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Inhalt Sir Morosus, einst Admiral, jetzt allein mit einer viel zu laut agierenden Haushälterin lebend, verträgt nach einer furchtbaren Schiffsexplosion keinerlei Lärm, außer, den er selbst macht. Er läßt sich bereden, nach einer „schweigsamen“ Frau zu suchen und sie zu heiraten. Neffe Henry, offenbart sich während eines Überraschungs besuches als Sänger einer Operntruppe, die bei Morosus auftreten will. Der Onkel - bestürzt über den zu erwartenden Lärm - will ihn enterben, wirft ihn und dessen Frau Aminta hinaus. Aminta jedoch wird, um die Erbschaft zu retten, als Bewerberin Timida (die Scheue) vorgestellt und erringt Morosus’ Sympathie. Die Komödianten vollziehen eine scheinbare Trauung. Doch Timida entpuppt sich als singende, schreiende, lärmende, tobende „Gattin“ und bringt Morosus zur Verzweiflung, der die sofortige Scheidung verlangt. Wegen einer „Weigerung“ Timidas wird mit Henrys Hilfe eine würdige Gerichtsszene inszeniert, in der Morosus schließlich darüber aufgeklärt wird, daß alles nur Schein und Schwindel sei. Sir Morosus - erleichert - hat vom Heiraten genug. Henry wird wieder in seine Rechte eingesetzt, seinem Onkel versprechend, ihn vor Lärm zu schützen, und Morosus setzt sich gemütlich in seinen Lehnstuhl, die Stille genießend (Monolog „Wie schön ist doch die Musik“). Aufführungsdauer des Schlußgesang des Sir Morosus: co. 4 Minuten ein wirklicher Wagner-Epigone, so hatte er doch - vor allem über seine tondichterischen Orchester werke - mehr und mehr einen sehr persönlichen Stil gefunden. Mit „Salome" (1905) und mehr noch mit „Elektra" (1909) schien er geradezu eine Vorreiterrolle für die Moderne spielen zu wollen. Die Härte der Dissonanzen wurde so gar als „kakophoner Krach" be zeichnet. Aufgeregtheit herrschte bei den Zeitgenossen. Aber schon mit dem „Rosenkavalier" (1911) unternahm der Komponist keine harmonischen Vorstöße bis an den Rand der Atonalität mehr. Strauss entwickelte bereits hier einen leich teren, eher durchsichtigen, harmo nisch eher traditionellen Tonsatz, an Mozart geschult, oder besser, Mozart nachempfunden. Die Melo dien wurden gesanglicher, blühten arios auf, helle Klangfarben be gannen zu dominieren. Darüber hinaus entstand ein Konversati onston, den er aus der Sprachme lodie ableitete und der für seine zukünftigen Werke so wichtig wer den sollte. Gerade aber seine spä teren Werke zeichnen sich durch eine Rückkehr zu besonders blühender Melodik in gewohnt far benreicher Instrumentation aus. Und dazu gehört die Oper „Die schweigsame Frau" (1935). Es ist eine komische Oper, ohne jede Melancholie, frisch, geradezu ju gendlich-spitzbübisch, voller Esprit und dennoch elegant. Der Schlußgesang des Sir Morosus, der Monolog der letzten Szene, gehört zu den schönsten und intim sten Szenen, des an großartigen musikalischen Kostbarkeiten so reichen Komponisten. Alles Gries grämige, Misanthropische und Bärbeißige ist von Morosus abge fallen. Still-vergnügt lehnt er sich zurück, genießt die Stille, ist restlos zufrieden. Er erkennt trotz des Streiches, dem er zum Opfer gefal len ist, wie schön das Leben ist, wenn man es zu leben versteht.