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nie als Gesamtgebilde ergeben, es auch nicht sollen. Weder scharfe thematische Kontraste noch durch führungsartiges Spiel mit Motiven und Themen tragen das Werk, wie es schon seit Haydn üblich war, seit Beethoven aber unabdingbar wurde. Begriffe wie Melodie, Har monie, Kontrapunkt, ja selbst Rhy thmus und Instrumentation haben ihren früheren, in Klassik und Ro mantik gültigen Sinn verloren, be finden sich eher im Stadium der Auflösung, sind verschwommen, vage, zerstückelt. „Doch wie ein zerbrochenes Glas die Lichtbre chung hundertmal vervielfältigt wiedergeben kann, so enthält auch diese gleichsam zerstückelte (und MODE•ART Königstraße 8, Dresden Öffnungszeiten: Mo-Fr 10-20 Uhr, Sa 10-16 Uhr doch bewundernswert einheitliche) Musik hundertmal mehr feinste Nuancen als je eine andere zuvor. ... Alles ist ein ununterbrochenes Wogen und Flimmern, ein Ziehen und Zurückfließen, ein Spiel der Lichter, ein Kräuseln und Aufbäu men und Beruhigen unter dem Ein fluß des Windes, ein Zerstäuben in Millionen Tropfen, ein Widerspie geln des weiten Himmels, dessen Farben und Wolken unaufhörlich wechseln" (Kurt Fahlen). Debussy hatte seine Partitur 1903 begonnen und schon programmati sche Satzüberschriften vorgesehen, diese jedoch später noch umgeän dert. 1905, im März, war die Komposition abgeschlossen. Am 15. Oktober des Jahres erfolgte in den „Concerts Lamoureux" unter der musikalischen Leitung von Ca mille Chevillard die Uraufführung. Möglicherweise wurde die Auf- Zur Musik Das erste Bild („Von der Morgendämmerung bis zum Mittag auf dem Meer“) mit einem geheimnisvollen Orgel punkt-Beginn, in den leise ein fanfarenartiges Motiv hineintönt, empfindet - mit flimmernden Streicher figuren - die Oberfläche des Meeres, die sich ständig ändert und doch immer gleicht. Bläsermotive entwickeln sich zu einem feierlichen Choral, der sich machtvoll emporstreckt, malen die Impression eines Sonnenaufgangs. Der Mittelsatz im Scherzo-Charakter („Spiel der Wellen“) spiegelt stimmungsvoll das Hin und Her, Auf und Ab der Meereswogen, ein unendliches Fluten von motivischen Gebilden, von Klangereignissen in changierenden Farben mit Harfenglissandi und Holzbläser-Fiorituren.