort auf eine solche Frage würde wahrheitsgemäß dahin lauten, daß der Artikel die private Arbeit des Petersburger Vertreters der „Köln. Ztg.", eines temperamentvollen früheren Offiziers gewesen sei, und die deutsche Diplomatie daran keinen Anteil habe. Die Tatsache, daß Rußland auf Frankreichs Wunsch die seit dem japanischen Kriege militärisch schwach besetzten westlichen Gebiete des Reiches stark mit Truppen belegt, ist seit Jahr und Tag bekannt. Hinter die weitere Meldung aber, daß die deutschfeindliche Großfürstenpartei im Bunde mit der panslawistischen Hof kamarilla den Zaren bestimmen werde, den Österreich-Ungarn gleich feindlich gesinnten bisherigen Gesandten in Serbien Hartwig als Nachfolger Sasonows zum Minister des Aus wärtigen zu ernennen, darf man zweifellosem dickes Frage zeichen machen. So schwach wird der Zar, der von der Notwendigkeit der Friedenserhaltung für Rußland tief über zeugt ist, nicht sein. Ein Ministerium Hartwig aber wäre der Krieg. — Die Meldung von dem bevorstehenden Ersatz des deutschen Botschafters in Petersburg, Grafen v. Pourtales, ist unbegründet. Falsch ist auch die Angabe, daß der deutsche Militärattachee, Graf v. Dohna-Schlobitten, Petersburg in folge von Verstimmung wegen der deutschen Militärmission in Konstantinopel verlaffe.—Der russische Finanzminister ließ die Angaben des Kölnischen Zeitungsartikels, die auf die Börsen höchst ungünstig eingewlrkt hatten, für falsch er klären. Die russische Regierung hat bisher geschwiegen. Opfer für Aabern. Infolge der fortgesetzten Auf regungen wegen Zaberns ist die Frau des Oberst v. Reutter laut „Tägl. Rundsch." an einem bedenklichen Herzleiden er krankt und befindet sich in Frankfurt a. O. in dauernder ärztlicher Behandlung. Auch die Tochter des Obersten, die als Lehrerin in Schwerin angestellt ist, erlitt einen schweren Nervenanfall, der ihr für längere Zeit die Ausübung ihres Berufs unmöglich macht. — Die Zigarrenhändlerin Frau Ww. Evers in Zabern, die im Straßburger Prozeß die un erhörten Beschimpfungen der Offiziere wahrheitsgeireu ge schildert hatte, wird fortgesetzt von der Zaberner Bevölkerung bonkottiert. Trotzdem die Dame durch Aufträge aus dem WM» mttsrstStzt DSo, har sie voq schwer um ihtt Existenz l» kämpfen. Die Wirkungen des Generalpardons werden in Meldungen aus den verschiedensten Städten des Reiches nach wie vor als sehr günstig bezeichnet. So soll sich der Steuerertrag des überwiegend landwirtschaftlichen Kreises Alfeld a. d. Leine um 3,5, der des Kreises Liegnitz sogar um 11 Millionen Mark gegen den bisherigen Stand erhöht haben. Der preußische Finanzminister erklärte dieser Tage bekanntlich alle Meldungen über derartig günstige Wirkungen des Generalpardons für falsch und bemerkte, daß die zu ständigen Behörden dem Erträgnis mit ernster Sorge ent- zegensähen. Zum neuen preußischen Kommunalabgabengesetz, bas bekanntlich den Fiskus steuerpflichtig gegenüber den Gemeinden macht, hat der Preußische Städtetag eine Denk schrift eingereicht, in der, wie die „Köln. Ztg." mitteilt, aus geführt wird, daß in der neuen Novelle einige Vorschriften enthalten sind, die garnicht unmittelbar mit dem Kommunal abgabenrecht Zusammenhängen, sondern ein Stück Schulgesetz und ein nachträgliches Stück Wohnungsaesetz darstellen. Die bekämpfte schulrechtliche Vorschrift ist die Bestimmung der Novelle, daß höhere Lehranstalten keine Gemeindean stalten sind; in der Eingabe wird dargelegt, daß die Re gierung irrt und auch mit der neuesten Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts nicht im Einklang ist. Das nach trägliche Stück Wohnungsgesetz ist eine Vorschrift, wonach die Gemeinden von Häusern mit Kleinwohnungen Anlieger beiträge nur in Höhe von drei Vierteln des Betrages er heben dürfen. Was die Bestimmungen der Novelle anbe- ktfft, die dem eigentlichen Abgabenrecht angehören, so »erden besonders umfangreiche Ausführungen gegen die geplante Beschränkung der Eemeindesteuerhoheit im Gebiet der Grundsteuer gemacht- . . „ gum Ableben des Kardinals Kopp übersandte unser Kaiser, der an der Leichenfeier nicht persönlich teilrimmt, sondern sich durch den Fürsten zu Hahfeldt, Herzog von Trachenberg, vertreten läßt, dem Breslauer Domkapitel ein überaus herzliches Beileidstelegramm. Es heißt darin: Ausgestattet mit reichen Geistesgaben, einem starken Glauben, lauterem Charakter und warmem Empfinden für die Not der Zeit, hat der Entschlafene als treuer Sohn der katho lischen Kirche, aufrichtiger Patriot ur d guter Staatsbürger seines verantwortungsvollen Hirtenamtes vorbildlich, treu und segensreich gewaltet und sich um B'stum, Kirche und Staat hohe Verdienste erworben. Auch die Kaiserin ließ den Angehörigen des Verstorbenen ihre aufrichtige und tieie Teilnahme ausip echm. -Zus clen Parlamenten. Der Deutsche Reichstag setzte am Donnerstag die be reits vorher begonnene Beratung des Postetats fort, bei der es wiederholt zu scharfen Zusammenstößen zwischen sozial demokratischen Rednern und dem Staatssekretär gekommen war. Nachdem die Abgg. Werner (Wirtsch. Vrg.) und Neu mann-Hofer (Vp.) Beamtenwünsche vertreten hatten, erklärte Staatssekretär Krätke, daß im Etat 263 000 M. für Post agenturen ausgeworfen seien. Eine Resolution wegen Er höhung der Tagegelder der nicht etatsmäßig angestellten Assistenten und der weiblichen Gehilfen wurde angenommen. Es folgte die Beratung der Ostmarkenzulagen, die in der geforderten Höhe von 1 200 000 M. von der Kommission wiederum gestrichen worden waren. Ein Antrag der Konser vativen und Nationalliberalen forderte Wiederherstellung der Regierungsvorlage und Ausdehnung der Zulage auch auf andere gemischtsprachige Gebiete. Staatssekretär Krätke bat dringend um Genehmigung der Zulagen, auf die 6000 Postbeamte der Ostmark angewiesen seien. Durch die kleine Gehaltserhöhung könnte die Zulage keineswegs aufgewogen werden. Der Staatssekretär zeigte, daß die Briefträger durch Aufhebung der Zulagen bis zu 140, die Schaffner bis zu 70, die Assistenten dis 180, die Sekretäre bis 420 Marl jährlich verlieren würden. Abg. Schlee (natlib.) trat warm für die Zulagen ein, die sich nicht gegen den Katholizismus richteten, sondern nur den polnischen Ansturm abwehren sollten. Abg. Noske (Soz.) sprach gegen, Abg. Graf Westarp (kons.) für die Zulagen, da die Reichsbeamten der Ostmarl nicht schlechter gestellt sein dürften als die preußischen. Abg. Kopsch (Vp.) stimmte den Zulagen gleichfalls bei, nachdem ste unwiderruflich gemacht worden seien. Aba. Brandys (Pole) vekärnpste dis Zulagen. Die Zulage warve schlkeßlkiy mtt 194 gegen 127 Stimmen abgelehnt. Die Aogg. Heckmann (natl.), Kopsch (Vp.) und BehrenS (Vp.) traten für die Wünsche der Telegraphenbeamten ein. Staatssekretär Krätke betonte, daß berechtigte Wünsche be rücksichtigt würden. Frestag 1 Uhr: Anfragen, Wester beratung. Schluß 7 Uhr. Relchstagstommissiouen. Die Kommission für dis Sonntagsruhe beschloß, in allen Gemeinden für offene Verkaufsstellen, in denen lediglich Back- und Konditorwaren seilgehalten werden, eine Beschäftigung bis zu sechs Stunden, für offene Verkaufsstellen, in denen lediglich Milch- und Molkereierzeugnisse ober Fische, Fleisch und Fleischwaren fetlgehalten werden, eine solche bis zu drei Stunden an Sonn- und Festtagen zuzulaffen. An den ersten Feiertagen der drei großen Feste sowie am Karfreitag und Fronleich, namstag, wo diese als Festtage anerkannt sind, dürfen Ge hilfen, Lehrlinge und Arbeiter überhaupt nicht, an den zweiten Feiertagen, am Neujahrs- und Himmelfahrtstage nur so west beschäftigt werden, als Ausnahmen zuge- lasten sind. Die Kommission für die Lösung der OueNfrags nahm ihre Beratungen wieder auf und erörterte die Frage, in wieweit Änderungen Les Strafgesetzes nötig seien, wenn jemand durch ehrenrührige Handlungen oder Behauptungen über sich und seine Familie gekränkt ist. Ein Zentrums- abgeordneter will dem, der bei solchen Verfehlungen zum ! Duell herausfordert, die Möglichkeit zur Bekleidung eines i Amtes und leder Vorgesetztenstellung entziehen und Ge- i fängnis- anstatt Festungsstrafe verhängt wissen. Ein Ver- i treter des Kriegsministers verteidigte die ehrengerichtlichen - Bestimmungen. Die Kommission nahm schließlich einstimmig s den Antrag an, bei frevelhaftem Verschulden an Stelle der ! Festungs- Gefängnisstrafe treten zu lassen, und mit 8 gegen 5 , Stimmen den Antrag, daß beim Vorliegen einer ehrlosen Handlungsweise obligatorische Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte stattzufinden hat. Ein konservativer Antrag auf s Straflosigkeit der gefahrlosen Schlägcrmensuren mit Binden j und Bandagen wurde abgelehnt. Das preußische Abgeordnetenhaus setzte am » Donnerstag die allgemeine Besprechung des Etats der Handels- und Gewerbeverwaltung fort. Abg. Pieper (Ztr.) befürwortete eine energische Mittelstandspolitik. Abg. Schröder (natl.) forderte eine Pause in der sozialpolitischen Gesetzgebung. Handelsminister Sydow kündigte Maß nahmen an, die die Überwachung der Führung von Bau büchern bezwecken. Nach gleichfalls mittelstandsfreundlichen Äußerungen der Abgg. Krause (fk.) und Wenke (Vp.) ver tagte das Haus die Weiterberatung auf Freitag. Aus aller Welt. Eine grausame Ironie des Schicksals yar gewollt, daß ein Weinhändler aus Mülheim a. d. Mosel, dessen arg verschnittener Wein dem Reichskanzler bei einem Aufenthalt in Berchtesgaden besonders gut gemundet hat, wegen Wein pantscherei zu hoher Geldstrafe verurteilt wurde. Das Urteil war jedoch insofern berechtigt, als der verschnittene Wein unter einer falschen Bezeichnung in den Handel gebracht worden war, die die echte Marke gleicher Bezeichnung schädigen mußte. Berliner Morde. Der geisteskranke Kaufmann Gaedicke, der seine Mutter ermordet hatte, ist bald verhaftet worden. Eine Zimmervermieterin, bei der er sich einge mietet hatte, erkannte ihn als den Mörder und benach richtigte sofort die Polizei; die Frau erhielt 300 Mark Be lohnung. Die Mutter des Goedicke halte unter dem Geisteskranken furchtbar zu leiden. Täglich bedrohte er sie mit dem Tode, die Frau wagte aus Angst nicht, zur Ruhe zu gehen, sondern schlief Nacht für Nacht angekleidet auf dem Sofa. Da der Mörder geisteskrank ist, kann er nicht zur Rechenschaft gezogen. Oer Mörder vom Teufelssee, der zwei Frauen er mordete, soll enlkommen sein. In der zwei Kilometer von Nowawes, südlich von Neubabelsberg an der Wetzlarer Bahn belegenen Ortschaft Drewitz wurde abends ein Mann gesehen, auf den das Signalement des Verdächtigen patzte. Er wurde angehalten, zog jedoch einen Revolver, floh in den Wald und entkam unter dem Schutze der Dunkelheit. Die ganze Nacht über wurde der Wald durchstreift, jedoch hatte der Verfolgte einen so bedeutenden Vorsprung, daß die Razzia ergebnislos blieb. Im Laans äsr LediM. Roman von Egon Rotenfels. 6 „Unbeschränkt? Nun, ich finde meine Renten, wenn Du diese meinst, wahrhaftig beschränkt genug," warf Kör ting nicht ohne einen kleinen Anflug selbstgefälliger Prah lerei ein, „und ein schon oft erbetenes Soulagement mei nes würdigen Onkels Albert würde meine Finanzen um ungefähr fünftausend Taler im Jahr verbessern, was so übel gar nicht wäre. Lachend stimmte Hohlfeld hei, kam aber gleich wie der auf die Frage der Annahme der Zom'schen Einladung zurück. „Weißt Du was, Max, wir lassen den Zufall entschei den." „Mir recht," meinte Körting, „aber wie machen mir das? . . . Warte einmal, wir machen es wie die Schul buben : Kopf oder Wappen. Was sagst Du dazu?" Und rr griff lebhaft in seine elegante Börse und entnahm der selben ein Goldstück. In diesem Augenblicke ertönte ein Klopfen; auf des Varons lautes „Herein" öffnete sich die Tür und in das Zimmer trat ein Mann in vollständig schwarzer Kleidung, dem Anscheine nach ein Kammerdiener oder Haushofmei ster. „Der Jocky ist von Willingen in dis Stadt gekom men, und fragt an, ob der gnädige Herr Befehle für ihn haben." „Für August?" besann sich der Baron, „ich wüßte nicht, doch halt, er soll mir täglich Bericht erstatten, wie es der Diana geht, verstanden?" Der Mann verbeugte sich respektvoll und schickte sich an, das Zimmer zu verlassen. Doch Körting rief ihn zurück: „Neumann, auf ein Wort." ,Lu Ihren Diensten, Herr Baron," erwiderte der Ge rufene, indem er sich gravitätisch umdrehte. „Vermutlich kennt Ihr Dorf und Schloß Hohenau!" „Gewiß, Herr Baron, ich kenne Hohenau ganz gut, liegt es doch ganz nahe an Ihrer neuen Besitzung, drei Viertel Meile von ihr, ein schönes Gut mit vorzüglichem Acker und Waldboden und großartigen Fabrikanlagen." „Ich weiß, ich weiß," unterbrach ihn Körting, „doch erführe ich gerne etwas Näheres über die Herrschaft. Kennt Ihr auch diese?" Neumann verneinte. Der Baron, der erwartet hatte, auch hierüber von Neu mann Auskunft zu erhalten, war sichtlich enttäuscht. „Nun, wenn Ihr trotz Eures kurzen Hiersein das Gut so genau kennt, so werdet Ihr wohl auch Näheres über die Gutsherrschaft in Erfahrung bringen können. Bemüht Euch also darum und teilt mir dann das Resultat mit." Körting machte eine entlassende Bewegung und Neu mann schob sich nach einer steifen Verbeugung mit einem Ergebenheitslächeln zur Türe hinaus. Mit Interesse und offenbar belustigt, hatte Hohlfeld das Tun und Treiben des Mannes beobachtet und brach jetzt in ein herzliches Lachen aus. „Der Kerl ist ein Ori ginal ein Prachtexemplar. Wo hast Du den her? Lange „Ganz recht," bestätigte Körting, „er kam erst im Sep tember zu mir. Eines Tages erschien er hier und erneute unsere mir sehr schmeichelhafte Bekanntschaft." „Also Du kanntest ihn doch schon früher?" „Ich hatte ihn im vorigen Jahre auf der Reise, in einem kleinen Stäbchen des badischen Schwarzwaldes kennen gelernt, ich muß Dir gestehen, in nicht gerade sehr anständiger Gesellschaft, in die ich mit einigen Touristen, denen ich mich angeschlossen hatte, geraten war. In dem Städtchen war Kirchweih und auf dem Marktplatze un ter anderen Sehenswürdigkeiten auch eine andere große Bude aufgeschagen, in welcher Chansonnetten und Ko miker ihre Lieder sangen und ihre Späße dem gaffenden Landvolk zum Besten gaben. Das Wetter war ungün stig, wir mußten ohnehin an dem Orte rasten, und so be schlossen wir, die Vorstellung zu besuchen. Bei einem klei- Soupee, das wir der Gesellschaft nachher gaben, lernte ich ihn kennen; er ist überaus kein schlechter Komiker, scheint aber im Leben durch und durch Schauspieler zu sein. „Ist er denn aber auch - 'verlässig und treu?" warf der Rittmeister mit bedenktm) fragenden Gesicht ein. „Wie man es nimmt, ich halte sein ganzes gemeße nes Wesen, das Dir so unendlich Spaß machte, für Maske. Woher er eigentlich stammt, habe ich nie so recht ermit teln können; er will der Sohn eines Friseurs und in Bayern geboren sein, hat, wie er selbst sagt, eine sehr be wegte Vergangenheit hinter sich und kam wie Du schon weißt, vor einigen Monaten, weiß der Himmel, wie er mich ausfindig gemacht hat, zu mir, um mich um eine Anstellung zu bitten, da er der Kunst, wie er mir ver sicherte, ihn doch nie so recht befriedigt habe, Valet sagen wolle. Und so wurde er bei mir sozusagen Faktotum. Hauptsächlich verwende ich ihn freilich in Willingen, wo Du ja nun eine Ewigkeit nicht warst, daher ist Dir der Kerl fremd." Es war eine merkwürdige Erscheinung, die da vor oen beiden Freunden stand, mehr als schlank, beinahe ! hager zu nennen, und neugierig betrachtete sie der Ritt- . meister. Besonders fielen die scharfgeschnittenen Züge des zanz bartlosen Gesichtes auf, aus dem ein paar graue Augen halb verdeckt, man wußte nicht, ob sie klug oder schlau zu nennen waren, hervorlugten. „Was bringt Ihr mir, Neumann?" fragte Körting den emttcteuden Fünfziger, mit noch wenig ergrautem und - vohlgepftegtem Haupthaar. » Kannst Du ihn noch nicht haben, denn ich erinnere mich nicht, ehe ich auf Remonte ging, ihn gesehen zu haben."
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