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Sächsisch eSlaalszeüung Staatsan^eiger für den Freistaat Sachsen Erscheint Werktags nachmittag- mit dem Datum de- Erscheinung-tages. Bezugspreis: Monatlich 3 Mark. Einzelne Nummern 15 Pf. Fernsprecher: Geschäftsstelle Nr. 21895 — Schriftleitung Nr. 14574. Postscheckkonto Dresden Nr. 2486. — Stadtgirolonto Dresden Nr. 140. Ankündigungen: Die 32 mm breite Grundzeile oder deren Raum 30 Pf., die 66 mm breite Grundzeile oder deren Raum im amtlichen Teile 60 Pf., unter Ein gesandt 90 Pf. Ermäßigung auf GeschäftSanzeigen, Familiennachrichten u. Stellen- gesuche. — Schluß der Annahme vormittags 10 Uhr. Zeitweise Nebenblätter: Landtags-Beilage, Verkaufsliste von Holzpflanzen auf den Staatsforstrevieren. Verantwortlich für die Redaktion: I. B.: Oberregierungsrat HanS Block in Dresden. Nr. 284 Dresden, Dienstag, 8. Dezember 1925 Lie Wiederaufnahme der dentsch- sranzösische« Handelsvertrags- verhandlmtgeu. Berlin, 7. Dezember. Von unterrichteter Seite wird mitgeteilt, daß bis jetzt in Berlin bei den amtlichen Stellen noch nichts davon bekannt ist, ob im Laufe dieser Koche mit den Verhandlungen begonnen werden soll. Berlin ist, wie verlautet, zur Wiederauf nahme der Verhandlungen bereit. Frankreich kennt die Bereitschaft Deutschlands und an ihm liegt es, den Termin für den Beginn festzu- setzen. Die Meldung, nach der Staatssekretär Trendelenburg bereits am Dienstag inittag von dem französischen Handelsminister empfangen wer- den soll, eilt also den Tatsachen voraus. Imie ZeutrumSstimme zur Fürsten abfindung. Berlin, 7. Dezember. Von Tag zu Tag mehren sich die Stimmen in der Zentrumspresse, die darauf Hinweisen, daß in der Abfindungsfrage nicht das rein juristische Reckt, sondern die Gerechtigkeit entscheiden müsse. Co schreibt die „Kölnische Volkszeitung" in ihrer Abendausgabe vom Sonnabend, den 5. De zember, daß der demokratische Antrag, der eine den Zeiten, den Umständen und dem Gesetze entsprechende Aufwertung in der Abfindung an rege, zwar nicht jeder Seite der ganzen An gelegenheit gerecht werde, aber doch imnrerhin beachtlich sei. Auf der anderen Seite gehe es aber auch absolut nicht an, alles Krongut als Privateigentum zu reklamieren. Ander Erwerbung des Krongutes sei seit dem Tage, an dem die Hohenzollern über Nürnbergs Mauern hinausgreifen konnten, doch auch der Staat, das Volk beteiligt gewesen. Wenn auch immer bis zur Schaffung von Verfassungen in den deutschen Ländern der Fürst absolutistisch regiert habe — die volkswirtschaftlichen Werte habe nicht der Fürst, sondern das Volk geschaffen, und der Erwerb von sogenanntem Krongut habe sich doch manchmal unter Umständen voll zogen, die man als mildernde Umstände nur mit scharfem Mikroskop und vielleicht dann nicht einmal sehen könne. Man müsse die Gefahr im Auge behalten, daß Recht und Eigen tum an Stellen konstruiert werden könnten, wo sie keine Existenzberechtigung hätten. Die deutscheu Fürstenhäuser, die sich gewiß nicht über schlechte Behandlung durch die Republik beklagen könnten, müßten an der allgemeinen Verarmung und Verschuldung des Volkes leilnehmen. „Man soll ihren Besitz und ihre Einkünfte", so fährt das Blatt fort, „so festsetzen, daß sie leben und ihre Häuser, in denen doch ein Stück deutscher Geschichte sich mit forterbt, er halten können. Mehr nicht; auf keinen Fall. Zu furchtbar haben breite Schichten unseres Vol kes unter der Geldentwertung gelitten, und zu lange werden die Wirkungen der allgemeinen Ver armung andauern, als daß eine allzusehr auf ver altete Rechtsauffassungen aufgebaute Abfindung der Fürsten tatsächlich und seelisch zu tragen wäre. Die Angelegenheit sollte überdies nun recht bald erledigt werden; dies liegt im Interesse der Fürsten und der Ruhe des deutschen Volkes. Wenn sie lange hinausgeschoben werden sollten, würde sie zuletzt in einem Volks- entscheid ausgetragen werden müssen. Kein Zweifel kann darüber bestehen, daß der Spruch des beutschen Volkes die letzten Hoffnungen ein zelner Fürstenhäuser zerstören und die Angehörigen der Häuser in eine Lage bringen dürfte, für die sie sich bei ihren unbesonnenen Rechtsbeiständen nicht mit Blumensträußen bedanken werden." Novelle zum Gesetz über die Deutsche Reuteubank-Kreditaustalt. Berlin, 7. Dezember. Tie im Reichsgesetzblatt veröffentlichte Novelle zum Gesetz über die Deutsche Rentenbank-Kredit- anstatt sieht entsprechend den Wünschen der auS- Itndischen Geldgeber vor, daß für die einzel nen Schuldverschreibungsemissionen der Rentenbank-Kreditanstalt gesonderte Deckung-massen und gesonderte Sicher> heittrücklagen gebildet werden können und daß da- Vorzugsrecht der Inhaber der Ar WiMWat siir die Mr Mit«. Berlin, 7. Dezember. Amtlich wird mitgeteilt: Der Reichspräsi- dent empfing im Laufe des Montag die Führer der Fraktionen des Reichstags (mit Ausnahme derer der kommunistischen und der völkischen Fraktion) zu Einzelbesprechungen über die politische Lage und die Frage der Kabi nettsbildung. Für die sozialdemo- kratische Fraktion erschienen die Abgeord neten Hermann Müller und Dittmann, für die der Deutsch nationalen die Abgeordneten Graf Westarp und Thomsen, für das Zen trum die Abgeordneten vr. Marx und vr. Bell, für die Deutsche Volkspartei die Abgeordneten vr. Scholz und vr. CurtiuS, für die Demokraten die Abgeordneten vr. Koch und Erkelenz, für die Wirtschaftliche Vereinigung die Abgeordneten Drewitz und Mollath und für die Bayerische Volks partei der Abgeordnete Leicht. Der Reichspräsident gab den Fraktions vertretern gegenüber seiner Auffassung dahin Aus- druck, daß er angesichts der wirtschaftlichen Schwierigkeiten dieses Winters die Bildung der „Großen Koalition" für wünschenswert er achte, sofern sich hierfür ein gemeinsames Arbeitsprogramm erreichen ließe. Er nahm hierzu die Äußerung aller erschienenen Fraktions vertreter entgegen und bat die für die Grohe Koalition in Betracht kommenden Fraktionen, in der eigenen Partei wie im gegenseitigen Benehmen die Frage der Bildung dieser Koalition sowie 4er Arbeitsgrundlagen für dieselbe zu klären und ihm das Ergebnis alsbald mitzuteilen. Die Frak tionsvertreter werden bis spätestens Don nerstag dem Herrn Reichspräsidenten ihre Ent schließung bekanntgebcn. Die Stellung der KraMone«. Berlin, 7. Dezember. Damme rts Telegraphen-Bureau weiß über die Verhandlungen beim Reichspräsidenten fol gende Einzelheiten mitzuleilen: An die Vertreter der sozialdemokra tischen Partei, die der Reichspräsident zuerst empfiug, richtete er den Appell, sich aktiv an der Arbeit der Regierung mit zu beteiligen. Die Vertreter der Sozial demokraten entgegneten dem Reichspräsidenten, daß die Entscheidung der Fraktion Vor behalten bleiben müsse, die am Mittwoch nach mittag zusammentrete. Sie wollten aber auch jetzt schon nicht verhehlen, daß in der Frak tion gegen die Bildung einer Regierung der Großen Koalition nach den Erfahrungen, die man im Herbst 1923 und seitdem gemacht habe, sehr starke Bedenken be ständen. Bisher habe der Vorstand der Deutschen Volkspartei nichts verlauten lassen, ob er über haupt die Große Koalition wolle. Die Besprechung mit den deutschnationalen Vertretern war nur von kurzer Dauer und hatte ausschließlich informatorischen Charakter. Die beiden Zentrums Vertreter traten in eingehender Begründung für die Bildung der Großen Koalition ein. Der Reichspräsident drückte den Wunsch aus, daß die Zentrums fraktion ihre vermittelnde Tätigkeit fort- setzen möge, wozu sich die Unterhändler bereit erklärten. Ebenso wie die Sozialdemokraten gaben auch die deutschvolksparteilichen Vertreter noch keine bindenden Erklärungen ab. Sie er klärten allerdings ihre Bereitwilligkeit, im Sinne des Wunsches des Reichspräsidenten,, i n Verhandlungen für eine Regierungs bildung auf breitester Grundlage ein- zutreten. Endgültig wird sich die Deutsche Volkspartei erst nach der Sitzung ihrer Reichstagsfraktion entscheiden können, die auf Donnerstag vormittag 10 Uhr einberufen worden ist. Die Vertreter der demokratischen Fraktion teilten dem Reichspräsidenten mit, daß ihre Partei keinen anderen Weg zur Bildung einer dauernden Regierung sähe, als die Schaffung der Großen Koalition und daß sich die Partei mit klarer Energie für diese- Ziel einsetzen werde. Die Fraktionsführer derBayerischenVolks- partei und der Wirtschaftlichen Ver einigung sprachen sich gegen eine große Koalition aus und betonten, daß ihre Partei jede bürgerliche Regierung ohne Einschluß der Sozialdemokraten unterstützen würde. Der Reichspräsident bat die einzelnen Fraktions führer um Zustellung einer endgültigen schriftlichen Entscheidung über die Frage der Regierungs bildung bis Mittwoch abend. D>e Vertreter aller Parteien sagten einen solchen Bescheid zu. Nur von feiten der Zentrumsunterhändler wurde be tont, daß der in der Unterredung mit dem Reichs präsidenten betonte Standpunkt der endgültige der Partei sei und sich bis Mittwoch nicht ändern werde. Der sozialdemokratische Unterhändler, Reichstagsabgeordneter Hermann Müller, hat sofort nach seinem Empfang durch den Reichs präsidenten dem sozialdemokratischen Par tei vorstand Bericht erstattet. Der Partei ausschuß der Partei tritt morgen im Reichstag zusammen. Der Parteivorstand hat auf Grund der Unterhaltungen zwischen Müller und dem Zentrumsabgeordtteten Fehrenbach einProgramm für den Regierungseintritt der Partei ansgearbeitet, das voraussichtlich Gegenstand sehr lebhafter Diskussion auch außerhalb der sozialdomo- kratischcn Partei werden wird. Die sozialdemo kratische Reichstagsfraktion tritt am Mitt woch zu einer entscheidenden Sitzung zusammen. * Ter Kanzler beim Reichspräsidenten. Berlin, 7. Dezember. Reichspräsident von Hindenburg empfing heute abend Reichskanzler vr. Luther zu einer Be sprechung über das Ergebnis der Verhandlungen mit den Fraktionssührern. In parlamentarischen Kreisen ist man der Ansicht, daß der Reichspräsi dent noch heute im Anschluß an diese Unter redung vr. Luther mit der Bildung eines neuen Kabinett» beauftragen wird, ohne da bei irgendeine Bindung für die Zusammensetzung der Regierung auszusprechen, vr. Luther wird dann schon im Verlauf des morgigen Tages seiner- seit- mit den Parteiführern Fühlung nehmen können. * Eine sozialdemokratische Autzerung. Berlin, 7. Dezember. Der S. P. D.-Dienst schreibt: Aus der amtlichen Mitteilung ergibt sich, daß frühestens am Donnerstag abend mit der Er teilung eines Auftrages zur Neubildung der Re gierung durch den Reichspräsidenten zu rechnen ist. Die Fraktionen dürften bis dahin auf Grund der für Mittwoch zu erwartenden interfrak tionellen Besprechungen ihre Entscheidungen fällen. Es ist jedoch noch fraglich, ob sie bereits zu einer endgültigen Entscheidung bis Donners tag abend in der Lage sein werden. Die sozial demokratische Fraktion wird am Mittwoch sofort nach der Plenarsitzung gemeinsam mit dem Parteiausschuß zu der politischen Lage Stel lung nehmen und dann dem Reichspräsidenten die gewünschte schriftliche Mitteilung über ihre Auffassung in der bis dahin möglichen Form zu kommen lassen. Eine selbständige Entscheidung des Parteiausschusses, der am Dienstag im Reichs tag tagt, war nie beabsichtigt und ist auch nicht zu erwarten. Ein Fortschritt in bezug auf die Lösung der Krise ist vorläufig darin zu erblicken, daß die Deutsche Volks Partei sich bereit erklärt hat, über die Bildung der Großen Koalition jetzt wenigstens in Verhandlungen einzutreten. Sie zu führen, dürfte zunächst in erster Linie Sache der Zentrums und der Demokraten sein. Die Sozialdemokratie als größte Fraktion des Reichstags lehnt Verhandlungen natürlich nicht ab, aber eS scheint nach allen Erfahrungen doch mehr aiS zweifelhaft, ob die Volk-Partei in der Lage ist, die zu einer Beteiligung der Sozialdemokratie an der Regie rung erforderlichen sachlichen und Persön- lichen Garantien in einem Maße zu gewähr leisten, da- innerhalb der Sozialdemokratie be friedigt. Schuldverschreibungen an der Deckungsmasse dahin ausgedehnt wird, daß auch die seit der Er- öffnung des Konkurses landenden Zinsforde- rungen der Schuldverschreibungsinhaber an dem Vorzugsrecht teilnehmen. Gleichzeitig ist zur Sicherung einer kontinuierlichen Deckung die Vorschrift getroffen, das,, wo infolge einer Rückzahlung vonHypotheken oder aus an deren Gründen die vorgesehene Hypothekendeckung nicht vollständig vorhanden ist, eine einstweilige Ersatzdeckung durch Geld vorzunehmen ist. Die Lohnverhandlnngen der Eiscu- bahuer. Berlin, 7. Dezember. Die Verhandlungen zwischen den vertrag schließenden Organisationen der Eisen bahnarbeiter und der Rei chsbahnge sell- schäft, die heute begannen, führten noch zu keinem Ergebnis; sie hatten im wesentlichen informatorischen Charakter. Die Vertreter der Organisationen forderten eine den gestiegenen Lebenshaltungskosten entsprechende allgemeine Lohnerhöhung. Die Unterhändler der Reichs bahngesellschaft wiesen auf die Wirkungen einer Lohnerhöhung auf die Eisenbahntarife hin und trugen Klagen über die schwere Wirtschaftslage der Reichsbahngesell schaft vor. Im Laufe der Woche wird der Hauptverwaltungsrat die Forderungen der Eisenbahnerorganisationen beraten, und Ende der Woche, wahrscheinlich am Freitag, werden die Ver handlungen fortgesetzt. Ein politischer Mordprozeß. Berlin, 7. Dezember. Am 11. Januar findet vor dem Schwur gericht in Moabit die Haupt Verhandlung gegen den wegen politischen Mordes und Raubmordes verhafteten Angehörigen der Deutschvölkischen Freiheitspartei Robert Grütte-Lehder statt. Am 16. November 1923 hat Grütte-Lehder denangeblichen Oberleutnant Müller, alias Heinz Dammers, im Tegeler Forst erschossen und ausgeraubt. Dammers war monatelang der Führer einer aktivistischen Gruppe der Deutsch völkischen Freiheitspartei, deren Ziel die Ermor dung des Ministers Severing war. Der Ermordete, der ebenso wie sein Mörder kriminell als Hochstapler zu bezeichnen ist und bereits mehr fach wegen Betruges zu Gefängnis verurteilt worden war, hatte das zur Finanzierung des Mordes an Severing gespendete Geld in schlechter Gesellschaft verbraucht und sich, als ihm der Boden in Berlin zu heiß wurde, als angeblicher Beauftragter der Deutschvölkischen Freiheitspartei nach Pommern begeben. Hier machte er sich durch Neugründungen von deutschvölkischen Orts gruppen verdächtig. Auf Anweisung des Parteiführers Wulle wurde dann der 18jährige Grütte-Lehder mit zwei Ausweisen seiner Partei „auf die Spur des Ver räters" gesetzt, den er dann im Tegeler Forst erschoß. Als die Tat begangen war, flüchtete er nach Ungarn, wo er kürzlich aufge griffen und ausgeliefert wurde. Schießerei nach einer Denkmalsweihe. Berlin, 7. Dezember. In Spreenhagen bei Storkow in der Mark kam eS nach einer Denkmalseinweihung zu einer schweren Schießerei, in deren Verlauf drei Personen verletzt wurden. Ein Bäcker meister wurde so unglücklich getroffen, daß er seinen Verletzungen erlegen ist. Die Verwun- düngen von zwei anderen Getroffenen sind leichter« Art. Der Grund zur Schießerei sind politische Meinungsverschiedenheiten. Ei» Barschlag z»r Forderung des Düngerbezag». Berlin, 7. Dezember. Der Reichsbund des Deutschen Handels mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen und Bedarf», stoffen e. V. hat an die in Bettacht kommenden RecchSministerien und Preußischen Ministerien folgende Eingabe gerichtet: Die unzweifelhafte Notlage der Landwirtschaft hat zu dem von einem großen Teil der Land- wirte und der Gesamtheit der Müller und Ge- - d