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Mittagshitze bewegen. Müde von der Jagd auf die ängstlich fliehen den Nymphen und Najaden, über läßt er sich einem betäubenden Schlummer, in dem sich alle seine Begierden verwirklichen und er die allumfassende Natur vollständig besitzt." 1 894, als die Hauptarbeit bereits der Oper „Pelleas et Meli- sande" gilt, vollendete Debussy die Komposition und verzichtete dar auf, an den beiden bereits skizzier ten Sätzen („Interlude" und „Para phrase") weiterzuarbeiten. Die Ur aufführung fand am 22. Dezember 1 894 unter der Leitung von Gusta ve Doret in der Pariser „Societe Nationale de Musique" statt, erfolgreich, berichteten einige Kriti ker, andere sprachen von kühlem, unverständigem und ablehnendem Publikum. Solche von Flöten- und Harfenklängen getragene, traum verlorene, lasziv-schillernde Musik war vordem noch nicht gehört wor den. Ganz unversehens war ein neues musikalisches Zeitalter ange brochen, und niemand hatte es so recht bemerkt. Zur Musik Mit einer chromatisch-schweifenden Flötenmelodie beginnt das Stück, fließt - völlig allein - körper-, schwerelos dahin. Es ist der Hauptgedanke, jede greifbare Tonalität völlig verschleiernd, um den sich schließlich alles rankt. Eine Traumwelt tut sich auf. Ein sanftes Harfenglissando, ein leiser Lufthauch. Und wieder die Flöte, jetzt getragen von einem Streicherteppich, Bläser gesellen sich hinzu. Neue Farben entstehen, blühen auf, vergehen. Melodien ziehen dahin, Sommerwölkchen gleich, schweben, gleiten, verfließen. Im volltönenden Orchester wogen zahlreiche gleichzeitige Bewegungen durcheinander, hingehauchte Farbtupfen, sanfte Lichter, lichter Schatten, zarter Atem - Traum. Immer dichter, immer enger, erregter werden die Momente, expressiver der Atem, eine betörende Suggestion erotisch geschwängerter Mittagsschwüle. Und allmählich sinkt, alles wieder zurück, fast ins Nichts, aus dem es gekommen scheint. Doch das Werk zerfließt am Schluß nicht ins Ungewisse, wenn auch die Klangstärke ständig abnimmt, ein ätherischer Hauch darüber schwebt. Es endet leise, bestimmt mit einem letzten Pizzicato. Neben Claude Debussy beherrsch te ein zweiter Name die französi sche Musik in den ersten Jahrzehn ten des 20. Jahrhunderts: Maurice Ravel. Beide werden gern mitein ander verknüpft, in einem Atem genannt. In der Tat lassen sich Par allelen finden, so z. B. die harmo nische Palette von bemerkenswer tem Reichtum oder die Fähigkeit, einfachste melodische Floskeln zu blühenden Ornamenten zu verbin den und überreich zu instrumentie ren, einen Klangzauber zu entfal ten, zu illuminieren. Und doch lie gen Welten zwischen beiden, individuell-charakterliche natürlich, künstlerisch-ästhetische aber doch ganz offenkundig auch, obwohl Debussy den 13 Jahre jüngeren