Volltext Seite (XML)
einen Qualitätssprung erkannt. Just in dieser Zeit (1784) begann er, voller Selbstbewußtsein ein eigen händiges Verzeichnis seiner neu entstehenden Werke zu führen. Und als erste Nummer zeichnete er ein solch neues Klavierkonzert ein, das in Es-Dur (KV 449). Was aber ist diese besondere Art? Rein äußerlich wurde sein Orchester bald schon reicher durch Einfü gung weiterer Bläser, Trompeten z. B. und Pauken (die gehörten zum Bläsersatz) - Klarinetten hin gegen finden wir erst später. Früher besetzte er meist nur zwei Oboen und zwei Hörner, gelegent lich noch zwei Fagotte. Aber hauptsächlich ging es ihm wohl um das Innere, die musikalische Faktur. War es vordem durchaus üblich, daß das Soloinstrument gewisser maßen vom Orchester begleitet wurde, das „begleitende" Instru mentarium bestenfalls in Vor- und Zwischenspielen selbständig auf treten durfte noch ganz im Sinne der barocken „Ritornell-Praxis", versuchte Mozart jetzt eine wirkli che Dialogform zu finden, gele gentlich sogar auf engstem Raum: Frage-Antwort-Spiele zwischen Solo und Tutti, gegenseitiges Zu werfen der Gedanken, aufnehmen, umformen, weiterleiten, motivisches Wechselspiel, auch der verschiede nen Instrumente untereinander (die Bläser wurden selbständig, redeten mit). Es kam zum Wettstreit aller Beteiligten im wahrsten Sinne des Konzertbegriffs (concertare = Wett streiten). Eine Verschmelzung des Zur Musik 1. Satz: Freundlich hell erscheint der leise marschartig verspielte Beginn (Allegro maestoso, C-Dur, 4/4-Takt) des weiträumig ausgedehnten Orchestertutti, läßt schon an Leporello, den Diener Don Giovannis denken. Aber schon beim Forte-Einsatz drängt sich in den hohen Streichern und Bläsern ein dramatischer Zug hinein. Anklänge an die spätere große g-Moll-Sinfonie (KV 550) scheinen vorweggenommen. Das Klavier aber fängt alles auf, doch nicht in verspielter Form, sondern mit wohlüberlegten Gesten, bringt ernste Züge, so in einem plötzlichen Moll-Einbruch, läßt innehalten, dehnt rein figurativ aus und kehrt immer wieder zu all den reichen melodischen Gestalten zurück, die im Wechselspiel mit orchestralen Farben ein prächtiges Ganzes bilden. Konzertanten mit dem Sinfonischen entstand so. Eine unerhörte, d. h. bis dahin nicht gehörte Farbigkeit ging daraus hervor und stellte größere Ansprüche an die Zuhö rer. Das waren sie nicht gewohnt, nahmen seine Kunstfertigkeit vor erst noch begeistert auf. Erst später - nach seinem „Figaro" (1786) - meldeten sich Stimmen gegen den entschiedenen „Hang für das Schwere und Ungewöhnliche", und das Publikum blieb aus. Gab es wohl doch mehr „Esel", als er dachte? Jetzt aber gab es noch Zu stimmung in den Konzerten, regen Zulauf und gutes Geld. Dies wie derum spornte den Komponisten an. Er schrieb wie besessen, wie im Schaffensrausch. Zwischen Februar und April 1784 waren gleich vier Konzerte (KV 449-451