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Rabenauer Anzeiger : 10.01.1914
- Erscheinungsdatum
- 1914-01-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id178001192X-191401100
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id178001192X-19140110
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-178001192X-19140110
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände des Deutschen Stuhlbaumuseums Rabenau
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Rabenauer Anzeiger
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-01
- Tag 1914-01-10
-
Monat
1914-01
-
Jahr
1914
- Titel
- Rabenauer Anzeiger : 10.01.1914
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Mann. Ein Milchmann in Habern, der früher m Köln der ihm gedient hatte, stellte sich ihm einmal auf der Straße vor, der Oberst freute sich außerordentlich darüber und begleitete den Mann ein Stückchen. Als ein Kind des Reservemannes starb, schickte der Oberst einen Kranz. Bei der Vernehmung der Musketiere, die die Krakehler abführten, erkannten die Soldaten verschiedene Zeugen auf das Bestimmteste als diejenigen wieder, die Schimpfworte gerufen hatten. Von den Beschuldigten wurde bestritten, daß sie geschimpft hätten. Andere Zeugen, die sich an dem Skandal beteiligt hatten, gaben an, es habe Ruhe geherrscht, ejner meinte sogar zur Heiterkeit der Anwesenden, es sei alles mäuschenstill gewesen. Die meisten Zeugen gaben an, sie hätten nichts verbrochen, sie seien unschuldig abgeführt worden. Aber auch andere Ansichten wurden laut. Ein Arbeiter gab an, daß er, trotzdem er schwerhörig sei, lautes Schreien und Johlen gehört habe. Verschiedene Zeugen gaben an, daß sie im Pandurenkeller von den Soldaten mit „Lumpenkerle" beschimpft worden seien. Bei Erörterung des Falles Levy, in dem Soldaten in ein verriegeltes Haus drangen, gaben Zeugen an, es sei nicht aus dem Hause ge schimpft worden. Ais Zeuge Schreiner Levy vortrat, um zu bekunden, daß er nicht wisse, weshalb er verhaftet wor den sei, rief ein Musketier aus: „Das ist der Mann, der gerufen hat l Als ich auf ihn zuging, lief er weg! Wenn j er nichts getan hatte, brauchte er doch nicht wegzulaufen." Vizöfeldwebel Stoll bekundete, daß, als er einen Mann festnahm, der hinter dem Rücken Leutnants von Forstner feixte, die Menge Miene machte, den Mann zu befreien. Das Bild blieb immer dasselbe! Zeugen, die sich an dem Krawall beteiligt haben sollten, bestritten das energisch, j D:r Verteidiger meinte ironisch: .Das war immer w in i Zabern, wenn Leute festgenommen worden, sagten sie sst > liebenswürdiger Weise: Ich bin es nicht gewesen." Darauf ; trat die Mittagspause ein. In der Nachmittagsverhandlung wurden die Vernehmungen fortgesetzt. Aus aller Welt. LangoS Ende. In Berlin ist er verpönt, Neunorks Millionäre wollen nichts mehr von ihm wissen, und in Wien, der Stadt, wo am meisten getanzt wird, hat man wieder den Walzer für den Tanz der Saison erklärt. Und auf einer Wintersport-Gesellschaft auf dem Semmering, so erzäblen Wiener Blätter, kam es vor, daß, als man eine Weile Tango getanzt hatte, plötzlich der Ruf „Walzer" er tönte. Der Ruf fand ein hundertfaches Echo und wurde von Jubel und Händeklatschen begleitet. Der Kapellmeister lächelte, die Musikanten wandten die Notenblätter und Jo hann Strauß klang und jauchzte durch den Saal. Und alles war selig. Abwärts ... ES bestätigt sich, daß der ehemalige langjährige Führer deS Deutschen Buchdruckerverbandes Rexhäuser mit seiner Geliebten, der Gattin seines Chefs, in einem Walde bet Pfronten mit erfrorenen Füßen aufge funden wurde. Die beiden hatten Opium genommen, das jedoch nicht genügend gewirkt hatte, auch die Besuche, sich mit den erstarrten Fingern die Pulsadern zu öffnen, schlugen fehl. Im Krankenhause mußten den Beiden die Füße amputiert werden. Rexhäuser, der jetzt 51 Jahre alt ist, war ein sehr begabter Mensch, der sich um die fort schrittliche Arbeiterbewegung große Verdienste erworben hat. Als Vorkämpfer für die politische Neutralität der Gewerk schaften geriet er in eine überaus heftige Polemik mit der Sozialdemokratie. Rexhäuser war stets ctivas Sonderling und so kam es, daß er schließlich seinen leitenden Posten in dem genannten Verbände verlor. Von da ab ging es ab- wärts mit ihm. Er arbeitete schließlich als Setzer in der Druckerei eines Freundes. Schwerer Einbruch. Schloß Tegel bei Berlin, das längere Zeit den Brüdern Alexander und Wilhelm v. Hum boldt zum Aufenthalt diente, wurde von Einbrechern heim- gesucht. Die jetzigen Bewohner des Schlosses, die gräfliche Familie von Heinz, sind verreist. Die Diebe erbeuteten eine größere Anzahl von silbernen Bestecks und anderen Silber geräten, die sämtlich das Bülowsche Wappen, als Haupt merkmal einen Vogel mit einem Ning im Schnabel, tragen und die Buchstaben v. V. aufweisen. Ferner stahlen die Einbrecher neun wertvolle Elfenbein figuren, die die Form von Kegeln haben und ein beliebtes Ünterhaltungsspiel der Brüder Humboldt darstellten. Zivil- und Mlitärgewall. Die Entscheidung in dem neuesten Prozeß über die An gelegenheit von Zabern hat man abzuwarten, aber ganz un abhängig davon ist die Frage zu erörtern, ob im Deutschen Reiche Zivil- und Militürgewalt einander gegenüberstehen. Wenn manche Äußerlichkeiten darauf Hinweisen, daß in Zabern auf der einen Seite zu viel, auf der anderen Seite zu wenig Energie entwickelt worden ist, so können diese Er scheinungen doch nur die Persönlichkeiten, aber nicht das Prinzip treffen, daß ein Gegensatz zwischen beiden Gewalten nicht bestehen kann und nicht bestehen darf, weil das ganze Fundament unserer nationalen Entwickelung dadurch er schüttert werden würde. Das Gesetz steht genau vor, was den Behörden zufällt, und seine Bestimmungen müssen ge nügen. Sie genügen auch, denn eine „Affaire" wie die von Zabern haben wir in ihrer Art in Deutschland noch nicht gehabt. Sie wäre auch im Keim erstickt, wenn von vorn herein alles klargestellt und durchgegriffen wäre. Unsere höheren deutschen Offiziere stehen nicht in dem Rufe, Chauvinisten und herausfordernde Männer zu sein, man sagt ihnen im Gegenteil viel Jovialität und Verständ nis für das Leben und seine Schattenseiten nach. ES gab Zeiten, wo gerade die Militärgewalt in wirklich ernsten Fällen sich trefflich bewährt hat. AIS im Beginn der Re gierungszeit unseres Kaisers im rheinisch-westfälischen Kohlen- gebtet der große Streik ausbrach, sodaß die Zivilgewalt hinter dem Militär zurücktreten mußte, zeigte der komman dierende General von Albedyll in Münster eine solche Ruhe in seinen Anordnungen, daß er allgemeinen Beifall fand. Allen nennenswerten Ausschreitungen wurde vorgebeugt, bis der Ausstand schließlich erloschen war. Und solcher Beispiele von praktischer Bedeutung gibt es eine ganze Reihe. Wenn wir den Gedanken auskommen lassen könnten, baß bei uns Gegensätze zwischen Verwaltungs-Behörden, der bürgerlichen Gewalt, und den Vertretern der Armee möglich wären, so würden wir zu französischen Zuständen gelangen. Im verflossenen Jahre sind in Paris erst wieder eine ganze Labl von Generalen au- dem aktiven Dienst entlasten wor Die „Oklahoma --Katastrophe. Mit dem bet Neu york verunglückten Tankdampfer „Oklahoma" sind 32 Mann untergegangen. Acht Mann hat der deutsche Dampfer „Bavaria" gerettet, wie der Kapitän sunkentelegraphisch meldete. Die „Oklahoma" gehörte der Gulf Refining Company. Ihr Wert wird mit 700 000 Dollar angegeben. Sie befand sich auf der Fahrt nach Texas, um dort eine Fracht Ol an Bord zu nehmen. Ein Gedenktag. Am heutigen Mittwoch jährt sich Philipp Neis', des Erfinders des Telephons, Geburtstag zum achtzigsten Male. Neis, ohne dessen Erfindung die Entwicklung der modernen Kultur unmöglich ihr Tempo hätte nehmen können, wurde 1834 zu Gelnhausen im Re gierungsbezirk Kassel als der Sohn eines leidlich situierten Bäckermeisters geboren. Durch eisernen Fleiß brachte er es zum angesehenen Physiker. Generalpostmeister Stephan wollte zuerst von der Erfindung des Fernsprechers nichts wissen, er hielt ihn für eine „Spielerei für reiche Leute." Und heute . . . pflichlreu bis in den Tod t Der Eisenbahnschlosser Körver, so schreiben die „Leipz. N. N.", war auf dem Bahn hofe Herzogenrath mit dem Anziehen von Gleisschrauben, die sich gelockert hatten, beschäftigt. In einer Weiche klemmte sich der Schraubenschlüssel gerade in dem Augen blicke fxst, als ein Güterzug heranbrauste. Körver erkannte sofort, daß eine Entgleisung des Zuges unvermeidlich sei, wenn der Schraubenschlüssel in der Weiche stecken bliebe. Sein Pflichtgefühl siegte über den Selbsterhaltungstrieb. Der Gefahr nicht achtend, suchte er mit aller Kraft den Schlüssel aus der Weiche zu entfernen. Im letzten Augen blick gelang ihm dies; ungefährdet passierte der Zug die Weiche. Er selbst aber mußte seine Pflichttreue mit dem Leben bezahlen, denn et vermochte nicht mehr zur Seite zu springen, der Zug erfaßte ihn und tötete ihn auf der Stelle. Ehre sei dem braven Eisenbahner, der auf dem Felde der Pflicht mutig und treu gefallen ist, wie der Soldat in der Schlacht l von der „parsifal" - Aufführung lm Berliner Opernhaus. Die wunderbare Aufführung des „Parsifal" im Kgl. Opernhause zu Berlin bildet das Tagesgespräch aller an ernster Kunst interessierten Kreise Berlins. Aus Wochen hinaus ist das Haus ausverkauft, und gerade die mittelständischen Kreise sind es, die sich um den Besuch der religiösen Oper bemühen. — Für lange Zeit wird nun der große prächtige Kronleuchter des Zuschauerraumes ver schwunden sein. Der Ausdehnung der Tempelszene in den Zuschauerraum hinein ist er zum Opfer gefallen. Er be engte die Aussicht. Sytueskernacht in Rom. Die Verwaltung der ewigen Stadt zieht die Stirne kraus über den Unfug, der in der Sylvesternacht in den Straßen Roms verübt worden ist. Denn die Neujahrsfreude ist lebensgefährlich geworden, was viele zerbeulte Köpfe beweisen. Schon um die zehnte Stunde, in einigen besonders munteren Vororten schon von acht Uhr an, begann ein Geschieße und Geknatter aus allen Winkeln und Gassen, das sich um Mitternacht zu einem kurtosen Bombardement steigerte. Die Fenster öffneten sich und in großem Bogen flog heraus, was jedes Haus an älterem Porzellan und GlaS besaß: Trinkgläser, Flaschen, Fiaschi, Teller. Präsident Wilson entsendet Vertrauensmänner in M europäischen Hauptstädte, um die Haltung der dortigen Regierungen zu seinem Plane der energischen Bekämpfung der großen amerikanischen Trusts festzustellen. Als Abge sandter des Präsidenten weilt z. Z. Herr Charles Ferguson in Berlin, der die Ansichten der großen deutschen Kapital vereinigungen sowie einzelner Großkaufleute und Bankiers, namentlich aber die Ansicht der Reichsregierung über die von dem demokratischen Präsidenten in Aussicht genommene scharfe Gesetzgebung gegen die Trusts zu ermitteln sucht. Eine unsinnig» Wette. In einem Ort bet Berlin ging ein 35 Jahre alter Kellner mit einem Landwirt die Wette ein, für 2000 Mark 12 Stunden lang nur mit Unter hemd und Hose bekleidet sowie barfuß und ohne Kopfbe deckung im Schnee zu laufen. Der Kellner machte sich richtig auf den Weg. Nach sechsstündiger Wanderung brach er be wußtlos zusammen. Die Füße sind erfroren und müssen abgenommen werden, ob der Mann überhaupt mit dem Leben davonkommt, ist fraglich, er liegt an einer Lungen entzündung schwer krank danieder. Der Schäfflerkanz, der feierliche Aufzug der Schäffler oder Böttcher, der in München alle sieben Jahre zum An denken an die Pest von 1517 veranstaltet wird, wurde vor dem Wittelsbacher Palais der Jsarstadt am Dreiküniastage aufgeführt. Mit ihm wurde nach siebenjähriger Pause die dieses Jahr sieben Wochen dauernde Karnevalszeit eröffnet. Gegen 11 Uhr zogen laut „Tag" die Schäffler mit ihrer schwarz-gelben Zunftfahne, begleitet von Hanswursten, in ihrer schmucken historischen Tracht, weiß eingefaßten, roten Wämsern, weißen Westen und schwarzen Kniehosen mit weißen Strümpfen und Schnallenschuhen, auf dem Kopf die mit weißblauen Wollbüschen gezierte schwarze Schäfflermütze, mit Musik vor das Palais des Königs, der mit der Köni gin und seinen sechs Töchtern auf den Balkon trat. Nach kurzer Begrüßung durch den Führer begannen unter Musik begleitung die eigenartigen Ländlertänze in verschiedenen Figuren, bis schließlich die Tänzer mit ihren Buxbaumbögen eine Königskrone bildeten. Dann traten nacheinander drei Reifenschwinger vor, die aus dem mitgebrachten und zuvor mit Hämmern bearbeiteten Weinfaß gefüllte Gläser der Reihe nach auf den König, die Königin, und die Prin- zessinnen leerten. Die Vorstände wurden vom Königspaar empfangen und die Schäffler mit einem namhaften Geldge schenk bedacht. Der Tanz wurde darauf vor den Palästen der übrigen Mitglieder des Königshauses ausgeführt und wird im Laufe der nächsten Wochen in den Straßen Mün chens wie auf Bällen und Festen oft zu sehen sein. Keine gefährlichen Schaustellungen in den Schulen. Der preußische Kultusminister hat laut „Deutsch. Tagesztg.", veranlaßt durch die Unfälle, die bei der Vorführung wilder Tiere in Schulen vorgckommen sind, die Regierungspräsi denten angewiesen, gee gnete Vorkehrungen zu treffen, daß in den Schulen keinesfalls Schaustellungen zugelassen werden, mit denen eine Gefährdung der Schüler verbunden sein könnte. Zabern als Garnison. Immer erneut tauchen Ge rüchte auf, daß Zabern an Stelle des Regiments 99 einen anderen Jnfanterietruvpenteil als Garnison erhalten werde. Während bisher die Jnfanterieregimenter Nr. 105 und 187 genannt wurden, wird neuerdings auch das Infanterie regiment Nr. 172 erwähnt. Wie halbamtlich erklärt wird, sind alle diese Gerüchte in das Reich der Fabel zu ver weisen. Aus ven Gerichkssälen. In Berlin begann der Prozeß gegen den Gastwirt Mühlan, der des Totschlags an dem Schlächtermeister Sledz beschuldigt ist. Es ist eine Tragödie aus dem finstersten Berlin, die hier aufgerollt wird. Der Angeklagte unterhielt ein sog. Absteigequartier, ein übelberüchtigtes Haus. Der Schlächtermeister beschwerte sich darüber, daß Mühlan aus Chikane gegen ihn die Fenster der von ihm vermieteten Zimmer nie verhängte, io daß die schamlosen Szenen, die sich dort abspielten, von der Sledz'schen Wohnung aus beobachtet werden konnten, was namentlich mit Rücksicht auf die Töchter ein Skandal war. Darüber gerieten die beiden Männer eines Abends in Streit, in dem auf beiden Seiten Grobheiten fielen. Als der Schlächtermeister den Gastwirt angriff, zog dieser einen Revolver. Er will aber nicht geschaffen haben, gibt viel-' mehr an, die Schüsse seien selbst losgegangen. Reue Schneestürme brachen über England unk Schottland herein. Weite Strecken waren binnen kurzer Zeit unter einer sechs Zoll starken Schneedecke begraben. Auch der Kanal wurde durch schwere Stürme heimgesucht, die der Schiffahrt viel Schaden zufügten. Das Luftschiff als Aorschungsmittel. Oberleutnant Graetz, bekannt durch seine Durchquerungen Afrikas im Automobil und Motorboot, plant eine Erforschung Neu- guineaus mittels lenkbaren Luftschiffs. Es hat sich bereits ein Komitee, dem reiche Geldmittel zur Verfügung stehen, zur Förderung dieser eigenartigen Forschungsexpedition ge bildet. Neuguinea ist eines jener Gebiete unseres Erdballs, das noch am wenigsten erforscht ist. Das Ende des Mörders von Wiedenbrück. Das schaurige Famil^endrama von Wiedenbrück hat jetzt seinen Abschluß gefunden. Der 24jährige Kaufmann Joseph Schauerte, der in der Neujahrsnacht seine Mutter und seine siebenjährige Schwester ermordete und dann die Flucht er griff, wurde in der Nähe des Rittergutes Lützen bei Leipzig erschossen aufgefunden. Der zweifache Mörder hatte seinem verfehlten Leben selbst ein Ziel gesetzt. den, weil sie sich zu der Regierung nicht stellestkonntest. Aus der Zeit der Winzer-Unruhen in der Champagne sind Äußerungen zahlreicher Offiziere bekannt, daß sie sich wegen der Zivilbehörden Dinge gefallen lassen müßten, die ganz unerhört seien. Und in einem Pariser Blatt ist ganz un verhüllt ausgesprochen, es sei bedauerlich, daß die französische Armee keinen Chef wie den deutschen Kaiser besitze, der zu jeder Stunde für die Rechte seiner Offiziere etntrete. So spricht man in einer Republik. Der Kaiser ist der oberste Kriegsherr, er hat sich nach dem Vorbilde seines großen Ahnen auch den „ersten Diener des Staates" genannt. In seiner Person vereinigen sich die beiden Gewalten, und das ist schon ein Zeichen, daß auch ihre Vertreter mit einander auskommen müssen. Bis her hat niemand daran gezweifelt, es darf auch künftig darüber kein Zweifel bestehen. Persönlichkeiten müssen stets sich der großen Sache unterordnen, es haben aber auch die Bürger, und daran hat es in Zabern gemangelt, diese Pflicht anzuerkennen. Mit Professor Ruhland, der im bayerischen Bade Tölz nach längerer Krankheit im 63. Lebensjahre verstarb, hat der Bund der Landwirte seinen bewährten wisssnschaft- lichen Vertreter und Führer verloren. Im Juni 1860 als Sohn eines Landwirts im bayerischen Spessart geboren, tudierte er Nationalökonomie und übernahm die Bewirt- chaftung der väterlichen Besitzung. Schon als praktischer Zandwirt verfaßte er agrarwissenschaftliche Arbeiten. Von 1888 bis 1890 unternahm er im Auftrage des Fürsten Bismarck Studienreisen durch Rußland, England, Indien, Australien, Nordamerika und die Donauländer, auf denen er die Getreideproduktion der Erde eingehend studierte. Nachdem er sich ganz der wissenschaftlichen Arbeit gewidmet hatte, wurde er im Sommer 1894 auf Empfehlung des berühmten Berliner Professors der Staatswiffenschaften Adolf Wagner vom Bunde der Landwirte als volkswirt schaftlicher Berater engagiert und verblieb in dieser Stellung bis zu seinem Ende, . Zur Vehrbeitrags-Verankagung. Der hamburgische Staat hat seinen Bürgern zur Abgabe ihrer Vermögenker- klärungen für die Wehrbeitragsveranlagung wesentliche Er leichterungen gewährt. Während in Preußen di» Erliä- rungen schon in den ersten dret Januarwochen abgegebest sein müssen (abgesehen von Fristverlängerungen auf beson deren Antrag), hat man in Hamburg diese Zeit dis zum 15. April ausgedehnt. Man ist dabei nach Möglichkeit so verfahren, wie es dem Bedürfnis der einzelnen Staats bürgergruppen und zugleich dem Interesse des Veraulagungs- geschäfts entspricht. Üm nicht alle Erklärungen auf einen Haufen einlaufen zu lassen, muß das wenig kaufmännisch durchsetzte Landgebiet des Staates dle Erklärungen bis zum 28. Februar abgeben, die eigentlichen Stadtteile aber erst vom 23. Februar bis zum 15. April. In Hainburg versteht man es nicht, daß in Preußen ein ganz einheitlicher und obendrein so nahe dem Jahresschluß gelegter Termin fest gesetzt werden konnte. Die Inhaber großer, verzweigter Betriebe haben bald nach Jahresschluh so viel mit dem Abschluß ihrer Geschäftsbücher, Inventur usw. zu schaffen, daß es zu einer wirklichen Zumutung wird, von ihnen in dieser Zeit auch noch eine nach dem Gesetz lückenlose Ver mögenserklärung zum Wehrbeitrag zu verlangen. Für eine angemessene Vertretung der Erwerbs- stände in unseren Parlamenten treten die rheinländischen Handelskammern mit vermehrtem Nachdruck ein. Auch in ihrer jüngsten Jahressitzung stellten die Vertreter der Kam mern fest, daß in der Fühlungnahme zwischen den Parteien des Reichstags und der Praxis noch manches geschehen könne. Säßen mehr Vertreter des praktischen Lebens in den Volksvertretungen, so würden viele Gesetze anders aussehen oder überhaupt nicht dasein. Andererseits sind die Schwie rigkeiten nicht zu verkennen, die der Gewinnung von Män nern aus unseren erwerbstätigen Kreisen für eine ange spannte parlamentarische Berufstätigkeit entgegenstehen. Das Verlangen, statt Berufspolitiker mehr Männer deS praktischen Erwerbslebens in den Reichstag oder die einzelstaatlichen Parlamente zu entsenden, ist allgemein vorhanden; aber welcher Geschäftsmann hat die erforderliche Muße zur Über- uabm« und reLtkchsffrner Erfüllung eine- Mandats l Z,
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